Sanft wie der Abendwind
Bibliothek geredet?“
„Über meine Mutter, die erste Mrs. Preston.“ Sie schob seine Hand weg. „Anders gesagt, über etwas, das dich nichts angeht.“
„Solange du Gast der jetzigen Mrs. Preston bist, geht es mich durchaus etwas an! Falls du andeuten willst, sie hätte deine Mutter hier verdrängt, irrst du dich. Und ich dulde solche Unterstellungen nicht!“
„Wenn deine Mutter auch nur andeutungsweise so unhöflich wäre wie du, würde ich im Hotel wohnen. Sie ist jedoch eine absolut bezaubernde Gastgeberin, und ich würde sie um nichts in der Welt kränken. Deswegen sage ich ihr ja auch nicht, was ich von ihrem Sohn halte.“
Lily sah wütend aus – und hinreißend. Plötzlich fragte er sich, ob ihre Lippen so weich waren, wie sie aussahen. Und wie würde sie reagieren, wenn er sich unvermittelt vorneigte und sie einfach küsste?
Bevor er etwas Unüberlegtes tun konnte, kam Cynthia zu ihnen. „Was habt ihr beide zu flüstern?“
„Ich habe das Haus gelobt“, antwortete Lily. „Du hast wirklich einen exquisiten Geschmack, Cynthia. Lebst du schon immer in Stentonbridge?“
„Nein, erst seit meiner Heirat mit Hugo. Davor wohnte ich in Hamilton in einem Apartment, das durchaus nett war, aber kein Vergleich mit diesem Besitz.“
„Er ist wirklich prächtig“, bestätigte Lily und lächelte.
Sebastian meinte, die Rechenmaschine in ihrem Kopf klicken zu hören. Und dabei blickte Lily so unschuldig mit ihren großen braunen Augen in die Welt!
„Nach dem Essen führe ich dich gern herum“, bot seine Mutter an. „Hugo ist hier aufgewachsen, trotzdem hat er mir bei der Einrichtung völlig freie Hand gelassen, und ich bin ziemlich stolz auf das Resultat meiner Bemühungen.“
„Es ist also ein alter Familiensitz?“
„Ja.“ Cynthia achtete nicht auf den warnenden Blick, den er ihr zuwarf. „Hugos Ururgroßvater hat es 1848 bauen lassen, und seitdem sind alle nachfolgenden Generationen von Prestons hier geboren.“
Nachdenklich trank Lily einen Schluck Champagner. „Eigenartig, daran zu denken, dass sie auch meine Vorfahren waren und ich von ihnen bis vor Kurzem gar nichts gewusst habe.“
„Dein Vater erzählt dir gern alles über sie, was er weiß, aber das muss warten. Das Essen wird gleich serviert. Sebastian, führst du Lily bitte zu Tisch?“
Was blieb ihm anderes übrig? Er hakte Lily unter und ging mit ihr ins Haus. Ihr Parfüm duftete zart nach Blumen, und ihr Dekolleté war wirklich sehenswert. Rasch blickte er weg, als Hitze ihn durchflutete.
Er misstraute Lily nach wie vor, doch je öfter er sie sah, desto begehrenswerter fand er sie.
Es gab eine unfehlbare Methode, dem ein Ende zu machen. Morgen würde er als Erstes einige Anrufe tätigen und Nachforschungen über Lily in die Wege leiten. Hugo hatte ihm diesen Schritt ausdrücklich untersagt, aber das war ihm jetzt egal. Falls sich sein Verdacht bestätigte und sie nicht die war, die zu sein sie vorgab, konnte er verhindern, dass sie Unheil anrichtete.
„Lily sitzt neben ihrem Vater, Natalie links von dir, Sebastian“, bestimmte seine Mutter und setzte sich auf ihren angestammten Platz am Tisch.
Wenigstens bleibt mir erspart, neben Lily zu sitzen, dachte Sebastian erleichtert und rückte ihr den Stuhl zurecht, bevor er ihr gegenüber Platz nahm. Während des Essens sah er jedoch immer wieder zu ihr, obwohl er es eigentlich gar nicht wollte. Wenn sie trank, wirkten ihre Lippen so verlockend, dass er den Blick nicht abwenden konnte.
„Was sagst du dazu, Sebastian?“
„Wie bitte?“ Er hatte keine Ahnung, was seine Mutter wissen wollte.
„Hallo, hallo! Aufwachen!“, rief Natalie. „Wir reden über Dads Geburtstag, und deine Entscheidung ist ausschlaggebend. Was soll es also sein?“
Geschickt zog er sich aus der Affäre. „Ich stimme für Hugos Vorschlag.“
„Dann ist das ja geregelt.“ Cynthia sah erfreut aus. „Samstag in einer Woche geben wir hier die Party zur Feier des Geburtstags und als Willkommensfest für Lily, und den Ausflug zum Ferienhaus am See machen wir erst später. Gleich morgen benachrichtige ich den Partyservice.“
„Ich würde mich gern um den Blumenschmuck kümmern“, bot Lily an. „Falls du nichts dagegen hast, wenn ich den Garten plündere.“
„Überhaupt nichts“, versicherte Hugo ihr. „Nimm dir, was du möchtest, auch Blumen aus dem Gewächshaus.“
„Wir müssen noch einen Tischherrn für Lily einladen“, überlegte Cynthia laut. „Ich würde ja dich bitten,
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