Sandra die Detektivin in Jeans
Freund wohnte in Rohrbach, einem Randbezirk am anderen Ende der Stadt.
Sandra vereinbarte mit Joschi, sich später mit ihm im Schwimmbad zu treffen.
Andrea hatte andere Pläne für den Rest des Nachmittags. Sandra nahm ihr das Versprechen ab, niemandem zu erzählen, daß sie ohne Wissen der Polizei in Torstens Verfahren zu ermitteln versuchte.
Andrea, die froh war, den schlechten Eindruck korrigieren zu können, gelobte es fast feierlich — und sie hielt sich daran.
Die Freunde brachen auf.
Rohrbach war eine städtische Beamtensiedlung mit Reihenhäusern und fünfstöckigen Mietsbauten. Die Reihenhäuser wurden von kinderreichen Familien bewohnt.
Als Oliver mit Sandra eintraf, pflückte Therese mit einer ihrer kleinen Schwestern Stachelbeeren im Vorgarten ihres Reihenhauses.
Oliver stellte das Motorrad ab und trat mit Sandra an den niedrigen Holzzaun.
„Hallo, Therese! Ist Horst da?“ rief er hinüber.
Therese richtete sich auf. Sie war ein großes, kräftiges, etwa achtzehnjähriges Mädchen. „War er nicht bei dir? Ich habe ihn seit heute morgen nicht mehr gesehen“, antwortete sie.
„Horst hat Spätdienst“, teilte die jüngere Schwester ihnen mit.
Horst arbeitete an einer Tankstelle. Dort hatte Oliver ihn kennengelernt, als er sein erstes gebrauchtes Motorrad kaufte. Der Tankstellenbesitzer erlaubte seinen Kunden gelegentlich, ihre Altwagen oder Kradräder auf seinem Gelände zum Verkauf abzustellen.
Horst reparierte Motorräder in abendlicher Heimarbeit. Oliver mußte seine handwerkliche Geschicklichkeit oft in Anspruch nehmen. Dadurch waren sie Freunde geworden. Horst reparierte Olivers Motorräder, er fuhr inzwischen seine dritte Maschine, und Oliver revanchierte sich dafür mit Kinofreikarten, die er von seinem Vater, einem Filmvorführer, erhielt.
Oliver nahm seinen Schutzhelm ab und klemmte ihn unter den Arm. „Was sagst du zu dem Drama bei euch, Therese? Ist ja ein tolles Ding. Ziemlich undurchsichtig, was?“
Therese blickte verständnislos. „Was denn für ein Drama?“
„Sag bloß, du weißt nichts davon? Warst du heute nicht auf Schaffe?“ wunderte sich Oliver.
Therese kam über einen Pfad zwischen den Gemüsebeeten zum Zaun. „Tag“, sagte sie zu Sandra.
„Das ist Sandra“, stellte Oliver vor.
Therese nickte. Sie hielt Sandra für eine neue Freundin Olivers. „Redest du vom ‚Anker’?“ fragte sie. Und fügte hinzu: „Da arbeite ich nicht mehr. Was ist denn passiert? Haben sie den Siegmund umgebracht?“
„Wie kommst du darauf?“ fragte Sandra.
„Na, ein Wunder wäre es nicht. Die beiden jungen Baumanns, die Maria und der Ingo, hatten ja ständig Streit mit dem Alten. Das war vielleicht ein Theater bei denen!“
Sandra wechselte mit Oliver einen bedeutungsvollen Blick.
„Was ist denn nun passiert?“ fragte Therese ungeduldig.
Oliver und Sandra berichteten es ihr, ohne jedoch Sandras Freundschaft mit Torsten, dem angeblichen Täter, zu erwähnen.
Sandra hatte Oliver vorher darum gebeten. Sie wollte zunächst feststellen, wie Therese zu ihren Arbeitgebern stand, und ob sie nicht aus Loyalität den Siegmunds von ihrer Bitte, die Gäste auszuhorchen, berichten würde.
Sandra behielt diese Taktik auch jetzt noch bei, obwohl Thereses Bemerkung andeutete, daß sie ihren früheren Arbeitgebern nicht sehr gewogen war. Doch da Therese nicht mehr im „Anker“ arbeitete, fiel sie als Spitzel aus. Sandra mußte auf andere Art Kontakt zu den Stammgästen des „Anker“ suchen. Sie fand es besser, nicht zu viele Mitwisser ihrer geplanten Aktion zu haben.
„Hältst du es tatsächlich für möglich, daß jemand von der Familie hinter dem Überfall steckt? Daß man vielleicht einen Freund beauftragte, Siegmund zu erledigen?“ fragte sie.
„Ihr sagtet doch, die Polizei hat den Täter! Ist er denn mit Siegmunds oder den Baumanns befreundet?“ wunderte sich Therese.
„Vielleicht hat die Polizei den Falschen erwischt?“ meinte Sandra vorsichtig.
Therese runzelte die Stirn. „Wieso glaubst du das?“
„Ach, Sandras Phantasie geht mal wieder durch. Sie macht sich gern wichtig. Kriminalfälle aufzuklären ist ein Hobby von ihr“, warf Oliver lachend ein.
„Ist ja gar nicht wahr“, schmollte Sandra und gab sich gekränkt.
„Ach, so!“ Therese betrachtete Sandra belustigt. „Soll ich dir einen heißen Tip geben?“ meinte sie scherzend. Sie hielt das Ganze für einen Spaß und flüsterte geheimnisvoll: „Die Maria ist ein Biest, der traue ich alles zu.
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