Sands, Lynsay - HG 128 - Doppelspiel aus Liebe
gleich wieder“, erklärte sie.
Radcliffe schaute Stokes finster an. „Sie schien nicht ganz zufrieden zu sein.“
„Oh, sicher ist sie das, Mylord“, versicherte Stokes rasch, weil er fürchtete, sein Herr suchte nur nach einer Ausrede, wieder aus dem Kleid herauszukommen. Es hatte Lady Elizabeth eine volle Stunde gekostet, den Lord davon zu überzeugen, dass er als Frau eine bessere Chance hatte, Charlie zu retten.
Und dann war noch das Problem des Kleids ins Spiel gekommen. Lady Elizabeth sowie Lady Charlie waren, wie auch Lady Bessie, gut zwei Handbreit kleiner als Seine Lordschaft. Mrs. Hartshair war zwar nur ein, zwei Zoll kleiner als er, doch ihre Figur war wohlgerundet. Während der Lord schlank und muskulös war, hatte er doch sehr breite Schultern und benötigte daher mehr Raum im Mieder des Gewands.
„Das hätten wir dann.“ Lady Elizabeth kehrte in das Herrenschlafzimmer zurück. In einer Hand trug sie Puder, Rouge, Kohlstift sowie Lippenfarbe und in der anderen ein Häubchen, einen Strohhut sowie einen Kapuzenumhang. Die Kleidungsstücke ließ sie auf das Bett fallen und nötigte Radcliffe nun, sich auf einen Stuhl zu setzen und die Augen zu schließen. Dann machte sie sich an die Arbeit.
„Ziehen Sie bitte die Stirn nicht so kraus, Mylord“, wies sie ihn einen Augenblick später an. „Davon bekommt Ihr Puder Risse.“
„Sicherlich bist du jetzt endlich fertig“, lautete Radcliffes Entgegnung.
„Beinahe“, sagte sie, trug noch mehr Farbe auf seine Wangen auf, trat dann zurück und betrachtete ihn kritisch. Sie neigte den Kopf von einer Seite auf die andere und ließ schließlich die Schultern ein wenig hängen. Der Lord sah jetzt noch schlimmer aus als zuvor – eben wie Radcliffe mit Perücke, Puder und Kleid.
„Der Hut vielleicht, Mylady?“ Stokes wollte Lady Beth ermutigen.
„Ach ja, natürlich!“ Die Erleichterung war ihr deutlich anzusehen.
Rasch ging sie zum Bett und holte das übrige Zubehör herbei, das sie mitgebracht hatte. Nun setzte sie Radcliffe das Häubchen über die Perücke und darüber den Strohhut, welchen sie ihm erst verwegen schief aufsetzte, es sich dann jedoch anders überlegte und ihm die Hutkrempe tief ins Gesicht zog.
Sie trat zurück, schien jedoch noch immer nicht zufrieden zu sein, bis Stokes mit seinem Hüsteln ihren Blick auf sich lenkte. Hinter Radcliffes Rücken deutete der Butler auf seine eigene Brust. Es dauerte einen Moment, bis Beth begriff, was er damit meinte, doch dann richtete sie den Blick auf Radcliffes flachen Oberkörper.
Natürlich – deshalb sah er so seltsam aus! Sie sah sich im Zimmer um, entdeckte die Beinlinge auf dem Boden und hob sie auf. Damit trat sie nun vor Radcliffe und stopfte ihm den Stoff vorn ins Mieder. Nachdem sie eine Weile gezupft und geschoben hatte, merkte sie, wie hoffnungslos ihr Unterfangen war.
Da Beth vermutete, dass es viele Damen gab, die sich nicht angestellt hatten, als die obere Ausstattung vom lieben Gott verteilt worden war, zog sie die Beinlinge wieder heraus und warf sie zur Seite. Sie nahm Stokes den Umhang ab, den der Diener ihr hinhielt, drapierte den Stoff um Radcliffes Schultern und zog ihn so weit nach vorn, dass er den nicht vorhandenen Busen bedeckte. Nun schlug sie dem Lord die voluminöse Kapuze über den Kopf, die ihm jetzt halb ins Gesicht hing.
„Bist du nun endlich fertig?“
Beth nickte seufzend und trat zurück.
Im nächsten Moment stand Radcliffe auf und ging zur Tür. Beth folgte ihm eilig die Treppe hinunter. Mrs. Hartshair und Bessie drehten sich nach ihm um. Über seinen Kopf hinweg warf Beth den beiden Frauen warnende Blicke zu, welche die Köchin und Bessie auch richtig deuteten. Sie unterdrückten ihre Erheiterung und schauten nur staunend zu, wie Seine Lordschaft in dem engen, gerüschten, viel zu kurzen Kleid die Treppe hinunterschritt.
Er hatte die Vordertür schon erreicht, als er stehen blieb, den Rock ein wenig hochzog und seine Füße betrachtete. Dann drehte er sich zu den Frauen um und sah sie finster an. „Schuhe!“
Entsetzt warf Lady Elizabeth einen Blick auf seine kräftigen männlichen Beine zwischen den ganzen Rüschen, fuhr herum und floh in den Salon. Stokes folgte ihr eilends hinterher. Er nahm an, die Lady sei deshalb so entsetzt, weil es im ganzen Haus gewiss kein einziges Paar Damenschuhe – nicht einmal Pantoffeln – gab, welche Seiner Lordschaft passen würden.
Als der Butler indes in den Salon kam, fand er Lady Beth keineswegs weinend
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