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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Ärzte ihr eine Medizin einzuflößen versuchten, spie sie sie absichtlich auf Leonoras Gewand.
    Im allergrößten Getümmel schlug der Klopfring an. Don Jorge, der erste Hofmeister erschien, gekleidet in teures flämisches Tuch, die schwere goldene Amtskette um den Hals. Er nahm das Samtbarett mit den Reiherfedern ab und wollte wissen, ob die Prozession nun stattfand oder nicht. Hinter ihm drängte eine große Anzahl an Würdenträgern und Prälaten herein.
    Als Marie Jorges Stimme vernahm, setzte sich auf, winkte ihn zu sich ans Bett und berichtete ihm, ganz außer sich, von der üblen Ränke, der Verschwörung, die ihre Schwägerin Sancha gegen sie angezettelt hätte. Sie, die Königin von Aragón, sei gestern Abend vergiftet worden.
    Der Hofmeister war so entsetzt wie alle anderen.
    „Aber das stimmt nicht, Don Jorge“, rief Leonora laut. „Befragt die Ärzte!“
    Eilfertig bestätigten diese Leonoras Meinung. „Dem Augenschein nach“, sagte der ältere der beiden, und er geleitete Jorge sogar zum stinkenden Becken hinüber, „dem Augenschein nach befindet sich keine fremde Ingredienz darunter; das Erbrochene riecht auch nicht nach giftigen Substanzen.“
    „Ingredienzen, Substanzen! Seht Eure Königin an!“, schrie Marie. „Mein Kopf mag mir gleich zerspringen!“
    Abends geschwelgt, morgens gekelcht!, kam es Sancha in den Sinn. Nur, wer würde es wagen, diesen Verdacht auszusprechen? So ernst die Sache war, sie musste an sich halten, um nicht zu lachen.
    Als aber der Hofkaplan vortrat und der Königin feierlich seine Hand sowie ein kleines Pergament auf den Kopf legte, das die Namen der biblischen magi trug – die sich, wie er sagte, besonders hilfreich gegen Gifte aller Art erwiesen hätten -, konnte Sancha nicht länger an sich halten: Etwas in ihr begann zu kichern. Erst leise, dann immer lauter. Über sich selbst erschrocken, presste sie rasch die Hand vor ihren Mund. Aber es war, als ob ein unheiliger Magier sie ergriffen hätte: Das Lachen wurde lauter, je stärker sie es zu unterdrücken versuchte und je vorwurfsvoller sie alle anstarrten. Zuletzt keuchte Sancha und prustete, bis ihr die Tränen über die Wangen liefen. Sie beruhigte sich erst wieder, als Don Jorge sie anknurrte und Leonora sie mit Gewalt ans Fenster zog, damit sie sich an der frischen Luft erholte.
    Jorge und der Hofkaplan traten neben sie.
    „Schämt Ihr Euch nicht für Euer unchristliches Verhalten unserer kranken Königin gegenüber, Doña Sancha?“, zischte der Kaplan. „Was habt Ihr zu Eurer Verteidigung vorzubringen?“
    Sancha musste nicht lange überlegen. Dieser Mann war seit Jahren ihr Feind. Er sah in Marie eine Heilige, schürte ständig gegen Hagelstein, ja, vermutlich sogar gegen Pedro.
    „Zu meiner Verteidigung, Hochwürden? Nichts, denn ich habe ja nur über eine Posse gelacht. Eine Posse! Ah, Ihr versteht nicht, was ich meine? Nun, lasst es mich Euch erklären: Ihr kennt bestimmt das Spruchwort: Flüstert man dem Esel ins Ohr, er sei von einem Skorpion gestochen worden, fällt er augenblicklich mit Getöse um . So verhält es sich doch für gewöhnlich, nicht wahr?“
    Dem Hofkaplan verschlug es die Sprache. Er fasste sich ans Herz.
    Doch nun hatte offenbar Don Jorge allergrößte Mühe, sich das Lachen zu verbeißen. Sein Gesicht nahm die Farbe des Baretts an, das er in der Hand drehte, und sein Brustkorb wackelte verdächtig. „Wir sagen die Prozession ab“, stieß er mit letzter Kraft hervor.
    Sancha nickte ihm freundlich zu und verließ dann, stolz wie die Königin von Saba, die Kemenate. Das letzte, was sie hörte, war Leonoras Stimme, wie sie „Bei allen Heiligen!“, stammelte.

    Am Fuß der Treppe kauerten mit blassen, fragenden Gesichtern Zibelda, Petronilla und Gala. Die Blumen lagen achtlos am Boden.
    „Die Königin ist krank“, erklärte ihnen Sancha, „nichts Schlimmes. Doch Jorge hat die Prozession dennoch abgesagt. Schickt alle nach Hause. Und dann packt meine Sachen. Nur das Nötigste. Einfachste Reisekleidung“, befahl sie mit ernstem Gesicht; das Lachen war endgültig vorüber.
    „Aber wohin willst du denn reiten, mein Lämmchen?“, Zibelda war ganz verwirrt.
    „Zurück nach Toulouse. Petronilla und Gala, ihr beide kommt mit mir. Dazu sechs Bewaffnete als Begleitung, das muss reichen. Und ... ja, der Narr. Sagt ihm Bescheid. Wir reiten aus der Stadt, noch bevor die Sonne im Zenit steht.“
    Sie eilte in ihr Gemach zurück, trat ans Pult, um den Geschwistern eine Nachricht zu

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