Sandkönige - Geschichten
warten und beobachten sehen. Aber immer hatten sie sich dabei bewegt. Die Zangen klapperten, die Beine zuckten, die langen feinen Fühler bewegten sich auf und ab.
Doch der Sandkönig auf seinem Schrank bewegte sich überhaupt nicht.
Kress stand auf, hielt den Atem an und wagte nicht zu hoffen. Konnte er tot sein? Konnte ihn irgend jemand getötet haben? Er schritt durch das Zimmer.
Die Augen waren glasig und schwarz. Die Kreatur schien irgendwie geschwollen zu sein, als würde sie innerlich verrotten und verfaulen und sich mit Gas füllen, das die Platten der weißen Panzerung nach außen drückte.
Kress streckte seine zitternde Hand aus und berührte sie.
Sie war warm; sogar heiß und wurde immer heißer. Aber sie bewegte sich nicht. Er zog seine Hand zurück, und dabei fiel ein Stück von dem weißen Panzer des Sandkönigs ab. Das Fleisch darunter hatte die gleiche Farbe, doch es sah weicher aus, geschwollener und fiebrig. Und es schien fast zu pulsieren.
Kress prallte zurück und rannte zur Tür.
Drei weitere Mobile lagen im Vorraum. Sie verhielten sich genauso wie das in seinem Schlafzimmer. Keines von ihnen bewegte sich. Das Haus war von ihnen angefüllt, alle tot, sterbend oder was auch immer. Kress kümmerte sich nicht darum, was mit ihnen los war. Nur, daß sie sich nicht bewegen konnten, zählte.
Vier von ihnen fand er in seinem Gleiter. Er hob eines nach dem anderen auf und warf sie, so weit er konnte.
Verdammte Monster. Er schlüpfte in den Gleiter, setzte sich auf die ruinierten, halbaufgefressenen Sitze und betätigte den Starter.
Nichts geschah.
Kress versuchte es immer wieder. Nichts. Das war nicht fair. Das war sein Gleiter. Er mußte starten. Warum hob er nicht ab? Er verstand es nicht.
Schließlich stieg er aus, überprüfte alles und suchte den Fehler. Er fand ihn. Die Sandkönige hatten das Antigravgerät zerstört. Er war gefangen. Er war immer noch gefangen.
Wütend marschierte Kress ins Haus zurück. Er ging in die Galerie und holte die antike Axt, neben der das Wurfschwert gehangen hatte. Er begann zu arbeiten. Die Sandkönige rührten sich nicht, während er sie zerstückelte. Aber als er den ersten Schnitt machte, zersplitterten sie, die Körper brachen auf. Das Innere war schrecklich: merkwürdige, halbgeformte Organe, eine klebrige, rötliche Flüssigkeit, die fast wie menschliches Blut aussah, und gelber Schleim.
Kress zerstörte zwanzig, bevor ihm die Zwecklosigkeit seines Tuns bewußt wurde. Die Mobilen waren eigentlich nichts. Außerdem waren es so viele. Er konnte Tag und Nacht arbeiten und sie trotzdem nicht alle töten.
Er mußte in den Weinkeller hinunter und die Maw zerstören.
Entschlossen trat er den Weg zum Keller an. Er kam bis an die Tür, dann hielt er inne.
Es war keine Tür mehr da. Die Wände waren weggefressen, wodurch die Öffnung doppelt so groß war wie vorher, und sie war rund. Eine Höhle, das war alles. Es gab keine Anzeichen dafür, daß sich hier jemals eine vernagelte Tür über diesem schwarzen Schlund befunden hatte.
Ein schauderhaft stinkender Geruch drang von unten herauf.
Die Wände waren feucht, blutbeschmiert und mit Flecken des weißen Schädlingsbekämpfungsmittels bedeckt.
Und das Schlimmste war, es atmete.
Kress stand im Raum und fühlte den warmen Wind über sich hinwegfegen, als es ausatmete. Er versuchte, sich nicht zu bewegen, und als der Wind die Richtung änderte, floh er.
Wieder im Wohnzimmer angelangt, zerstörte er drei weitere Mobile und brach zusammen. Was war geschehen? Er verstand es nicht. Dann erinnerte er sich der einzigen Person, die es verstehen konnte. Kress ging wieder zu seinem Kommunikator, trat in seiner Hast auf einen Sandkönig und betete inbrünstig, daß die Anlage noch funktionierte.
Als Jala Wo antwortete, brach er gänzlich zusammen und gestand ihr alles.
Sie ließ ihn reden, ohne ihn zu unterbrechen. Ihr mageres und blasses Gesicht blieb ausdruckslos, abgesehen von einem schwachen Stirnrunzeln. Als Kress geendet hatte, sagte sie nur: »Ich sollte sie eigentlich dort lassen.«
Kress stotterte: »Das können Sie nicht! Helfen Sie mir! Ich werde bezahlen ...«
»Ich sollte es«, wiederholte Wo, »aber ich will es nicht.«
»Danke«, sagte Kress. »Oh, dan ...«
»Seien Sie still !« erwiderte Wo. »Hören Sie zu! Das alles haben Sie sich selbst zuzuschreiben. Pflegen Sie Ihre Sandkönige gut, dann sind sie gerechte, disziplinierte Kämpfer. Sie haben sie durch Hunger und Quälerei zu etwas anderem
Weitere Kostenlose Bücher