Sanft kommt der Tod
da?«
»Ich kaufe was.«
»Wie? Warum?« Es musste eine Art von Krankheit sein, schloss sie. »Du besitzt doch bereits alles in sechsfacher Ausführung.«
Er sah sie lächelnd an, als ihm der Kassierer seine Tüte gab. »Danke. Und jetzt sieht es so aus, als hätte ich noch mehr. Hast du schon irgendwas herausgefunden?«
»Nein. Der Typ sieht noch im Computer nach. Aber ich denke sowieso, der Täter hat die Kanne bar bezahlt. Er ist ein klar denkender Mensch, der sicher keine unnötigen Spuren hinterlassen hat. Wahrscheinlich ist er einfach in einen dieser Läden gegangen, hat ein paar Dinge gekauft, ein paar Scheine über den Tisch geschoben und ist dann wieder gegangen, ohne dass sich irgendwer an ihn erinnern kann.«
Endlich kam der Geschäftsführer zurück. »Es tut mir furchtbar leid«, entschuldigte er sich. »Ich habe nichts gefunden. Aber ich kann gerne unsere Angestellten fragen, ob sich einer von ihnen an so einen Verkauf erinnern kann.«
»Ja, super. Danke. Falls Sie etwas rausfinden, rufen Sie mich bitte an.« Sie zog eine Karte aus der Tasche und drückte sie ihm in die Hand.
»Auch diesen Laden können wir abhaken«, sagte sie zu Roarke, als sie wieder auf der Straße standen. »Aber ich musste einfach mein Glück versuchen.«
»Hier.« Er zog ein Paar Handschuhe aus seiner Tüte. »Als Ersatz für die, die du verloren hast.«
»Ich habe die Handschuhe nicht verloren. Ich habe sie einfach verlegt.«
»Natürlich. Die hier kannst du anziehen. Und diese hier«, er klopfte auf die Tüte, »kannst du in deinen Wagen legen, um die, die du anhast, zu ersetzen, wenn du sie verlierst.«
»Und wenn ich auch die verliere?«
»Dann bist du wieder so weit, wie du eben warst. Und jetzt, sollen wir was essen gehen oder weiterarbeiten?«
»Wir könnten doch essen, während wir arbeiten.«
»Was uns beiden am liebsten ist. Ich fahre.« Er legte einen Arm um ihre Schultern, und sie liefen auf ihren Wagen zu.
Sie suchte das Lokal und er das Essen aus. Dabei hätte sie wissen müssen, dass er sich für Fisch entscheiden würde. Vielleicht lag es einfach daran, dass er auf einer Insel auf die Welt gekommen war, aber wahrscheinlich hatte er ihn eher gewählt, weil er gut für sie war.
Er schmeckte überraschend gut, genau wie der hervorragend gewürzte Reis, in dem man die Stücke frischen Gemüses beinahe nicht sah, und das Glas erfrischenden Weißweins, das sie, um das Ganze herunterzuspülen, von ihrem Liebsten in die Hand gedrückt bekam.
Sie erzählte ihm von der Durchsuchung des Penthouses der Straffos, denn sie wollte wissen, was für einen Eindruck er von der Familie hatte und wie er die ganze Sache sah. Sie berichtete ihm alles, was sie wusste, was sie gehört oder gesehen hatte, was ihr aufgefallen war. Nur die zunehmende Gewissheit, wer der Täter war, behielt sie auch weiterhin für sich.
»Traurig«, meinte er.
»Was?«
»Wer. Straffos Frau. Sie kommt mir traurig vor. Führt neben ihrem eigenen Terminkalender auch die der beiden anderen, damit sie immer weiß, wo alle sind und was sie tun. Und weil ihre eigene Planung nicht mit den Plänen der anderen in Konflikt geraten soll. Dann ist da noch die Gedenkschachtel.«
»Ich dachte, dass es Erinnerungsschachtel heißt.«
»Sie ist beides, oder nicht? Sie ist das, was die Erinnerung an ihren toten Sohn bewahrt, und das, womit sie seiner gedenkt. Und zwar sie ganz alleine. Was entsetzlich traurig ist. Der Tod eines Kindes muss für eine Mutter einfach schrecklich sein. Dann hast du gesagt, sie hätte ein paar Medikamente zwischen ihren Dessous versteckt. Weil sie offenbar nicht will, dass ihr Mann erfährt, dass sie die Sachen nimmt. Weil sie ihn nicht - was? - aufregen, enttäuschen oder ängstigen will? Deshalb behält sie ihre kleinen Geheimnisse für sich.«
»Ja«, stimmte Eve ihm zu. »Sie hat Geheimnisse.«
»Und du glaubst, dass sie mit den beiden Morden in Verbindung stehen? Inwiefern?«
»Sie will, dass alles so bleibt, wie es ist.« Da es ihr immer half, Dinge und Personen zu visualisieren, rief sie Allikas Foto auf dem Wandbildschirm des Arbeitszimmers auf. »Die Sache mit Williams hatte sie beendet. Sicher, sie hat ihren Mann betrogen.« Jetzt rief sie auch ein Bild des Ehemannes auf. »Aber vor allem hat sie sich dadurch selber aus dem Gleichgewicht gebracht. Das hat ihr Angst gemacht. Sie musste die Dinge wieder ins Lot bringen. Wobei ich glaube, dass sie das nicht wirklich sind. Zumindest nicht in ihrem Inneren. Sie tut nur
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