Sands, Lynsay - HG 128 - Doppelspiel aus Liebe
offensichtlich.
„Norwich?“ Charlie wusste nicht gleich, dass er damit ihren letzten Tanzpartner meinte. „Ach ja. Mir war so heiß, und deshalb wollte er mir ein kühles Getränk holen.“
„Wahrscheinlich wurde dir zu heiß, weil er zu viel und zu eng mit dir tanzte“, entgegnete Radcliffe und zwang sich dann zu einem Lächeln. „Komm, ich glaube, frische Luft wird dich eher beleben als ein Getränk und seine Gegenwart.“
„Oh, nur …“, begann sie und verzog das Gesicht, als er fragend eine Augenbraue hochzog. „Ich hätte wirklich gern etwas zu trinken gehabt. Wäre es nicht im Übrigen auch ungehörig, jetzt so einfach zu verschwinden?“
„Ich werde dir gleich etwas zu trinken holen“, versprach er und drängte sie zur Terrassentür. „Und was die Ungehörigkeit betrifft, so war es ungehörig von ihm, dich auf dem Tanzboden so eng zu umarmen.“
„Trotzdem, Radcliffe, es zeugt von sehr schlechtem Benehmen, jetzt einfach zu verschwinden“, meinte auch Beth und folgte ihnen.
„Dann solltest du, Charles, vielleicht lieber hier bleiben, um zu erklären, dass es Elizabeth nicht sehr gut ging, dass sie frische Luft brauchte und dass sie sich nun in meiner Obhut befindet.“
Beth war bestürzt. „Nur ich …“
Was sie sagen wollte, hörten die beiden nicht mehr, denn Radcliffe zog Charlie auf die Terrasse und schloss die Glastüren hinter sich.
„Dieser eingebildete, verwöhnte junge Schnösel“, sagte er und trat mit ihr an das Geländer, das sich an der ganzen Terrasse entlangzog.
„Reden wir noch über Norwich?“ erkundigte sich Charlie belustigt. Sie hatte Radcliffe noch niemals so ärgerlich gesehen. Er verhielt sich ja beinahe so, als wäre er eifersüchtig!
„Er hätte dich nicht auf diese Weise einem möglichen Skandal aussetzen dürfen.“
„Skandal! So eng haben wir nun auch wieder nicht getanzt“, stellte Charlie gereizt fest.
„Wärt ihr unbekleidet gewesen, hätte man euch beim Liebesspiel gesehen.“
„Also erstens liebe ich ihn nicht, zweitens trugen wir beide Kleidung, und drittens kamen wir einander nicht näher, als wir zwei es jetzt tun.“ Das Letzte hauchte sie nur noch, denn ihr wurde klar, wie dicht sie tatsächlich beieinander standen. Mit jedem gesprochenen Wort waren sie näher aufeinander zugekommen.
Nun lächelte sie ihn an und war sich weder seines begehrlichen Blicks noch ihrer verführerischen Stimme bewusst, als sie fragte: „Heißt das, wenn wir unbekleidet wären, könnte man uns jetzt beim Liebesspiel sehen?“
„Elizabeth!“ stöhnte er, nahm sie in die Arme und küsste sie mit dem ganzen aufgestauten Verlangen, das er an diesem Abend empfunden hatte, während sie von einem Mann zum nächsten geflattert war.
Charlie schmolz in seinen Armen förmlich dahin. Sie legte die Arme um seinen Nacken, schob ihre Hände in sein Haar, schloss die Augen und öffnete ihre Lippen erwartungsvoll unter seinen. Der Kuss war heiß, süß und ging viel zu schnell vorbei. Ihr kam es so vor, als habe er gerade erst begonnen, als Radcliffe sie schon wieder stöhnend freigab.
Langsam schlug Charlie die Augen auf. Enttäuschung und Begehren malten sich auf ihrem Gesicht.
Radcliffe, dem das nicht entging, lächelte entschuldigend. „Vielleicht sollte ich dir jetzt die kühle Bowle holen“, flüsterte er mit belegter Stimme, wandte sich um und schlüpfte durch die Terrassentür, durch die sie kurz zuvor gekommen waren.
Charlie schaute ihm hinterher. Ihr ganzer Körper schien zu vibrieren, und das Verlangen durchströmte sie heiß. Sie vermochte seinen Kuss noch auf ihren Lippen zu schmecken, während sie blicklos auf die Tänzer sah, die an der Glastür vorbeiwirbelten.
Sie wandte sich von der Terrassentür ab und blieb im nächsten Moment stehen, als sie eine Bewegung in den Schatten bemerkte.
„Tomas!“ grüßte sie mit erstickter Stimme und schaute dabei unwillkürlich zu der Glastür, durch die Radcliffe eben getreten war. Diese Tür hatte er hinter ihnen geschlossen, als sie zuvor auf die Terrasse gekommen waren, und sie war offen gewesen, als ihr Kuss geendet hatte. Wie lange hatte sich Tomas dort schon versteckt, um sie zu beobachten?
Als sie hart am Oberarm gepackt wurde, drehte sie sich widerwillig herum und sah ihn wütend vor sich stehen.
„Sie hatten nicht erwähnt, wie vertraulich sich Radcliffe seiner Verwandten gegenüber verhält.“
„Ich … Er …“ Sie suchte nach einer Erklärung, doch Tomas schien ohnehin nicht zuhören zu
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