Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
persönlich nach Nîmes zu reisen, wo Montfort in der Vergangenheit allzu große Unterstützung gefunden hatte. Sie würde dort mit den Konsuln reden und ihnen im Namen des Hauses Toulouse erneut die städtischen Freiheiten garantieren ...
Der alte Raymond, zur Feier des Tages im hermelinbestückten Mantel, gab den Fanfarenbläsern auf der Empore ein Zeichen. Seine Ansprache war beendet. Dankbar in alle Richtungen nickend, nahm er neben Leonora Platz. Die Schwester - wie üblich in blau gekleidet, das dunklere Surcot jedoch, wie auch der Schleier, mit kleinen Perlen übersät -, fasste nach Raymonds Hand und lächelte zugleich Sancha mild zu.
Nach der Ansprache des dicken Belcaire erhob sich Roç, um jedem männlichen Gast ein Treuegeschenk zu überreichen - ein prachtvolles Messer mit damastgeätzter Klinge und wertvollen, silbernen Beschlägen. Die Damen erhielten Schmuck, den Sancha und Leonora ausgewählt hatten. Auch die hohe Geistlichkeit, die sich recht schnell wieder in der Stadt eingefunden hatte (Bischof Fulco natürlich ausgenommen), wurde reich beschenkt. Die katholischen Prälaten saßen gemeinsam mit der Grafenfamilie, den Konsuln und dem Hochzeitspaar unter dem Baldachin. Pastor Sola, der in großer Sorge um Leonoras Seelenheil nach Toulouse zurückgeeilt war, unterhielt sich leise mit den Prälaten, ignorierte jedoch wie früher die Juden sowie die Bischöfe und Perfekten der katharischen Kirche, die an zwei gesonderten Tischen unterhalb der Estrade saßen. Im Grunde hatte sich nicht viel verändert, dachte Sancha bei sich, außer dass viele Gesichter fehlten. Dann gab sie Olivier das Zeichen, die Nef vor das Brautpaar zu stellen, das obligatorische silberne Segelschiff, das ein Salzfass sowie Messer, Löffel und Mundtücher enthielt - Sanchas Geschenk für Damian und Gala.
Wie liebreizend die Kleine aussah, in ihrem honiggelben Gewand. „Wenn das die Großmutter wüsste“, hatte sie ihr heute Morgen zugeflüstert. Nun, sie, Sancha, hatte ihr Versprechen gehalten. Zibeldas Enkelin bekam einen Mann von Adel und zugleich jemanden, der sich nicht scheute, seiner Zukünftigen zu versichern, dass sie "Füße wie ein Engel" besäße. Zumindest hatte sie, Sancha, ihn das einmal sagen hören ...
Ein neuerlicher Fanfarenstoß und der Mundschenk, die Diener und Pagen schritten herein, gekleidet in den Farben der Stadt. Sie stellten die Weinkrüge auf die Anrichtetische, die ebenfalls mit weißen Tüchern, Blumenkränzen und Bändern geschmückt waren. Mägde eilten mit silbernen Wasserbecken durch die Reihen, damit sich jeder Gast vor dem Essen die Hände waschen konnte.
Dann wurden die Speisen aufgetischt, zuerst die leichteren: Verschiedene Weißgerichte, Ragouts in Mandel- oder Safransoße, gesottene Fische auf einem Bett von gedünstetem grünen Gemüse und Paradiesdatteln, gefolgt von Ente mit Ingwer- oder schwarzer Pfeffersoße. Es gab sogar einige wenige Köstlichkeiten aus fernen Ländern, die man aufgrund des Krieges lange nicht mehr gesehen hatte. Und als die Diener auf großen Silberplatten gebratene Fasane, Reiher und sogar Pfaue hereintrugen, letztere wieder kunstvoll mit dem schillernden Gefieder besteckt, ging wie früher ein anerkennendes Raunen durch den Saal und die Ritter bekundeten ihren Respekt, indem sie mit ihren neuen Messern auf den Tisch klopften.
Irgendwann, es dunkelte draußen schon, wurde der Hypocras aufgetragen, in silbernen Krügen. Dazu gab es für jeden Gast ein Feigentörtchen, mit Kardamom gewürzt und mit roten und gelben Blüten besteckt - den Farben von Toulouse.
„Do ñ a Sancha?“ Ein Page beugte das Knie vor ihr und überreichte ihr eine Nachricht. „Ich soll auf Antwort warten“, sagte er leise.
Sancha prüfte das Siegel, öffnete das Schreiben und las. Ein zufriedenes Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Sobald die Tafeln unten im Saal aufgehoben werden, gib mir ein Zeichen und führe sie herein“, raunte sie dem Pagen zu.
Sancha ließ die Tür nicht aus den Augen. Als es soweit war, erhob sie sich und trat hinter das Brautpaar. „Bei Gott, Bräutigam, warum hast du mir nicht erzählt, dass du noch Gäste erwartest?“
Damian und Gala sahen sie erstaunt an.
Sancha wies zur Tür, wo unter dem grünen Buschwerk Meister Balthus sowie zwei Männer und eine Frau standen.
„Ist es denn möglich?", stieß Damian hervor, das Gesicht so rot wie der Blütenschmuck auf der Torte. „Ist das Euer Werk, Herrin? Soviel Glück hab ich nicht
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