Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
Rappen seines Großvaters, der an diesem Zeug „verreckt“ sei, wie er sich mit seiner oft deftigen Sprache ausdrückte.
Der Aufstieg war selbst für die Maultiere und Packpferde beschwerlich, denn es handelte sich um einen steilen Pfad, umgeben von schroffem Fels. Bald saßen sie ab und stiegen zu Fuß weiter. Nun peitschten ihnen Hagrosen-Ruten ins Gesicht und mit jeder Kehre wurde der Weg anstrengender. Erschwerend kam hinzu, dass das Geröll rutschig war, so dass die Tiere kaum Halt fanden. Aber es roch immerhin nach Frühling und irgendwo hämmerte ein ein früher Specht.
Auf halbem Weg sahen sich die Knechte gezwungen, die Sänfte einzulegen, worauf auch Rosaire tapfer zu Fuß weiterging, gestützt von Gala und einem der Soldaten.
Oben angekommen, keuchten alle vor Anstrengung. Auf drei Seiten von dunklen Tannen geschützt, lag vor ihnen das kleine, wehrhafte Karree einer einsamen Burg: Ein Mittelhaus, flankiert von vier quadratischen Türmen und umgeben von einem Ringwall aus Steinen.
Obwohl man sie angekündigt hatte, dauerte es, bis die Zugbrücke herabgelassen wurde. Und als es so weit war, ratterten und quietschten die Ketten, als hätte sich die Burg seit Jahrhunderten im Tiefschlaf befunden.
Die Kastellanin hingegen war quicklebendig und sehr freundlich. Sie sei Witwe, erzählte sie ihnen, und fühle sich geehrt, dem Grafen von Toulouse, der mit ihrem verstorbenen Gemahl befreundet gewesen sei, zu dienen. Sie stellte Sancha ihre eigene Kemenate zur Verfügung und zog in den Westturm, in das Gemach ihres Sohnes, der vor zwölf Jahren ins Heilige Land gezogen war und seitdem als vermisst galt. Petronilla, Rosaire und Gala bezogen eine größere Kammer direkt neben Sancha, die Soldaten und Knechte wurden im Gesindeteil einquartiert. Hagelstein und die Knappen kletterten von außen auf einer Leiter in das geräumige Fluchtgemach des Ostturms. Dort richteten sie sich ihre Schlafplätze ein.
Als alles in den Truhen verstaut war und es auf den Abend zuging, zog Sancha den schweren ledernen Vorhang ein Stück zur Seite, trat ans Fenster und schöpfte tief Luft. Es roch nach Wald und Regen und es war wieder Nebel aufgezogen. Weit beugte sie sich zum Fenster hinaus und entdeckte dabei ein verschwiegenes Burggärtlein, aus dem schon das frische Grün des Frühlings spitzte.
Sancha, eigentlich müde und erschöpft, wusste nicht wie ihr geschah, als sie sich mit einem Mal frei und ledig fühlte. Ja, sie genoss es plötzlich, für eine Weile für sich allein zu sein.
„He, he, was hast du vor?“ Olivier stürzte zur Luke, weil Damian die Leiter einzog, nachdem Hagelstein hinabgeklettert war. Der Narr hatte ihnen soeben erklärt, er wolle im Tal nach einem Pilgerpfad Ausschau halten, der geradewegs ins Kloster Gellone führte.
Damian arretierte die Leiter. „Ich muss ungestört mit dir reden, Olivier!“ Er ließ sich im Schneidersitz auf dem Stroh nieder, an einer Stelle wo die Sonne in die Kammer schien und sein Gesicht wärmte.
Olivier setzte sich zu ihm. „Was ist los?“
„Mir missfällt, dass Hagelstein nun ebenfalls Bescheid weiß, und dass er mit uns kommen soll, nach Gellone.“
Olivier kratzte sich am Kopf. „Ehrlich gesagt, ich kann den Kerl auch nicht leiden. Ein eingebildeter Pfau, weiß alles besser. Ständig geht sein Klappermaul auf und zu - wie der Arsch einer Wasserstelze.“
„Wie der Arsch einer was ...?“ Damian kicherte. „Aber er ist der ergebene Diener der Herrin. Sie vertraut ihm blind.“
„Und wenn er ein heimlicher Spion Montforts oder gar der Tempelritter ist? Wenn er es war, der Kobold-Pons ins Toulouser-Schloss eingeschleust hat?"
"Du, daran hab ich auch schon gedacht! Der Präzeptor von Brucafel wäre allerdings nie das Risiko eingegangen, Pons nach Toulouse zu schicken. Er weiß doch, dass wir dort in Diensten stehen. Aber vielleicht galt der Anschlag gar nicht dem Grafen."
"Sondern?"
"Nun, erinnere dich: Pons Aufgabe in Brucafel war es, uns Angst einzujagen. Wir sollten die Templer zur eisernen Kassette führen. Vielleicht haben sie es ein zweites Mal versucht, in der Hoffnung, wir führten sie zum Tor?"
Olivier blies die Backen auf. "Du meinst, Pons hatte den Auftrag, erneut vor unserer Nase herumzutanzen oder als haariger Dämon verkleidet, nachts in unsere Kammer zu kommen? Klingt irgendwie lächerlich. Woher wussten die Templer überhaupt von der Kiste deiner Mutter?“
Damian zuckte die Achseln. "Ich fürchte, sie haben sich die alte Gesine
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