Sanfter Mond - Hawthorne, R: Sanfter Mond - Dark Guardian - 02 Full Moon
gehören, aber er ist noch immer dein Körper. Es ist sonderbar und dennoch vertraut. Und all das wegen des Vollmonds.«
»So ist es nun mal«, sagte ich und spülte den trockenen Keks mit einem Schluck Wasser herunter. Wahrscheinlich war es leichter für mich, diese Dinge zu akzeptieren, weil ich damit groß geworden war.
»Was ist, wenn man den falschen Jungen auswählt?«, fragte sie leise.
»Ich weiß es nicht. Ich kenne Connor schon ewig. Ich habe Rafe erst vor Kurzem auf diese Weise wahrgenommen. Was ist, wenn all meine Zweifel nur daher rühren, dass er für mich tabu ist? Woher wusstest du, dass Lucas der Richtige ist?«
»Ich wusste es einfach. Das hilft dir wohl nicht viel weiter, was?«
»Kein bisschen.«
Als ich Schritte hörte, drehte ich mich um und sah Connor im Eingang stehen. »Es dämmert schon.Wir müssen los, solange du noch genug Kraft hast.«
»Ich bin so weit«, sagte ich.
Er kam herbei, um mir aufzuhelfen. »Alles wird gut, Lindsey.«
Ich hielt zur Bestätigung den Daumen hoch. Körperlich würde es mir vielleicht bald wieder gut gehen. Aber in meinem Herzen tobte noch immer eine Schlacht, und ich wusste nicht, wie sie enden würden.
16
I ch machte die Augen auf und zu. Und immer, wenn ich sie öffnete, hatte ich ein neues Bild vor mir.
Augen auf: vorbeirauschender Wald.
Augen zu: Connor und ich beim Sandburgen bauen.
Augen auf: Connors Rücken.
Augen zu: Connor und ich zum ersten Mal auf Skiern.
Augen auf: Rafes besorgtes Gesicht.
Augen zu: Connor, wie er die Schuld auf sich nimmt, als ich die Lieblingsvase meiner Mutter zerbrochen habe.
Augen auf: Kayla, die mir die Wasserflasche an die Lippen hält.
Augen zu: Connor, wie er meine Hand hält, als meine Großmutter gestorben ist.
Augen auf: Lucas, der mir befiehlt zu kämpfen.
Augen zu: Connor, wie er mir den ersten Kuss gibt.
Augen auf: Dr. Rayborn, der mir in die Augen leuchtet.
Augen zu: Connor und ich beim Knutschen im Kino.
Augen auf: Grelles Licht, ein harter Tisch, Menschen, die auf mich herabstarren.
Augen zu: Connor und ich auf dem Abschlussball.
Augen auf: Meine Mutter, die mir weinend übers Haar streicht.
Augen zu: Connor, der mich zu seiner Gefährtin erklärt.
Augen auf: Mein starker Dad mit Tränen in den Augen.
Augen zu: Connor und ich unter dem Vollmond.
Augen auf: Connor, der neben mir in einem Bett liegt.
Diesmal blieben meine Augen offen. Ich blinzelte ihn an und erinnerte mich vage daran, dass ich von einer Kugel getroffen wurde. »Bist du wirklich da?«
Er lächelte mich an. »Ja.«
»Wo sind wir?« Meine Stimme klang, als käme sie aus einem anderen Zimmer oder aus einer anderen Dimension, als würde sie gar nicht zu mir gehören.
»Wolford. Medizinische Station.«
Ich verzog das Gesicht. »Aber warum bist du hier? Du musst dich doch nur verwandeln und deine Wunden heilen lassen.«
»Habe ich gemacht.« Er hielt den Arm hoch, indem eine Kanüle mit einem Schlauch steckte. »Das ist für dich. Du hast zu viel Blut verloren.«
»Du spendest Blut für mich?«
»Ja, wir haben dieselbe Blutgruppe.«
Mir war, als hätte ich danke gesagt, bevor ich ins friedliche Reich des Vergessens abdriftete.Vorher konnte ich noch hören, wie Connor sagte: »Gern geschehen.«
Als ich wieder wach wurde, saß meine Mutter an meinem Bett. Sie steckte mir einen Strohhalm zwischen die Lippen und befahl mir zu trinken. Es war das beste Wasser, das ich je geschmeckt hatte.
»Ich bin müde«, murmelte ich und fragte mich, wie ich müde sein konnte, obwohl ich ständig schlief.
»Du hast eine Menge durchgemacht. In ein, zwei Tagen
bist du wieder auf den Beinen.« Sie strich mir das Haar aus der Stirn. »Connor hat dir das Leben gerettet.«
Ich runzelte die Stirn. »Wirklich? Ich dachte, es wäre vielleicht der Doktor gewesen.«
»Connor hat die anderen auf dem Weg hierher keine Pause machen lassen. Er hat dir sein Blut gespendet und sieht mehrmals am Tag nach dir.«
»Bist du seine Fürsprecherin?«, fragte ich.
Sie schnaubte ungeduldig. Ich schloss die Augen und schlief wieder ein.
Mom hatte Recht. Meine Kräfte kehrten zurück. Am Spätnachmittag des darauffolgenden Tages war ich schon wieder unternehmungslustig.
»Ich fühle mich wirklich stark genug, um wieder aufzustehen«, ließ ich meine Mom wissen. Ständig schob ich die Decke herunter, und sie zog sie wieder hoch. Es war nervig, sie um mich herum zu haben.
»Ich denke, ein weiterer Tag Bettruhe würde dir guttun.«
»Mom.« Ich verdrehte
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