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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Helene Luise Köppel
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Capitouls versammelt sind, ruft mich hinzu. Die Geistlichkeit führt aber erst dann herein, wenn ich Euch ein Zeichen gebe. Zu diesem Zeitpunkt wird auch der Herr von Miraval zu uns stoßen. Gewährt ihm Eintritt.“
    Meister Balthus, geschätzt für seine Treue und Verlässlichkeit aber auch dafür, keine unnützen Worte zu verlieren, eilte davon.
    „Hab ich es nicht gesagt? Die Rache der Franzosen!“, stieß der Graf hervor. „Doch deine Anwesenheit, Audiartz , wird mir den Rücken stärken!“
    Miraval nickte beklommen. Mehr noch als der Überfall des Bischofs bereitete ihm die Gesundheit seines Freundes Sorge.

    Bischof Fulco, in weißem Rock und grüner, goldbestickter Capa, eröffnete nach einem frostigen Gruß umgehend den Reigen seiner Bosheiten. Er müsse einige unaufschiebbare Priesterweihen in Toulouse durchführen, sagte er, dies sei jedoch in Gegenwart des zum wiederholten Male exkommunizierten Grafen dieser Stadt nicht möglich. Die Quasten rechts und links an seinem breitkrempigen Hut schaukelten kühn, als er mit Leidenschaft rief: „Und damit ich das mir verliehene Amt ungestört ausüben kann, fordere ich Euch, Graf Raymond, im Namen Gottes auf, Toulouse für einige Zeit zu verlassen!“
    Miraval dachte zuerst, er hätte sich verhört. Auch Raymond und die Konsuln schienen nicht sofort begriffen zu haben, welche Unverschämtheit Fulcos Forderung beinhaltete. Alle starrten ihn mehr oder weniger verständnislos an. Einzig Roç machte eine Ausnahme: Er verzog seinen Mund zu einem verächtlichen Grinsen. In seinem blau-grün gestreiften Wams – wohl der Eile geschuldet, ohne Spangenschmuck und Tand -, sah er, wie Miraval feststellte, kühn, mannhaft und furchtlos aus.
    Mit einem Mal war das Schweigen vorbei, und es kam ein Brausen und ein Raunen im Saal auf, einer dräuenden Welle gleich oder einem herannahenden Heuschreckenschwarm.
    Gebannt beobachtete Miraval das Geschehen: Wie Raymonds Augen von einem Konsul zum anderen wanderten. Wie sie auf dem glänzenden Gesicht Emmanuel Belcaires hängenblieben - und wie der korpulente, kahlköpfige Konsul unauffällig nickte.
    Wie zur Bestätigung des Einverständnisses – vermutlich war dies vorher so abgesprochen -, senkte der Graf ebenfalls kurz das Haupt. Dann beugte er sich zu seinem Sohn hinüber, um sich mit ihm abzustimmen.
    Miraval war erleichtert. Offenbar gab es vorerst keinen internen Streit mit den Capitouls, und Raymond ging es nach der kleinen Dosis Theriak, die er auf sein Anraten hin genommen hatte, gesundheitlich besser.
    Als Ruhe eingekehrt war, richteten sich alle Augen auf den Grafen der Stadt, der nun seinem Vogt ein Zeichen gab.
    Elzéar d`Aubey, in dunkler Robe, läutete die Glocke, trat vor die Versammlung und rief: „Es antwortet Raymond von Toulouse, Herzog von Narbonne, Markgraf von Provençe, Graf von Melgueil ...“
    Die schwere Gliederkette mit dem Kreuz von Toulouse klirrte leise, als Raymond sich erhob. Mit fester Stimme erklärte er, dass er nicht gewillt sei, dem törichten und mit nichts zu rechtfertigenden Ansinnen des Bischofs Folge zu leisten. Dann nahm er wieder Platz.
    Ein erneutes Raunen, dieses Mal unüberhörbar seitens der Prälaten.
    Bischof Fulco – sichtlich erzürnt, aber offenbar auf Raymonds Verweigerung vorbereitet – entrollte nun ein mehrfach gesiegeltes Schreiben, das ihm, wie er erklärte, die Führer der Kreuzfahrer mit auf den Weg gegeben hätten. Er las es mit lauter Stimme vor ...
    Am Schluss herrschte bleierne Stille im Rittersaal mit den bunten Wappenschildern an den Wänden. Fulco trat zur Brüstung hin, hinter der die Schreiber saßen, aber auch Meister Balthus, und übergab ihm das Schreiben, damit es bei den Urkunden verwahrt werden konnte.
    Daraufhin erhob sich Graf Raymond ein zweites Mal aus seinem geschnitzten Ehrenstuhl. Er wies mit der Hand auf Fulco und sagte mit gefährlich leiser Stimme und auf Latein - während ringsum alles den Atem anhielt:
    „Audacter calumniãre, semper alãquid haeret! Nur keck verleumden, es bleibt immer etwas hängen! Ihr, Bischof Fulco, und die Führer der Kreuzfahrer - der Graf von Montfort und der Abt von Citeaux -, seid wahrlich Meister im Verdrehen der Tatsachen. Ich hingegen“, nun verließ er die Estrade und baute sich vor Fulco auf, „ich liebe deutliche und klare Worte! Escoutatz! Hört also! Hiermit verweise ich Euch , Fulco, Bischof von Toulouse, mit sofortiger Wirkung aus meiner Stadt! Im Falle Eurer Weigerung soll es Euch den Kopf kosten.
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