Sanfte Selbstbehauptung
Zeuge dieser altertümlichen Verhaltensweise.
Die Frau beugte sich bei offener Bürotür übers Telefon und tippte auf einer umfangreichen Tastatur herum. Er, der starke Mann und künftige Retter in der Not, kam in den Raum und sah ihr stirnrunzelnd zu. Als sie ihn bemerkte, wurde ihr Gesicht leicht weinerlich.
Sie jammerte: »Ich bin einfach zu blöd für diese neue Telefonanlage. Tausend Mal hab ich schon versucht, das Gespräch durchzustellen. Aber das Telefon will nicht mitspielen. Ich dreh gleich durch!« Schmollend schlug sie mit der Hand auf das Gerät. Der Mann half ihr, ohne zu zögern. Er befreite die arme Frau aus den Klauen dieser bösen Telefonanlage.
Mit der Art, wie Sie über sich selbst
reden, zeigen Sie Ihren Mitmenschen,
wie man Sie behandeln darf.
»Na, na, nicht gleich durchdrehen«, sagte er zu ihr, nahm den Hörer ab und drückte zwei Knöpfe. »So geht das.« Er zeigte auf die entsprechenden Knöpfe.
Sie sprach jetzt mit einer lieblichen Stimme: »Ach, wie toll. Das schreibe ich mir gleich auf, damit ich das in meinen Kopf reinkriege.«
Er schmunzelte und sagte beim Weggehen: »Drehen Sie ein paar von Ihren Locken auf, dann geht mehr in Ihren Kopf rein.«
Sie lachte über seinen Spruch und flötete ihm hinterher: »Irgendwann kann ich sicherlich allein telefonieren.«
»Ach, wie schade!«, rief er ihr zu.
Als ich diese Szene sah, drehte ich mich um und suchte nach der versteckten Kamera. Das ist bestimmt eine Jux-Show, inszeniert fürs Fernsehen. Und gleich springen drei Moderatoren aus ihrem Versteck und rufen im Chor »Reingefallen!«.
Aber alles blieb ruhig. Die Frau telefonierte, der Mann ging weiter den Flur entlang.
O Schreck, das war Realität!
Ich dachte an meinen Beruf. Vielleicht werde ich diese Frau eines Tages in einem meiner Selbstbehauptungstrainings wiedersehen. Und dort wird sie sich möglicherweise darüber beschweren, dass ihre (männlichen) Kollegen sich manchmal über sie lustig machen. Und dass sie beruflich nicht weiterkommt, weil man ihr in der Firma keine anspruchsvollen Aufgaben anvertraut. Imageprobleme – selbst gemacht.
Mit Ihren Äußerungen zeigen Sie immer auch, wie Sie behandelt werden wollen. Mit Sätzen wie »Irgendwie bin ich zu blöd, um das hinzubekommen« bewerten Sie sich selbst negativ. Sie machen sich schlecht. Und damit basteln Sie sich immer auch Ihr eigenes Image.
Reden Sie nicht schlecht von
sich selbst, wenn Sie andere um
Hilfe bitten.
Es ist vollkommen in Ordnung, andere Menschen wissen zu lassen, was Sie im Moment nicht können. Vielleicht kommen Sie gerade nicht ins Internet, können die Zündkerzen im Auto nicht auswechseln oder schaffen es nicht, den Kleiderschrank allein in den Keller zu tragen. Aber deshalb sind Sie nicht blöd, dumm, schwach oder begriffsstutzig. (Wie Sie aus der inneren Selbsterniedrigung herauskommen, steht im 5. Kapitel.)
Hier einige Tipps, wie Sie um Hilfe bitten können, ohne sich dabei klein zu machen.
So bitten Sie selbstsicher um Hilfe
• Gehen Sie in Ihre königliche Muthaltung.
• Erlauben Sie sich, etwas nicht zu können oder mit etwas nicht allein zurechtzukommen. Deswegen müssen Sie sich nicht schämen und sich auch nicht schlecht fühlen.
• Wenn Sie jemanden um Hilfe bitten, beschreiben Sie nur die nüchternen Tatsachen und fügen Sie mit einem kurzen Satz Ihre Bitte hinzu. Etwa so: »Ich komme mit dem neuen Telefon nicht zurecht. Könnten Sie mir bitte helfen?« »Ich komme hier nicht weiter. Kannst du dir das bitte anschauen und mir einen Tipp geben?« »Ich kann das nicht alleine tragen. Packst du bitte mit an.«
• Anschließend bedanken Sie sich bei Ihrem Gegenüber für die Hilfe.
Das ist Kommunikation auf gleicher Augenhöhe. Erwachsen, ohne sich zu erniedrigen und ohne den anderen zu manipulieren. Damit bleiben Sie in Ihrer Würde, auch wenn Sie sich hilflos fühlen oder nicht weiterwissen.
So entgehen Sie dem vierten Stolperstein: Sprechen Sie eine klare Bitte aus statt nur mit dem Zaunpfahl zu winken
Wollen Sie wissen, woraus die meisten Missverständnisse gemacht sind? Die meisten Missverständnisse entstehen aus zarten Andeutungen. Machen Sie eine Andeutung und Sie riskieren, dass Sie falsch verstanden werden.
Nehmen wir einmal an, Sie stehen im Büro vor dem Fotokopierer und der tut nicht das, was Sie wollen. Aber zum Glück kommt Ihr Kollege gerade vorbei und der kennt sich mit diesem Gerät aus. Stellen Sie sich vor, Sie würden diesen Satz zu
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