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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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„frei, euch eure Güter zurückzuerobern.“
    Damians banges Herz machte einen Freudensprung. Für diesen Grafen würde er sein Blut, ja, alles geben! Die Aussicht Ritter werden zu können, ohne den Kuss zu erhalten – vielleicht gab es ihn ja doch! - würde Olivier begeistern. Obendrein stünden sie fortan unter dem Schutz der Grafen von Toulouse, die nach wie vor die größte Macht im Land besaßen und die vielleicht – Damians Hoffnung trug mit einem Mal neue Keime - die Freilassung ihrer Familienangehörigen veranlassten. Er beugte sein Knie. „Unter diesen Bedingungen, Sénher, wäre es mir und meinem Freund Olivier eine große Ehre, Euch zu dienen“, sagte er zu seinem neuen Herrn - tief dabei errötend.

6.

    Die Augen auf den Marmorboden gerichtet, strich Sancha unruhig durch den „Saal der verlorenen Schritte“, dessen schlanke Doppelsäulen und Stuckbögen an kostbare Spitzenschleier erinnerten. Doch sie nahm an diesem Morgen nichts um sich herum wahr. Etwas Unvorstellbares war eingetreten: Der hiesige Adel, die Prälaten und Würdenträger hatten sich bereits zur jährlichen Pilar-Prozession im Ehrenhof aufgestellt - nur die Sänfte der Königin schaukelte noch immer leer im Wind!
    Zibelda und Gala, beide im Festgewand und die Arme voller Blumen, traten auf Sancha zu. Fragende, ja erschrockene Gesichter.
    „Beruhigt euch“, sagte Sancha, „meine Schwester ist schon hinaufgegangen, um nachzusehen wo die Schwägerin bleibt.“
    „Ich spüre, etwas Schlimmes ist geschehen. Etwas Böses!", flüsterte Zibelda, die seit langem die Gemächer der Königin mied wie der Teufel das Weihwasser.
    „Du übertreibst, Zibelda. Was soll denn Böses vorgefallen sein!“ Sancha schnaubte, doch insgeheim hegte sie selbst einen schlimmen Verdacht. Denn es hatte Streit gegeben, gestern Abend ...

    „Euer Bruder hat mir mein Kind gestohlen!“, hatte ihnen Marie entgegengeschleudert, als Sancha und Leonora mit ihr über den Ablauf der Prozession hatten sprechen wollen. In der schwarzen Seide, die Marie trug, hatte sie leidend und zugleich bildschön ausgesehen, was sie sehr wohl wusste. „Sein eigen Fleisch und Blut hat Pedro verraten“, fuhr sie fort, „wenn gleich - conditio sine qua non – nicht ohne Bedingungen . Aber das kann mir kein Trost sein. Und nun ist er, ohne sich von mir zu verabschieden, in den Krieg gegen die Almohaden gezogen. Der König von Aragón trägt nicht nur eine Rüstung - er hat ein Herz aus Eisen!“
    Leonora nahm die Schluchzende wortlos in den Arm und weinte mit ihr.
    „Und welches Gewand wollt Ihr morgen tragen, liebste Marie?“, versuchte sie nach einer Weile die Königin auf andere Gedanken zu bringen.
    Marie befreite sich aus der Umarmung. Sie schöpfte Luft. Ihr Atem zitterte. Dann führte sie ihre Schwägerinnen ans breite Bettgemach, zog die Vorhänge auf und präsentierte ihnen ihr Festgewand und die schwarze Mantille. Noch während Sancha und Leonora ausgiebig die schwere dunkelrote Seide bewunderten, trugen Pagen Wein und Gebäck auf.
    Sancha erinnerte sich, dass Marie schon immer jenen nachtschwarzen schweren Wein aus Porto bevorzugte, ungeachtet dessen, dass er den Zähnen und ihrem Gemüt schadete. Die Königin trank ihn auch an diesem Abend als einzige unverdünnt und obendrein zu schnell, sie redetet und redete, jammerte und klagte, und schlang überdies - wie Raymonds Storch, wenn er gefüttert wurde – ein Pastetenstück nach dem anderen hinunter. Als sie irgendwann gemeinsam ans Fenster traten, um die bleiche Sichel des Mondes zu bewundern, schwankte Marie beim Aufstehen, so dass Leonora ihr den Arm reichte. Es war noch immer warm draußen, obwohl es auf Oktober zuging. Die Königin erzählte von früher. Wie beiläufig begann Sancha sie nach ihrer Kindheit auszufragen, wobei auch der Name Alix fiel.
    „Die Buhlin!“, lachte Marie höhnisch auf - worauf Leonora sie sanft daran erinnerte, dass es sich doch um ihre Schwester handelte.
    „Stiefschwester“, betonte die Königin giftig. „Stiefschwester! Ich war die rechtmäßige Erbin von Montpellier, ich. Aber Pedro hat mir die Stadt und jetzt auch noch meinen Sohn gestohlen!“
    Sancha stocherte noch intensiver im Nebel herum: „Stimmt es, dass diese Alix einen Sohn hat, dessen Vater ein hoher ... Prälat war?“
    „Nur keine falsche Scham, Sancha“, zischte Marie, als sie wieder am Tisch Platz nahmen. Sie klatschte in die Hände und ließ einen weiteren Krug mit Wein kommen. „Es ist allgemein

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