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Sanctus

Sanctus

Titel: Sanctus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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Carmina waren sie außerdem potenzielle zukünftige Sancti, auch wenn sie bis jetzt noch nichts über die wahre Natur des Sakraments wussten. Falls nötig, konnte man sie also einfach in die Welt zurückschicken, ohne irgendetwas oder irgendwen zu kompromittieren.
    Der Abt nahm sich den ersten Aktenordner und schlug ihn auf. Er blätterte durch die üblichen Atteste und Zeugnisse. Aber er suchte etwas anderes: Militärakten, Vorstrafenregister. Daran würde er erkennen, ob er den richtigen Mann für den Job gefunden hatte.

K APITEL 39
    Kathryn Mann saß in ihrer Wohnung und studierte den Inhalt der gestohlenen Datei auf ihrem Laptop. Da sie die Datei gut eine Stunde nach der Zitadelle bekommen hatte, war ihre Kopie ein wenig aktueller und enthielt einen Abriss des Gesprächs, das Arkadian mit Liv geführt hatte. Auch befand sich ein Link zu ihrem Profil auf der Webseite der amerikanischen Zeitung darin, für die Liv arbeitete. Kathryn las die Akte quer, schnappte sich dann ihr Telefon und drückte auf Wahlwiederholung.
    »Ich hab sie«, sagte sie, kaum dass ihr Vater abgehoben hatte.
    »Und?«
    »Es war definitiv ein Sanctus«, berichtete sie und ging die drastischen Fotos der Obduktion durch, auf denen deutlich die zeremoniellen Narben zu sehen waren.
    »Interessant«, bemerkte Oscar. »Und die Zitadelle hat ihn noch immer nicht offiziell als einen der ihren anerkannt. Sie haben vor etwas Angst.«
    »Vielleicht, aber da ist noch etwas in der Akte, etwas ... Unglaubliches.« Kathryn schaute der hübschen jungen Journalistin in die Augen, die sie aus dem Browserfenster anstarrte. »Er hat eine Schwester.«
    Sie hörte, wie ihr Vater nach Luft schnappte.
    »Das kann nicht sein«, sagte er. »Wenn er eine Schwester gehabt hat, kann er kein Sanctus gewesen sein. Er kann noch nicht einmal aus der Zitadelle gekommen sein.«
    »Aber er hat die Narben«, sagte Kathryn. »Er war definitiv geweiht. Er war mit dem Tau gebrandmarkt. Also muss er aus der Zitadelle gekommen sein, und er muss das Sakrament gesehen haben.«
    »Dann finde diese Schwester«, forderte Oscar seine Tochter auf. »Finde sie, und beschütze sie mit allem, was wir haben. Und ich meine alles .«
    Schweigen. Sie wussten beide ganz genau, wovon er sprach.
    »Ich verstehe«, sagte Kathryn schließlich.
    »Ich weiß, wie gefährlich das ist«, fuhr Oscar fort, »aber dieses Mädchen wird nicht die geringste Ahnung haben, was da auf sie zukommt. Wie müssen sie beschützen. Das ist unsere Pflicht.«
    »Ich weiß.«
    »Und noch etwas ...«
    »Ja?«
    »Bereite dein Gästezimmer vor, und besorg einen guten Scotch«, sagte Oscar, diesmal wieder in warmem Ton. »Ich denke, es ist an der Zeit, dass ich nach Hause komme.«

K APITEL 40
    Auf seinem Weg zum Prälaten flog der Abt förmlich durch die dunklen Korridore des Bergs. Dass er keine beruhigenden Nachrichten zu übermitteln hatte, bereitete ihm große Sorge. Es war ja schon schlimm genug, dass es seit über neunzig Jahren zum ersten Mal wieder jemandem gelungen war, aus der Zitadelle zu entkommen. Dass derjenige das nicht überlebt hatte, war der einzige Lichtblick am Horizont. Aber die Tatsache, dass er nun eine lebende Verwandte zu haben schien, war der schlimmste Sicherheitsbruch seit zweihundert Jahren – vielleicht sogar noch länger. Auch war nicht zu leugnen, dass das schlussendlich die Schuld des Abts war.
    Nun galt es, die Situation schnell und effektiv unter Kontrolle zu bringen; aber dafür brauchte der Abt freie Hand – nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb der Zitadelle –, und das ging nur mit dem Segen des Prälaten.
    Der Abt nickte dem Wachmann zu, der permanent vor den Gemächern des Prälaten stationiert war. Traditionell wussten die Zitadellenwachen mit Armbrust, Schwert und Dolch umzugehen, doch die Zeiten hatten sich geändert. Nun verbarg sich ein Holster mit einer geladenen Beretta in den Falten ihrer roten Soutanen. Der Wachmann öffnete die Tür, um den Abt hineinzulassen. Er gehörte nicht zu den Männern, die der Abt ausgesucht hatte.
    Mit einem Knall schloss sich die Tür hinter ihm wieder. Der Abt stieg die elegante Treppe zum Empfangsraum des Prälaten hinauf. Irgendwo vor sich hörte er das Geräusch eines Ventilators, der Sauerstoff in die uralte Lunge des Bewohners dieser Räumlichkeiten zwang.
    In der Kammer war es sogar noch dunkler als im Gang, und der Abt musste seinen Schritt verlangsamen, als er sie betrat, denn er wusste nicht, wo er hintrat. Ein armseliges Feuer

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