Sanctus Satanas - Das 5. Gebot: Thriller (German Edition)
zu. »Na, wo wohl?
Vermutlich gegangen, weil sie auf Sie warten musste.«
15
»Sind
Sie wahnsinnig, Mann?«
Edoardo Graziano starrte Commissario Bariello an.
Wie an fast jedem Frühlingsabend war auch am Abend
dieses Tages der Blick aus den Fenstern im dritten Stock des Polizeireviers der
Polizia di Stato in Rom atemberaubend.
Im Schein der untergehenden Sonne erinnerte Rom an ein
Tal aus Feuer, in dem die Lichter der Autos wie Funken durch die Straßen
schwirrten.
Doch die sonst so beruhigende Wirkung dieses Anblicks
blieb in diesem Augenblick, wo Commissario Carlo Bariello vor dem Schreibtisch
seines Chefs Edoardo Graziano stand, aus.
Edoardo Grazianos Gesichtsfarbe war ähnlich rot wie das
Fenster hinter ihm. »Was sollte der Alleingang im Forum Romanum, Carlo? Sind
Sie irre?« Seine Stimme machte einen hysterischen Schlenker. Hinter seinem
Schreibtisch stehend, stütze er sein massiges Gewicht mit den Händen auf der
Tischplatte ab. »Sie wollten Kardinal Gutenberg retten, und was ist jetzt?
Haben Sie mal an die Schlagzeilen gedacht? Ein kleiner Junge wurde von diesem
Killer Albuin Sciutto angeschossen, dessen Mutter und ein Carabinieri durch
einen Unfall des Fluchtwagens schwer verletzt und der Killer ist verschwunden,
und nur, weil Sie verrückt geworden sind. Die Presse wird uns schlachten.«
»Ich musste dem Hinweis dieser Journalisten
nachgehen.«
»Aber doch nicht im Alleingang, Mann!« Grazianos
Doppelkinn schwabbelte.
Bariello blickte an seinem Chef vorbei aus dem Fenster
auf die glutrote Stadt. Jedes weitere Wort der Rechtfertigung war sinnlos. Dazu
kannte er Graziano gut genug.
Grazianos Gesichtsfarbe normalisierte sich. »Was ist
mit Kardinal Gutenberg?«
»Noch keine Spur. Als hätten sich Gutenberg und der
junge Carabinieri, der bei ihm geblieben ist, als ich zu dem Platz vor der
Kirche gelaufen bin, in Luft aufgelöst.«
Schweiß schimmerte über Grazianos Oberlippe. »Sie
wollten einen weiteren Mord verhindern, Carlo. Doch was haben wir jetzt? Wie
das meinen Vorgesetzten erklären, hä?« Sein Doppelkinn schwabbelte, als er sich
zu Bariello über den Schreibtisch beugte. »Kardinalstaatssekretär Rodriguez hat
sich beim Primo Dirigente über Sie beschwert, Carlo.«
Bariello zog hörbar die Luft ein.
»Ihre Meinung zur katholischen Kirche sei für diesen
Fall nicht objektiv genug.«
»Unsinn.«
»So? Ist es wirklich Unsinn, Carlo?«
»Ja, das ist es, verdammt noch mal! Die Sache mit
meinem Sohn hat nichts damit zu tun.«
»Ihr Sohn ist querschnittsgelähmt, Carlo. Ihr Sohn ist
zeugungsunfähig. Beides bereits ein kaum zu ertragendes Schicksal für jemanden,
der sich eine Familie wünscht. Und dann hat ihm ein römisch-katholischer
Priester wegen seiner Unfähigkeit, Kinder zu zeugen, auch noch das Sakrament
der Ehe verweigert. Und das beeinflusst Sie nicht?«
»Er ist auch so mit seiner Frau glücklich.«
»Hören Sie auf, sich was vorzumachen, Carlo. Sie
können das nicht verwinden.«
»Schwachsinn!« Bariello unterdrückte den Wunsch, Graziano
ins Gesicht zu schlagen. »Ja, ich verachte diese katholischen Glaubensmacher
für das, was sie meinem Sohn angetan haben. Die gehen mit Menschen, die nicht
haarscharf in ihre Normen passen, oft richtig beschissen um. Aber ich sage
Ihnen, was mich wirklich beeinflusst. Drei Kardinäle sind tot und ein kleiner
Junge, seine Mutter und ein Carabinieri schwer verletzt. Das beeinflusst mich.«
Mit dem Blick zweier Raubkatzen starrten sie sich an.
Die einsetzende Dunkelheit warf lange Schatten in den
Raum.
Graziano setzte sich und schaltete die
Schreibtischlampe an. Das grelle Licht formte dunkle Ringe unter seine Augen.
»Für manche Menschen ist der Glaube geradezu lebenswichtig, Carlo. Ohne ihren
festen Glauben wäre meine Frau zugrunde gegangen, als unsere Tochter gestorben
ist.«
»Das verstehe ich.«
Ein Klopfen an der Bürotür ließ sie beide dorthin
blicken.
Edoardo Graziano winkte ab, als Marisa in den Raum
trat. »Warten Sie einen Moment, Marisa. Carlo und ich sind hier noch nicht
fertig.«
Marisa trat unbeirrt vor den Schreibtisch. »Es gibt
einen weiteren Toten.« Sie hielt Bariello ein Foto hin. »Ist das der junge
Carabinieri, der bei dir und Kardinal Gutenberg im Forum Romanum war, Carlo?«
Bariello riss ihr das Foto aus der Hand. Er nickte
schwach. »Ja, das ist er.«
»Er wurde in einem Straßengraben aufgefunden.
Erschossen.«
Edoardo Graziano sprang auf. »Das reicht, Carlo! Damit
sind Sie raus. Beurlaubt, ab
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