Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
bereits - öffnete sich sacht die Tür. „Doña Sancha!“, rief Gala verhalten in das stille Gemach hinein.
Miraval fuhr hoch, sprang aus dem Bett.
Doch es war zu spät. Mit einem Schlag roch es in der Kemenate nach Krieg und Blut.
Raymond von Toulouse stand im Raum, die Lederkappe in der Hand, das weiße Haar wirr, schmutzverkrustet Wams und Gesicht.
Wortlos maßen sich die Freunde. Raymonds Kiefer mahlte.
Da fiel Miraval nieder und bat um gnädiges Gehör. Es sei seine Schuld, sagte er.
„Gnädiges Gehör soll ich einem schenken, der faul im Bett liegt, während meine letzten Getreuen für mich mit einem A lor! auf den Lippen in der Garonne ersaufen?“
„Raymond, Ihr wisst, ich bin ein Mann des Wort`s, nicht der Tat. Und was das Bett betrifft, so trügt der Schein. Lasst mich erklären ...“
„Schweig besser“, donnerte Raymond, „bevor du mich anlügst, schweig! Ich hab genug gesehen.“
Völlig verwirrt saß Sancha auf ihrem Bett. Das seidene Unterkleid war verrutscht und ließ die halbe Brust sehen. „Und Roç?“, fragte sie, neues Unglück erwartend, "Roç?"
„Bedeckt Eure Blöße, Weib!“, herrschte Raymond sie an. „Er ist wohlauf. Wir wurden beide von den Fliehenden mitgerissen. Aber er ist draußen bei den Soldaten geblieben, wo sein Platz ist, während Ihr schamlos ...“
„Aber Sénher“, unterbrach ihn Sancha mit verzweifelter Stimme. „Wir haben nichts Unrechtes getan! Es geschah, nachdem ich erfuhr, dass mein Bruder ... Sagt Ihr es mir, mit Euren eigenen Worten, ist es wahr, dass Pedro tot ist?“
Doch die Hoffnung ließ nicht mit sich handeln: Raymond nickte. „Euer Bruder ist ehrenhaft im Kampf gefallen, Sancha. Tausende liegen mit ihm auf dem Feld und am Ufer der Garonne.“ Er fuhr sich mit der Hand über die Augen und seine Stimme brach, als er fortfuhr: „Es gibt Zeugen, die ihn im Blut liegend gesehen haben ... Aber auch in der Stadt, in meiner Stadt, steht kein Haus, das nicht mehrere Tote zu beklagen hätte.“ Nun schwankte er, drohte vor ihren Augen zusammenzubrechen.
Miraval sprang hinzu, ihn zu stützen.
„ Hélas , die ganze Welt hat an Wert verloren“, brach es aus dem Grafen heraus und er hämmerte sich verzweifelt mit der Faust auf die Brust. „Die Paratge ist zerstört, ins Exil geschickt die Christenheit, entehrt und erniedrigt Toulouse!“ Bittere Tränen rannen dem alten Mann über die Wangen. Dann jedoch befreite er sich von Miraval. Er trat an Sanchas Bett, fasste versöhnlich nach ihren Armen. „Ich kann Euch nur eines versprechen, Sancha“, sagte er, „dass ich das Ansehen Eures tapferen Bruders für immer und ewig preisen und bewahren werde!“
Sancha küsste weinend seine Hand.
Auf dem Weg hinüber zum Fenster trocknete sich Raymond mit einem Mundtuch die Tränen. Dann winkte er Miraval zu sich. „Und du“, sagte er, „du nimmst morgen früh dein Pferd, deine Diener und deine ganze Habe und reitest aus meiner Stadt - für immer.“ Dann jedoch trat er einen Schritt auf ihn zu und nahm den Freund in seine Arme. „Der Herr möge dich behüten, Audiartz , und bei dir sein bis an dein Lebensende.“
Nach diesen Worten verließ der Graf von Toulouse die Kemenate.
Sancha konnte nicht glauben, was sie gerade gehört hatte. Sie sah auf Gala, die verwirrt und eingeschüchtert neben der Tür stand, und dann auf Miraval, dessen Gesicht wie versteinert war. Wollte denn keiner Raymond hinterherlaufen, ihn über den Irrtum aufklären? Es war doch kein Liebestaumel gewesen, der Miraval und sie vereint hatte – nur ungestümer Schmerz!
Der Troubadour fasste sich als erster. Er schickte Gala hinaus. Dann trat er an Sanchas Bett, richtete sich stolz auf und strich sich entschlossen das Haar hinter die Ohren.
„Nein!“, stieß Sancha hervor, die Augen angstvoll aufgerissen. „Sag nichts! Nein! Raymond hat nicht das Recht, dich fortzuschicken. Das darf er nicht. Du bist meine Liebe, mein Leben. Nur du verstehst mein Herz. Wenn ich dich auch noch verliere, dann bedeutet das ... mein Ende.“
„Du bist stark, Sancha“, antwortete Miraval, „stärker als wir alle. Kämpf nicht gegen den Schmerz an. Er wird nachlassen, denn die Zeit kennt kein Ufer.“
„Aber warum nur? Warum musst du gehen? Wir haben doch nichts Unrechtes getan.“ Sancha stöhnte vor Qual, sie umklammerte mit den Armen ihren mageren Leib, wiegte sich vor und zurück.
Miraval kniete sich aufs Bett, strich ihr über den Kopf. „Nichts Unrechtes? In unseren Augen nicht.
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