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Sandkönige - Geschichten

Sandkönige - Geschichten

Titel: Sandkönige - Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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ein paar Sachen zum Wechseln, das war alles, was er brauchte; den Rest füllte er mit seinen Schätzen an, mit Juwelen, Kunstgegenständen und anderen Dingen, die er nicht verlieren wollte. Er nahm nicht an, daß er jemals wieder an diesen Ort zurückkehren würde.
    Sein Shambler folgte ihm die Stufen hinunter, starrte ihn mit seinen unheilvollen schimmernden Augen an. Er war mager. Kress erinnerte sich, daß es lange her war, seit er ihn gefüttert hatte. Gewöhnlich konnte er für sich selbst sorgen, aber kein Zweifel, er hatte sich an die regelmäßigen Fütterungen gewöhnt. Als er versuchte, sich gegen sein Bein zu schmiegen, knurrte Kress ihn an und stieß ihn mit dem Fuß weg, worauf er wegrannte, wahrscheinlich verletzt und beleidigt.
    Ungeschickt seine Taschen tragend, schlüpfte Kress nach draußen und schloß die Tür hinter sich.
    Einen Moment lang preßte er sich gegen das Haus, sein Herz klopfte bis zum Hals. Es lagen nur ein paar Meter zwischem ihm und dem Gleiter. Er hatte Angst, diese paar Schritte zu tun. Der Mond leuchtete hell, und der Boden vor seinem Haus war der Schauplatz eines Gemetzels. Die Leichen von Lissandras beiden Gehilfen lagen noch da, wo sie hingefallen waren, einer verdreht und verbrannt, der andere aufgedunsen unter einer Masse toter Sandkönige, und weitere Mobile, schwarze und rote, lagen um ihn herum. Es kostete Kress Mühe, sich daran zu erinnern, daß sie tot waren. Es sah fast so aus, als würden sie nur warten, wie sie so oft vorher schon gewartet hatten.
    Unsinn, schalt sich Kress. Noch mehr trunkene Ängste. Er hatte gesehen, wie die Burgen zusammengefallen waren. Sie waren tot, und die weiße Maw war in seinem Keller gefangen. Er atmete ein paarmal tief und langsam ein und aus und trat auf die Sandkönige. Sie knirschten. Er stampfte sie grausam in den Sand. Sie bewegten sich nicht.
    Kress lächelte, ging langsam über den Kampfplatz und lauschte den Geräuschen, den Geräuschen der Sicherheit.
    Knirschen. Knistern. Knirschen.
    Er stellte seine Tasche auf dem Boden ab und öffnete die Tür zu seinem Gleiter.
    Irgend etwas bewegte sich aus dem Schatten ins Licht. Ein schwacher Umriß auf dem Sitz seines Gleiters. Es war länger als sein Unterarm. Die Kiefer klickten sanft gegeneinander, und es betrachtete ihn aus sechs kleinen Augen, die rund um den Körper verteilt waren.
    Kress urinierte vor Angst und wich langsam zurück.
    Er sah noch mehr Bewegung im Gleiter. Er hatte die Tür offen gelassen. Der Sandkönig krabbelte heraus und kam vorsichtig auf ihn zu. Andere folgten. Sie waren hinter den Sitzen und in der Polsterung versteckt gewesen. Aber nun kamen sie heraus. Sie bildeten einen unregelmäßigen Kreis um den Gleiter.
    Kress befeuchtete die Lippen, drehte sich um und wandte sich Lissandras Gleiter zu.
    Er hielt inne, noch bevor er die halbe Strecke zurückgelegt hatte. Darin war auch Bewegung. Große madenartige Umrisse, die er nur undeutlich im Mondlicht ausmachen konnte.
    Kress wimmerte und trat den Rückzug zum Haus an. Fast schon am Eingang, blickte er auf.
    Er zählte ein Dutzend langer, weißer Gestalten, die an der Wand des Gebäudes hin und her krochen. Vier davon hatten sich an der Spitze des unbenutzten Glockenturms gesammelt, wo der Aasgeier gewesen war. Sie schnitzten irgend etwas ein. Ein Gesicht. Ein sehr bekanntes Gesicht.
    Kress schrie auf und rannte ins Haus. Er eilte in seine Bar.
    Eine ausreichende Menge von Drinks brachte ihm die ersehnte Erleichterung, und er schlief ein. Aber als er erwachte, hatte er schreckliche Kopfschmerzen, stank und hatte Hunger. Oh, großen Hunger. Er war noch nie so hungrig gewesen.
    Kress wußte, daß es nicht sein eigener Magen war, der ihn schmerzte.
    Ein weißer Sandkönig beobachtete ihn von der Höhe des Kleiderschranks herab, seine Fühler bewegten sich leicht. Er war genauso groß wie der im Gleiter letzte Nacht. Kress versuchte, nicht zurückzuschrecken. »Ich werde ... ich werde euch füttern.« Sein Mund war schrecklich trocken, sandpapierähnlich. Er befeuchtete seine Lippen und floh aus dem Zimmer.
    Das Haus war voller Sandkönige; er mußte vorsichtig sein, wo er hintrat. Sie schienen mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt zu sein. Sie nahmen Veränderungen an seinem Haus vor, gruben Gänge in die Wände oder schnitzten Darstellungen hinein. Zweimal sah er sein eigenes Bildnis an unerwarteten Plätzen auf ihn herabstarren. Die Gesichter waren entstellt, verzerrt und voller Angst.
    Er ging hinaus,

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