Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
wächst auch ohne unser Zutun.“
Ein zufriedenes Lächeln huschte über Damians Gesicht. Offenbar lief alles nach Plan. Hoffentlich auch in Collioure bei der Gräfin. Inzwischen musste sie seine Nachricht erhalten haben. Beflissen half er einem der Knechte ein schweres Bündel zu schultern und drückte dem nächsten den Würfeltisch in die Hand, damit er ihn auf den Karren lud. Dann zog er eigenhändig mit einem langen Haken die im Gebälk hängenden Gewänder herunter und hieß zwei Pagen, sie in die bereits offenstehenden Weidenkörbe zu legen.
„Und Montfort?“, hörte er den alten Foix fragen.
„ ... legte zur Strafe Feuer im jüdischen Viertel“, zischte Roç. „Leider griff es auf die Altstadt über und zerstörte dort weite Teile. Es heißt auch, er soll ein Blutbad sondergleichen nicht nur unter den Juden angerichtet haben.“
"Die Rache für Beaucaire!“, versetzte der junge Foix.
Sein Vater knurrte. „Ich schwöre, ich drehe dem Löwen eigenhändig die Gurgel um, wenn ich ihn zu fassen bekomme.“
Als die Kunde von der Rückeroberung Beaucaires Collioure erreichte, waren auch hier die Erleichterung und die Freude groß.
Leonora ließ den Fischern und ihren Familien Geld, Wein und Öl zukommen und befahl dem Gesinde des Schlosses, ein Festmahl vorzubereiten, das am Abend des Gedenktages der Heiligen Helena im Ehrenhof stattfinden sollte, so das Wetter mitspielte. Sie bestand darauf, auch Lizerant und seine Ritter einzuladen, denn das erfordere die Gastfreundschaft. „Die Templer leben ja gewissermaßen unter meinem Dach!“, sagte sie. „Pedro hätte es nicht anders entschieden.“
Den Dankgottesdienst beschloss man indes unter sich abzuhalten - und zwar oben in der Eremitage, wohin für gewöhnlich auch die Bittprozessionen der Einheimischen führten.
Sie ritten entlang des wilden Douy, der aufgrund der Hitze kaum mehr Wasser führte. Der Himmel war wie schon die Tage zuvor von einem satten Blau und die Sonne brannte. Sancha, die hier in Collioure keinen Schleier trug – weshalb, wusste sie selbst nicht - hatte sich am Morgen für das zimtfarbene Surcot aus kräftiger Indienseide entschlossen, das Miraval so gut gefallen hatte. Diese Wahl rächte sich jetzt, denn das Gewand war viel zu warm. Schon wieder Miraval, dachte sie ärgerlich. Sie bekam noch hohle Wangen, wenn sie so weitermachte. Konnte sie sich denn nicht damit abfinden, dass sie ihn verloren hatte! Verloren ... Wenn sie nur wüsste, wo er steckte! Leonora wagte sie nicht danach zu fragen und Raymond oder Roç schon gar nicht. Das war wirklich nicht geboten. Schließlich konnte sie froh sein, dass man sie seinerzeit nicht davongejagt hatte. Aus diesem Grund hatte sie es auch vermieden, Roç Vorwürfe über seinen Abstecher zur Kastellanin zu machen.
Eine Zeitlang ritt Sancha im Galopp voraus, doch als der Weg steiler wurde, fiel sie in langsamen Trab. Hinter ihr klingelten fröhlich die Schellenglöckchen am Zaumzeug der Schwester. Sancha warf einen Blick zurück: Leonora saß höchst unternehmungslustig auf ihrem Pferd. Sie hörte, wie sie mehrmals mit der Zunge schnalzte und kurz darauf schloss sie zu ihr auf.
„Sag, Sancha, was hatte dir eigentlich Roçs Knappe mitzuteilen?“, fragte sie streng, als sie gemächlich nebeneinander ritten.
Sofort ärgerte sich Sancha über den Tonfall der Schwester, aber natürlich hatte Leonora recht: Es ziemte sich nicht, dass ihr ein Knappe aus dem Feld schrieb. Selbst Roç hatte es getrieben, ihr zwei spöttische Zeilen unter Damians Nachricht zu setzen: „ Hélas , Doña Sancha“, hatte er geschrieben, „einem witzigen Knecht müssen die Edelleute wohl dienen!“
Ehrwürdige Herrin, Doña Sancha, hatte Damian geschrieben, z uerst wollte ich schweigen, doch damit mir nicht Undankbarkeit vorgeworfen wird, erachte ich es für richtig und angemessen, Euch, die Ihr klug, voller Güte und Umsicht seid, meine neueste Entdeckung zu unterbreiten ...
„Bei Gott“, antwortete Sancha ihrer Schwester leichthin, „der Knappe hat sich in der Tat unreif und unbedacht verhalten. Aber er vertraut mir. Er will herausgefunden haben, dass sich ...“, sie vergewisserte sich, dass die anderen Damen gut drei Pferdelängen hinter ihnen ritten, „ ... nun, er glaubt, dass sich der gesuchte Ort in der Nähe des Klosters befindet, in dem er sein Noviziat begann: Saint-Polycarpe. Und da dieses Kloster nur einen knappen Tagesritt von hier entfernt ist ...“
Sie schielte zur Schwester hinüber und
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