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Sanft berührt – und schon verführt?

Sanft berührt – und schon verführt?

Titel: Sanft berührt – und schon verführt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janice Maynard
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können?
    Doch zunächst gab es Wichtigeres zu erledigen. Olivia griff nach dem Telefon und rief die Mutter von Cammies bester Freundin an. Da die Gärten der beiden Familien aneinandergrenzten, verbrachte Cammie die Nachmittage oft bei der Freundin. Zu Olivias großer Erleichterung war sie nicht nach Hause gekommen, solange Kieran noch hier gewesen war.
    Zwanzig Minuten später saß die Kleine am Küchentisch und malte ein Bild für die Großeltern, um sich für die Geburtstagsparty zu bedanken. Ihre Großmutter Lolita oder Lolo, wie sie von der Enkeltochter genannt werden wollte, hatte ihr ein wahnsinnig teures Kleid für die Party geschenkt.
    Cammie runzelte die runde Kinderstirn und verzog weinerlich den Mund, während sie auf einen Fleck am unteren Rand des Bildes wies. „Ich brauche noch ein Blatt. Das hier ist nicht schön.“ Schon mit fünf war Cammie eine Perfektionistin, was Olivia manchmal beunruhigte.
    „Doch, Schätzchen, es ist sehr hübsch. Das hast du gut gemacht.“
    „Nein, hab ich nicht! Ich muss es noch mal machen.“
    Leise seufzend holte Olivia ein neues Blatt Papier. Manchmal war es besser, Auseinandersetzungen zu vermeiden, vor allem wenn es um Kleinigkeiten ging. Ob alle alleinerziehenden Mütter ähnliche Probleme hatten? Ob sie alle zu nachgiebig waren, weil sie Angst hatten, Fehler zu machen? Ob Cammie gelassener sein könnte, wenn sie mit einem Vater aufwuchs? Sofort kam ihr Kieran in den Sinn. Doch sie versuchte, die Gedanken an ihn zu verdrängen. Erst einmal musste Cammie irgendwo sicher und außerhalb seiner Reichweite untergebracht werden.
    Bei der Vorstellung ließ Olivia die Schultern hängen. Wie sehr würde sie ihr Baby vermissen, ihre Lesestunden, die gemeinsamen Backversuche, die abendlichen Spaziergänge in ihrem Viertel … Sie bildeten eben eine ganz normale Familie, auch wenn diese nur aus zwei Personen bestand.
    Nichts wünschte sie sich mehr, als dass Cammie in einer Umgebung aufwuchs, in der sie sich geliebt und geborgen fühlte, etwas, was Olivia selbst als Kind nie gekannt hatte. Sie war überwiegend von Nannys aufgezogen und von Privatlehrern unterrichtet worden. Schon sehr früh hatte sie lernen müssen, dass teure Geschenke ihr die Eltern ersetzen sollten, die nur selten zu Hause waren. Sie war das typische arme reiche Kind gewesen, das mit oft sinnlosem Spielzeug überhäuft wurde und unter großer Einsamkeit litt.
    Glücklicherweise hatte sie diese Phase überwunden. Und seit sie selbst Mutter war, konnte sie sogar akzeptieren, dass sich ihre Eltern für Cammie sehr viel mehr Zeit nahmen als jemals für die eigene Tochter. Großeltern zu sein hatte sie offenbar verändert. Aber immer noch konnten sie nicht begreifen, dass Olivia ein solides einfaches Leben bevorzugte, und sie versuchten daher immer wieder, sie bei jeder Gelegenheit davon abzubringen. Geld sei doch schließlich dazu da, dass man es ausgab!
    Die Geburtstagsparty am Wochenende war ein Beispiel für den Lebensstil gewesen, dem Olivia entkommen wollte. Es konnte für ein Kind nicht gut sein, zu erkennen, dass es alles haben konnte, was es nur wollte. Selbst wenn Olivia mittellos sterben sollte, was nicht sehr wahrscheinlich war, würde Cammie Millionen von ihren Großeltern erben. Geld verdarb den Charakter. Das wusste Olivia aus eigener Erfahrung. Sie hatte lange genug in Hollywood gelebt.
    Endlich lehnte Cammie sich lächelnd zurück. Offenbar war sie jetzt mit ihrem Werk zufrieden. „Schade, dass Lolo keinen Kühlschrank hat. Meine Freundin Aya sagt, dass ihre Nana ihre Bilder immer an den Kühlschrank klebt.“
    Olivia musste lächeln. Selbstverständlich besaß Lolo einen Kühlschrank, mehrere sogar, in ihren verschiedenen Wohnsitzen von Los Angeles über New York bis Paris. Aber wahrscheinlich hatte sie noch nie selbst einen geöffnet, denn dafür hatte sie „ihre Leute“, die ihr alles abnahmen, womit sie sich nicht befassen wollte.
    „Dein Bild gefällt Lolo ganz bestimmt, Cammie. Und Jojo auch.“ Olivias Vater Javier war über diesen Spitznamen nicht gerade glücklich, aber er verzieh seiner Enkelin alles. Denn sie himmelte ihn an, und diese Bewunderung brauchte er so nötig wie das tägliche Brot.
    Cammie sprang auf. „Ich hol mal schnell meinen Rucksack. Sie kommen sicher gleich.“
    „Immer mit der Ruhe, Kind …“ Doch es war zu spät. Cammie rannte bereits die Stufen hinauf, denn sie wollte unbedingt fertig sein und schon an der Tür warten, wenn die Limousine sie abholen kam.

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