Sands, Lynsay - HG 128 - Doppelspiel aus Liebe
hoffnungslos überfüllt gewesen.
Fast einen ganzen Tag mussten sie reisen, ehe sie zu einem Gasthof gelangten, der über genügend Räume verfügte, um die ganze Gesellschaft zu beherbergen.
Dieser Gasthof … Charlie legte den Kopf auf den Rand des Badezubers und schaute sich in dem Raum um. Mit einem Bett – und gegenwärtig auch mit einem Badezuber – war das Zimmer nur spärlich möbliert. Es war zwar klein, jedoch sauber. Verglichen mit der Kutsche, in der sie die vergangenen beiden Tage hatte verbringen müssen, erschien es ihr wie ein Gemach in einem vornehmen Palast.
Als die Tür geöffnet wurde, erschrak sie, doch es war nur Beth, die hereinkam. Diese sowie die anderen taten sich an dem herzhaften Mahl gütlich, welches die Wirtsfrau zubereitet hatte, während Charlie den Speisesaal verließ. Ihr Magen war noch nicht ganz in Ordnung nach der überstandenen Reisekrankheit, so dass sie nur wenige Bissen herunterbekam, ehe sie sich auf ihr Zimmer zurückzog, um dort ein Bad zu nehmen.
„Sieht das herrlich aus!“ seufzte Beth und betrachtete neidvoll den Zuber.
„Das ist es auch.“ Charlie begann sich zu waschen. „Ich werde mich beeilen, doch du wirst wahrscheinlich frisches Wasser brauchen. Ich hatte dieses Bad nämlich wahrhaftig sehr nötig.“
„Oh, immer mit der Ruhe. Du brauchst dich nicht zu beeilen. In unserem Zimmer habe ich mir nämlich ebenfalls ein Bad richten lassen.“
„In unserem Zimmer?“ Charlie zog die Augenbrauen hoch. „Bleibst du denn nicht hier bei mir?“
„Nein, Tomas und ich haben das Zimmer nebenan.“ Sie errötete hübsch, doch das bemerkte Charlie gar nicht.
„Ich dachte …“ Sie runzelte die Stirn. „Ich meine, Radcliffe bekam hier doch nur fünf Zimmer.“
„Richtig.“
„Mrs. Hartshair und ihre Kinder übernachten in einem davon, nicht wahr?“
„Richtig.“
„Und Bessie hat ebenfalls eines?“
„Richtig.“
„Dann haben Tomas und du eines, und ich habe dieses hier. Ich vermute, Stokes … Oh, Radcliffe muss mit Stokes zusammen schlafen.“ Charlie entspannte sich und merkte nicht, dass Bfeth erstarrte.
„Charlie?“
„Ja?“
„Radcliffe schläft nicht mit Stokes zusammen.“
„Wo schläft er denn dann?“ Charlie hob den Kopf aus dem Zuber. „Oh, er wird Stokes doch nicht etwa in die Stallungen verbannt haben?“
„Nein, Charlie.“ Beth zögerte einen Augenblick. „Er wird hier schlafen … bei dir. Du bist jetzt verheiratet.“
„Verheiratet? Nicht doch, Beth. Das sagte Radcliffe doch nur, um zu verhindern, dass ich Carland angetraut werden musste.“
Beth schüttelte den Kopf. „Du bist vermählt.“
„Ich habe Radcliffe doch nie geheiratet!“
„Doch, das hast du.“
„Beth, ich denke, an so etwas würde ich mich auf jeden Fall erinnern. Ich habe Radcliffe nicht geheiratet.“
„Stimmt“, gab Beth zu. „Das tat ich an deiner statt.“
„Was?“ Charlie sah ihre Schwester verblüfft an.
„Ich verkleidete mich als Charles, heiratete Radcliffe, fälschte deine Unterschrift …“
„Was?“ Charlie setzte sich so plötzlich im Badezuber auf, dass sie ringsum Wasser verspritzte.
„Er meinte, ihr beide würdet ohnehin heiraten. Und ihr hättet auch schon Liebe gemacht.“
Charlie errötete. „Radcliffe hat ein großes Mundwerk!“ sagte sie gereizt. „Abgesehen davon müssen sich beide Partner lieben, um Liebe machen zu können.“
„Liebst du ihn denn nicht?“ fragte Beth besorgt.
Charlies Miene wurde noch düsterer. „Selbstverständlich liebe ich ihn. Wie sollte ich auch nicht? Der Mann ist ein Schatz – lieb, großzügig, verwegen, abenteuerlustig.“
„Verwegen und abenteuerlustig?“ unterbrach Beth ihre Schwester. „Der Mann ist ebenso spießig wie die Kutsche, in der wir fuhren.“
„Unsinn. Bedenke doch nur, was für Abenteuer wir erlebt haben, seit wir ihm begegneten!“
Beth schüttelte den Kopf und lachte. „Charlie, du bist diejenige, welche alle Abenteuer auslöst!“
„Schon möglich, doch ohne Radcliffe wären sie niemals eingetreten. Immerhin nahm er uns unter seine Fittiche und brachte uns nach London. Hätte er das nicht getan, würden wir jetzt in Ralphys Haus versauern.“
„Charlie, du wirst niemals versauern. Außerdem tat er das alles nur aus einem gewissen Verantwortungsgefühl heraus.“
Als Charlie daraufhin den Kopf schüttelte, fragte Beth erstaunt: „Nein?“
„Nein, Beth. Um sein Verantwortungsgefühl zu beruhigen, hätte er uns nur zu warnen oder uns
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