Sanft kommt der Tod
fortgeschlichen, ist hierhergekommen und hat die Kannen vertauscht? Die Zeit dafür wäre ziemlich knapp gewesen, aber ausgeschlossen ist es nicht. Und Allika hat Einkäufe gemacht. Hätte also auch heimlich einen Abstecher in die Schule machen können, ohne dass es jemand merkt. An dem Vormittag, als Williams ermordet wurde, wurde sie tatsächlich gesehen. Sie hat ihre Tochter zur Schule gebracht und sich noch kurz hier aufgehalten, bevor sie wieder gegangen ist.«
Wieder führte er ihre Überlegung weiter aus. »Falls sie beschlossen hat, Lehrer zu ermorden, weshalb hätte sie dann in einem Fall eine parallele Linie und im nächsten einen Schnittpunkt bilden sollen?«
»Genau. Ich habe noch andere Gründe, die dafür oder dagegen sprechen, aber dieser eine fällt auch mir besonders auf. Niemand hätte sich etwas dabei gedacht, wenn sie auch an dem Tag, an dem Foster ermordet wurde, in die Schule gekommen wäre. Sie hätte nur einen plausiblen Grund dafür gebraucht.«
Sie kehrte zu Fosters Klassenzimmer zurück. Sah ihn wieder auf dem Boden liegen, in einer großen Pfütze seines eigenen Erbrochenen. »Diese Morde wurden weder aus Leidenschaft noch aus einem Impuls heraus begangen, und sie wurden äußerst clever ausgeführt. Wenn Allika sie begangen hätte, wäre es auf alle Fälle cleverer gewesen, auch am Tag des ersten Mordes offiziell kurz hier im Haus zu sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie es war. Sie ist viel zu emotional, um so was durchzuziehen. Straffo ist beherrscht und zielgerichtet, aber seine Frau ganz sicher nicht. Trotzdem ...«
»... stört dich irgendwas an ihr.«
»Ein paar Dinge kommen mir einfach seltsam vor, aber ich muss erst noch etwas darüber nachdenken, bevor ich darüber sprechen kann. Deshalb zurück zu Foster. Er kommt aus seinem Unterricht zurück in seine Klasse, macht die Tür hinter sich zu, damit er in Ruhe Mittag essen und die nächsten Stunden vorbereiten kann, trinkt den vergifteten Kakao. Wenn sich gleich in den ersten paar Minuten irgendwer um ihn gekümmert hätte, hätte er vielleicht gerettet werden können. Aber der Mörder hat darauf vertraut, dass das nicht passiert.«
Sie betrat den Raum und sah wieder Foster vor sich. Dieses Mal jedoch lebendig, als hätte er getan, was er immer in der Mittagspause tat. »Er setzt sich an seinen Schreibtisch, schreibt eine gut gelaunte, kurze Mail an seine Frau, macht sich an den Test, den er seine Schüler schreiben lassen will, trinkt einen Schluck Kakao und stirbt.«
»Unter fürchterlichen Schmerzen«, murmelte Roarke, da er wusste, was sie sah.
»Unter fürchterlichen Schmerzen«, stimmte Eve ihm zu. »Dann kommen die beiden Mädchen rauf, sehen den Hausmeister, sprechen kurz mit Dawson, zeigen ihm ihre Erlaubnisscheine zum Verlassen ihrer Klasse und betreten den Raum.«
»Ich hätte eine Frage. Weshalb erscheint dieser Dawson nicht auf deinem Radar?«
»Er ist seit fünfundzwanzig Jahren Lehrer, davon seit fünfzehn hier, hätte kein erkennbares Motiv gehabt und ist eher der ... wie soll ich es formulieren? ... der Schild kröten-Typ, wenn du weißt, was ich damit sagen will.«
»Ruhig und beständig.«
»Ja, genau.«
»Auch von der Rektorin ist nicht mehr die Rede, dabei hätte sie nachweislich ein Motiv gehabt.«
»Ja.« Eve raufte sich die Haare und trat wieder in den Flur hinaus. »Vielleicht liege ich total daneben, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie es war. Zwei Morde in ihren geheiligten Hallen, während sie die Oberaufsicht hatte? Das ist für sie der reinste Albtraum, noch schlimmer, als wenn herausgekommen wäre, dass da etwas zwischen ihr und Williams lief. Die Schüler laufen ihr in Scharen davon und ständig kommen unschöne Berichte über die Akademie. Vielleicht hat sie es getan, vielleicht hat sie gedacht, sie könne es so drehen, dass sich der Schaden in Grenzen hält. Aber ich glaube nicht, dass es so war. Trotzdem würde ich sie gern für die Behauptung drankriegen, dass sie von Williams vergewaltigt worden ist. Diese blöde Kuh.«
Sie runzelte die Stirn. »Wo war ich stehen geblieben?«
»Bei den beiden Mädchen, die ins Zimmer kommen.«
»Richtig. Wenn sie fünfzehn Minuten früher raufgekommen wären, hätte Foster eine Chance gehabt. So aber war er bereits tot, als sie ins Zimmer kamen, und sie sind schreiend davongerannt. Dann kommt Dawson angelaufen, sieht, was geschehen ist, und ruft die Schulleiterin. «
»Ein durchaus vorhersehbarer Ablauf der
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