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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Bach
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gegeben, die er niemals vergessen konnte. «
    Inzwischen waren Kaffee, kaltes Fleisch und Gemüse aufgetragen worden, und Tarut Singhs Begleiter bedienten sich hungrig. Er selbst nahm keinen Bissen zu sich.
    » Haben Sie eine Ahnung, wie das alles miteinander zusammenhängen könnte, Frau Johanssen? «
    Sie dachte an das Bild ihrer Mutter, das in einer Kommodenschublade in Daressalam lag. An den alten Zeitungsausschnitt. Kamal Singh hatte ihr diese Dokumente über seinen Notar zukommen lassen. Welches Geheimnis auch immer dahintersteckte– es war nicht für seinen Sohn bestimmt.
    » Es tut mir sehr leid, aber ich kann mir keinen Reim darauf machen. «
    Er nahm ihre Antwort mit unbewegtem Gesichtsausdruck zur Kenntnis; wahrscheinlich glaubte er ihr nicht, hielt es aber für sinnlos, weiter nachzufragen. Es hätte ihm ohnehin nicht geholfen, über eine unglückliche Leidenschaft und den Diebstahl eines gerahmten Frauenbildes zu spekulieren. Kamal Singh hatte seine Lebensbahn beendet, sein Körper ruhte auf ewig auf dem Meeresgrund. » Dann danke ich Ihnen von ganzem Herzen, Frau Johanssen « , schloss Tarut Singh ihr Gespräch ab. » Seien Sie versichert, dass ich die Freundschaft, die mein Vater für Sie empfand, weitertragen werde… «
    Floskeln, die nichts zu bedeuten hatten. Kamal Singh lebte nicht mehr, dieser junge Mann würde vielleicht sein Nachfolger werden, vielleicht aber auch nicht. Es gab noch andere Anwärter, da war sie ganz sicher.
    Es war gleich neun, wenn sie ohne zu trödeln aufbrachen, konnten sie den Zug nach Mombo noch erreichen. Sie warf Martha Mukea einen fragenden Blick zu, und die schwarze Angestellte deutete mit dem Finger nach oben. Aha– Elisabeth war noch bei Klara, der Abschied von der Tante und dem kleinen Sammi fiel dem Mädchen schwer. Simba lag auf dem Hof, schnappte hin und wieder nach einer Fliege und äugte immer wieder unruhig zu seinem Frauchen hinüber. Er spürte die Aufbruchsstimmung und wollte auf keinen Fall zurückbleiben.
    » Auch ich werde mich Ihnen immer freundschaftlich verbunden fühlen… « , erwiderte Charlotte. » Bitte bleiben Sie auf meinem Besitz, solange es Ihnen beliebt– mich aber wollen Sie jetzt entschuldigen… «
    Tarut Singh erhob sich, und fast im gleichen Moment standen auch seine beiden Begleiter von ihren Stühlen auf. Er hatte seine Dienerschaft gut erzogen.
    » Ich wünsche Ihnen eine gute Reise, Frau Johanssen. Was die Möbel anbelangt– sie stehen bei einem unserer Geschäftsfreunde in Daressalam zu Ihrer Verfügung. Wir hatten sie zu Ihrem Haus liefern lassen, doch es war niemand dort, um die Sachen in Empfang zu nehmen. Man sagte uns, Ihr Mann sei vor wenigen Tagen zu einer Expedition ins Zentralbahngebiet aufgebrochen, um die Eingeborenen dort gegen die Pocken zu impfen… «
    » Das… das muss ein Irrtum sein. «
    Der junge Inder begriff, dass er offenbar etwas Unpassendes gesagt hatte, doch anders als sein Vater, der jetzt eine kluge Wendung gefunden hätte, um die Wogen wieder zu glätten, blieb er bei der Wahrheit.
    » Merkwürdig– es war die Sewa-Hadschi-Klinik, die uns diese Auskunft gab. «
    Charlotte entschloss sich, mit Schammi hinunter nach Wilhelmsthal zur Poststation zu reiten. Es musste sich einfach um eine Verwechslung handeln, vielleicht hatten sie die Pockenimpfung im Norden Usambaras gemeint, die sie mit George gemeinsam durchgeführt hatte. Aber dazu waren sie Ende Januar aufgebrochen, und jetzt war schon Anfang Juni. Und doch konnte es nicht stimmen– George hätte ihr doch gewiss eine Nachricht zukommen lassen, falls er vorgehabt hätte, zu einer solchen Reise aufzubrechen.
    Knapp zwei Stunden später trafen sie in Wilhelmsthal ein und warteten dann eine halbe Stunde auf einer Bank vor der Poststation, bis die Verbindung zur Sewa-Hadschi-Klinik endlich stand.
    » Frau Johanssen? Hier spricht Dr. Kalil. Was kann ich für Sie tun? «
    Es rauschte in der Leitung, doch sie konnte vernehmen, dass im Hintergrund gesprochen wurde. Er war nicht allein in dem kleinen Büroraum.
    » Ich… ich würde gern meinen Mann sprechen… «
    Schweigen. Rauschen. Es knisterte, als streife jemand durch trockenes Unterholz. Dann hörte sie, dass Dr. Kalil sich räusperte. Ihr Herzschlag setzte für einen Moment aus.
    » Das… das ist leider nicht möglich, Frau Johanssen. Soweit mir bekannt ist, hat er Ihnen doch ein Telegramm geschickt… «
    » Ein Telegramm? Oh, das muss irgendwie verloren gegangen sein. Ich habe jedenfalls keines

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