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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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und rückte so weit vor, wie er es wagte. Der Schmerz in seinem Arm war inzwischen fast unerträglich geworden, und ihm wurde übel.
    Gabriel erreichte das Ende des Tunnels im selben Augenblick, als der Schrei verstummte. Er drückte sich an die Wand und spähte vorsichtig um die Ecke. Auf der anderen Seite des Raums sah er die glühende Schmiede, die Schleifsteine davor und den großen, runden Stein mit dem eingravierten Tau. Ein Mönch stand daneben und schaute durch die halb offene Tür in die Dunkelheit dahinter, von der Gabriel vermutete, dass der Schrei von dort gekommen war. Liv war da drin und auch das Sakrament. Gabriel trat in den Raum.
    Der Mönch drehte sich um, sah Gabriel und zog den Arm aus dem Ärmel, um seine Waffe zu heben, doch er kam nicht mehr dazu. Zwei Kugeln trafen ihn in die Brust und warfen ihn gegen die große Steintür. Aus Reflex drückte er noch mal den Abzug, und ein Schuss löste sich.
    Er war tot, bevor er auf den Boden fiel.
    *
    Der Schuss ließ den Abt und Cornelius herumwirbeln. Das war nicht weit entfernt gewesen, sondern direkt vor der Tür.
    »Geh, und sieh nach, was da los ist«, befahl der Abt und wandte sich wieder Eva zu. Sie war inzwischen so bleich, dass sie in der Dunkelheit förmlich glühte, während das ewige Leben sie verließ. Je schwächer sie wurde, desto stärker fühlte er sich. Die Prophezeiung war also doch noch erfüllt worden. Nun würde er unsterblich werden. Indem er einen Gott tötete, war er selbst zu einem geworden. Doch noch während seine Seele das Hochgefühl dieses Gedankens genoss, spürte er ein Kribbeln in verschiedenen Teilen seines Körpers. Er schaute auf die tiefe, zeremonielle Wunde an seiner linken Schulter und sah, wie sich das gerade erst verheilte Narbengewebe wieder öffnete. Er hob die Hand und drückte sie auf den Schnitt, doch das Blut bahnte sich seinen Weg zwischen seinen Fingern hindurch. Dann blickte er auf seine anderen Narben, und auch die öffneten sich wieder, und ein paar Augenblicke lang sah der Abt das alles wie ein teilnahmsloser Beobachter, als würde das alles jemand anderem passieren und nicht ihm. Dann fühlte er sich immer schwächer; zusammen mit dem Blut floss auch die Kraft aus ihm heraus. Er streckte die Hand aus und stützte sich am Tau ab, und zum ersten Mal in all den Jahren in Gegenwart des Sakraments empfand er Angst.
    *
    Gabriel erreichte den Eingang und blinzelte, um in der Dunkelheit wieder besser sehen zu können, nachdem das Mündungsfeuer des Wächters ihn geblendet hatte. Er drückte sich mit dem Rücken an den runden Stein und glitt daran entlang, bis er die Öffnung erreichte. Wer auch immer sich in der Kammer befand, der Schuss hatte ihn mit Sicherheit alarmiert; also musste er schnell sein, und er durfte sich keinen Fehler erlauben. Gabriel atmete tief durch und spürte ein seltsames Jucken in seinem linken Arm. Vorsichtig bewegte er die Finger und rechnete mit Schmerz. Stattdessen ließen sich seine bis gerade noch nutzlosen Finger ganz normal bewegen. Es tat zwar noch immer weh, und sein Griff war schwach, aber unglaublicherweise fühlten sie sich nicht mehr gebrochen an. Gabriel war von dieser Entdeckung derart abgelenkt, dass er die Klinge gar nicht sah, die aus der Dunkelheit kam. Sie traf ihn in die Brust und ritzte eine Rippe. Instinktiv drehte Gabriel sich weg, schlug die Klinge mit dem linken Arm beiseite und schrie vor Schmerz. Dann sah er seinen Angreifer. Der Mann war von der Hüfte aufwärts nackt und voller Blut. Ein wächserner Fleck in seinem Gesicht schimmerte im Licht des Schmiedefeuers. Gabriel erkannte das Fleisch gewordene Böse, das hier vor ihm stand. Er erinnerte sich an den Schrei, der ihn hergeführt hatte, und er erinnerte sich an den zerfetzten Körper seines Großvaters im Hangar. Dann bemerkte er ein Funkeln in den Augen des Dämons, als dieser sah, wie Gabriel den Arm hielt. Es war der Blick eines Raubtiers, das eine Schwäche bei seiner Beute ausgemacht hatte.
    Das Messer blitzte erneut auf, als Cornelius auf Gabriels gesunden Arm zielte. Gabriel stolperte zurück und hob die Waffe, doch die Albtraumgestalt rückte nach, schlug mit dem Messer zu, und diesmal traf sie mehr als nur Dunkelheit. Gabriel spürte, wie die Klinge sein Handgelenk traf, aber er empfand keinen Schmerz. Er richtete die Waffe auf Cornelius, sah die Dämonenaugen über das Korn hinweg und drückte ab.
    Nichts geschah. Dann bemerkte er, dass Blut aus seinem Handgelenk tropfte, und wie in Zeitlupe

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