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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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die Bienen vom Angesicht der Erde verschwinden, hätten auch wir nur noch vier Jahre Zeit. Keine Bienen mehr, kein Bestäuben, keine Ernten, keine Nahrung ... kein Mensch mehr.«
    Kathryn öffnete ihren Schleier und nahm den Hut ab. Darunter kam ein ovales Gesicht mit blasser, klarer Haut und ungewöhnlich dunklen Augen zum Vorschein. Sie hatte etwas Altersloses und zugleich Natürliches an sich, das auch ein wenig aristokratisch wirkte. Für viele der jungen, freiwilligen Männer war sie ein Objekt der Begierde, und das, obwohl sie älter war als viele ihrer Mütter. Mit der freien Hand griff sie nach oben, löste ihr dichtes dunkelbraunes Haar und schüttelte es aus.
    »Und was will man dagegen unternehmen?« Der Fragesteller, ein großer blonder Junge aus dem Mittleren Westen der USA, stieg aus seinem Imkeranzug. Er hatte den gleichen Blick wie die meisten Freiwilligen, wenn sie zum ersten Mal für Kathryn arbeiteten: ernst, voller Hoffnung und vom Guten im Menschen überzeugt. Kathryn fragte sich, wie er wohl aussehen würde, nachdem er ein Jahr im Sudan gearbeitet hatte und hatte zusehen müssen, wie Kinder langsam verhungerten, oder in Sierra Leone, wo Bauern ihre Felder nicht bestellen konnten, weil Guerilleros sie vermint hatten.
    »Es wird viel geforscht«, antwortete Kathryn, »um eine Verbindung zwischen dem Völkersterben und Gengemüse, neuen Pestiziden, der Erderwärmung und/oder Parasiten sowie Infektionen herzustellen. Es gibt sogar eine Theorie, nach der Handysignale das Navigationssystem der Bienen stören.«
    Sie schüttelte ihren Anzug ab und ließ ihn zu Boden fallen.
    »Und was glauben Sie?« Kathryn schaute den ernsten jungen Mann an und sah, wie sich Falten auf ein Gesicht schlichen, das bis jetzt kaum Sorgen gekannt hatte.
    »Oh ... Ich weiß nicht«, sagte sie. »Vielleicht ist es eine Mischung aus all diesen Dingen. Bienen sind eigentlich recht simple Geschöpfe. Das Gleiche gilt für ihre Sozialordnung. Es braucht nicht viel, um Chaos dort reinzubringen. Bienen kommen zwar gut mit Stress zurecht, aber wenn das Leben zu komplex wird, sodass sie ihre eigene Gesellschaft nicht mehr wiedererkennen, geben sie sie vielleicht auf. Vielleicht fliegen sie dann lieber ihrem Tod entgegen, als noch länger in einer Welt zu leben, die sie nicht mehr verstehen.«
    Sie ließ den Blick in die Runde schweifen. Inzwischen hatten sich alle ihrer Anzüge entledigt und schauten besorgt drein.
    »Hey«, sagte Kathryn, um die Stimmung zu heben, »hören Sie einfach nicht auf mich. Ich verbringe viel zu viel Zeit mit Wikipedia. Außerdem passiert das ja nicht mit allen Stöcken, wie Sie gesehen haben. In mehr als der Hälfte herrscht noch das pralle Leben. Kommen Sie.« Sie klatschte in die Hände. »Wir haben noch viel zu tun. Packen Sie Ihre Anzüge weg, und holen Sie die Werkzeuge heraus. Wir müssen die toten Stöcke abbauen und ersetzen.« Sie öffnete eine weitere Plastikkiste, die auf dem Gras stand. »Da drin ist alles, was Sie brauchen: Werkzeuge und Anleitungen, wie man aus ein paar alten Latten und Kisten einen Stock zimmern kann. Aber vergessen Sie nicht: Draußen werden Sie Bienenstöcke aus allem bauen müssen, was Sie finden. Nicht, dass Sie dort, wo Sie hingehen, viel finden werden. Menschen, die ohnehin nichts haben, werfen auch nichts weg.
    Nur von den toten Stöcken dürfen Sie kein Material verwenden. Sollte tatsächlich ein Virus oder dergleichen für das Völkersterben verantwortlich sein, dann würden Sie ihn so nur weitergeben, und die nächste Katastrophe wäre vorprogrammiert.«
    Kathryn öffnete die Fahrertür. Sie musste Distanz zu den Freiwilligen wahren. Die meisten kamen aus gebildeten, bürgerlichen Familien, was hieß, dass sie es zwar gut meinten, aber nur wenig Ahnung von der Praxis hatten. Solche Leute neigten dazu, stundenlang darüber zu diskutieren, wie etwas zu machen war, anstatt es einfach zu tun . Am besten warf man sie ins kalte Wasser und ließ sie aus ihren Fehlern lernen.
    »In einer halben Stunde werde ich nachsehen, wie weit Sie sind. Wenn Sie mich brauchen, ich bin im Wagen.« Sie warf die Tür hinter sich zu, bevor jemand eine Frage stellen konnte.
    Kathryn hörte das Klappern der Werkzeuge und die erste von vielen theoretischen Diskussionen. Sie schaltete das Radio an. Wenn sie hörte, worüber die jungen Leute redeten, würde sich irgendwann ihr Mutterinstinkt melden, und sie würde ihnen zur Hand gehen, auch wenn damit niemandem geholfen war. Draußen in der

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