Sanctus Satanas - Das 5. Gebot: Thriller (German Edition)
Kofferraum. Ein paar
Schüsse zertrümmerten die Rückscheibe, ließen Glasscherben hageln. Funken
sprühten, als ein Hinterreifen platzte und der Wagen auf der Felge weiterfuhr.
»Raus aus dem Wagen!«, brüllte der Fahrer nach der
nächsten Kurve. Der Wagen bremste. »Rechts in die Seitenstraße! Warten Sie da!«
Der Alfa Romeo fuhr weiter, während Sciutto nach
rechts in die Straße rannte.
Nach einem kurzen Stück sprang der Fahrer aus dem
fahrenden Wagen, ließ sich gekonnt abrollen, war mit einem Satz auf den Beinen
und folgte Sciutto in die Straße.
Der Alfa Romeo fuhr und fuhr, hundert Meter,
zweihundert, dreihundert.
Das Donnern, das Knirschen von Metall, als er wie ein
Geschoss irgendwo gegen fuhr, hallte in Sciuttos pochendem Schädel wieder, während
sie beide bereits die schmale Seitenstraße entlangrannten. Er schrie von dem
Schmerz in seiner Schulter gequält auf, als der Mann ihn jäh in den Schatten
einer Gartenmauer drückte.
In der nächsten Sekunde rasten zwei Geländewagen der
Polizei an der Mündung der Straße vorbei.
»Los weiter, Sciutto!«
Am Ende der schmalen Straße materialisierte sich im
Licht der Laternen ein schwarzer Mercedes mit einem Kennzeichen des Vatikans.
»Steigen Sie ein, Sciutto!«
Es dauerte nur Sekunden, bis Sciutto auf dem Beifahrersitz
und der schlanke blonde Mann in dem dunklen Anzug auf dem Fahrersitz Platz
genommen hatten und Sciutto ihm die Mündung seiner halbautomatischen Pistole
gegen die Schläfe drückte.
»Was soll das, Sciutto? Sollten Sie mir nicht eher
dankbar sein, als mir eine Pistole gegen den Schädel zu pressen?«
»Warum haben Sie mich da rausgeholt?«
»Wir haben einen Deal miteinander, oder nicht? Tun Sie
das Ding weg, Mann. Ohne mich wären Sie tot.«
»Oder auch nicht. Lebend bin ich doch viel
interessanter für die Bullen, ein Auftragskiller, den man über die Hintermänner
ausfragen kann. Gut für mich, doch beschissen für Sie als meinen Auftraggeber.
Wer sagt also, dass Sie mich nicht töten und verschwinden lassen wollen? Ein
Zeuge weniger.«
»Vielleicht die Tatsache, dass ich Sie gerettet habe.
Was, zum Teufel, war das mit dem Jungen am Forum Romanum? Warum mussten Sie auf
ihn schießen?«
»Ich war nervös. Es war nicht meine Absicht.«
In den grauen Augen des Mannes spiegelte sich Ironie.
»Ein Killer mit Gewissen, hä?«
»Woher wussten die Bullen so plötzlich, wer ich bin?«
»Wenig professionell, sein Handy zu verlieren,
Sciutto.«
»Wo?«
»In der Engelsburg.«
»Es war nicht auf meinen Namen angemeldet.«
»Aber Ihre Fingerabdrücke waren darauf. Hören Sie,
Sciutto. Ich will nur, dass Sie aus dem Land verschwinden, mehr nicht.«
Zögerlich ließ Sciutto die Waffe sinken. Die Schmerzen
in der Schulter, die unsägliche Erschöpfung, die Wärme im Wagen, die
aufkeimende Entspannung forderten ihren Tribut.
Welche Wahl habe ich denn?
17
An
der deutschen Ostsee übergoss zur gleichen Zeit das Mondlicht dieses Abends
Kloster Falzberg mit einem Silberschimmer.
Weiße Kirschblütenblätter rieselten auf Lenas
totenbleiches Gesicht.
Die Blütenblätter aufwirbelnd trug der Wind deren
süßen Duft hinauf bis zu dem Kirchturm der Klosterkapelle, von dessen Plattform
David über das schmiedeeiserne schwarze Geländer in die mondhelle Tiefe
starrte.
Lena lag dort unten rücklings auf dem Boden, am Fuß
des Turms, und Davids Schmerz über ihre todesstarren Augen, über ihren
Brustkorb, der sich nicht mehr hob und senkte, über das Blut, das auf ihrem
Gesicht klebte, war irrsinnig.
Marie. Es
war wie damals bei Marie.
Wenn er geglaubt hatte, die Jahre im Gefängnis hätten ihm
gezeigt, was Entsetzen bedeutet, so merkte er jetzt, dass es ein Entsetzen gab,
das unbeschreiblich war, das siebzehn Jahre Schmerz und Verzweiflung blass
erscheinen ließ gegenüber dem, was er in diesem Moment fühlte.
Nein! Er
schloss die Augen, ballte die Hände zu Fäusten, riss die Augen wieder auf und
starrte in die Tiefe.
Niemand lag da unten.
Niemand, nicht einmal die süß duftenden Blütenblätter
wirbelten getragen vom Wind durch die Luft.
Nur ein Wahn, ein Wachtraum und doch war es wie damals
bei Marie, ein Déjà-vu . Wieder hatte er
einen Menschen verloren.
Lena, wo bist du? Überall hatte er nach ihr gesucht.
Hastig zog er sein Handy aus der Hosentasche, als es
klingelte. »Ist sie wieder aufgetaucht, Magda?«
»Ich habe gehofft, Sie hätten sie gefunden, David. Die
Polizei lässt nicht mit sich reden. Die weigern sich,
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