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Sankya

Sankya

Titel: Sankya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zakhar Prilepin
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ihm einen Bund mit drei Schlüsseln zu. »Dort ist eine Uniform, an der Koppel hängen Handschellen. Fessle meinen Brüdern auch die Beine, sonst hüpfen sie noch davon.«
    Oleg schloss die leere Waffenkammer und rief abermals bei der Wache an, teilte beschwingt mit, es sei alles in Ordnung: »Madrid, 972, ich übergebe an die Wache.« Saschas »Sojusniki« blieben eine Minute lang im Korridor stehen, auch sie schauten sich die Waffen an. Einer steckte sich eine Zigarette an, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
    »Jungs!«, sagte Sascha, und schaute in die offenen Gesichter seiner Freunde. »Jungs. Heute wird es in Russland eine Revolution geben. Unsere Brüder im ganzen Land werden am heutigen Morgen in jeder Stadt gerechtes Chaos anzetteln. Und wir werden das hier tun. Das ist alles, ans Werk.«
    »Und Moskau ist auch dabei?«, fragte der Fernfahrer.
    »Moskau auch«, sagte Sascha.
    »Such dir eine passende Uniform aus«, rief Oleg fröhlich und warf aus den Umkleideräumen Garnituren knisternder und streng riechender Tarnanzüge für den Winter, Einsatzwesten und kugelsichere Jacken heraus.
    »Kugelsichere Westen – je nach Bedarf«, schrie Oleg, der alles bis auf die Unterhose von sich geworfen hatte und sich flink anzog – »ich selber brauch keine. Ich hab nicht vor, ewig zu leben. Los, los, Männer, die Zeit drängt. Wenja, hast du meine Brüder gefesselt? Gutes Kerlchen …«
    Oleg war als Erster angezogen – im Nu verwandelte er sich in ein getarntes Tier, fletschte zufrieden die Zähne, und sprach sein Gewohntes: »Böse ist der Böse, ich aber bin böser als drei Böse … Zum Teufel, wie lang hab ich darauf gewartet!« Er riss an der Verriegelung der Maschinenpistole, warf die Kalaschnikow über die Schulter, steckte eine Makarow ins Halfter, eine KEDR klemmte er geschickt in die Einsatzweste, steckte noch eine Granate ein und sprang auf der Stelle. Fertig, bereit.
    Die Jungs, die nicht in der Armee gedient hatten, kamen – ungeübt – mit der Uniform nicht zurecht; sie schauten die Einsatzwesten an, hielten sie vor sich hin, verwundert wie Wilde.
    Auf dem Boden lag die Zivilbekleidung der »Sojusniki« herum – jämmerliche Hemden, ungewaschene Hosen, ausgelatschte Schuhe, Jacken mit löchrigem Futter.
    »Wie ist’s, ihr Teufel? Habt ihr eure schaurigen Felle abgeworfen? Und eine Einsatzweste habt ihr wohl auch noch nie gesehen?«, bemühte sich Oleg eifrig. »Ach, ihr Käuze, ihr könnt nur BHs aufmachen … Komm, ich helfe!«
    »Oleg!«, rief Sascha, der mit der Uniform rasch fertig wurde. »Im Funk wird irgendeine ›Basis‹ verlangt.«
    »Ach, das ist unsere nächtliche Patrouille«, sagte Oleg. »Was, verdammt nochmal, wollen die denn schon so früh?«
    Die Sondereinheit hatte eine Nachtpatrouille, vier Mann in einer winzigen Karre – Oleg hatte geplant, sie herzurufen und zu entwaffnen, aber erst später … Das hatte er mit Sascha vereinbart, so wollten sie es machen …
    Oleg ging in den Bereitschaftsraum, nahm das Funkgerät, wartete, kaute an seinen dünnen Lippen, bis noch einmal die »Basis« aufgerufen wurde.
    »Basis auf Empfang«, antwortete er dumpf.
    »Was schweigt ihr denn?«
    Oleg drehte das Funkgerät vor dem Gesicht herum, überlegte, und fragte ruhig: »Was ist gewünscht?«
    »Mach die Tür auf, unser Ofen ist kaputt. Uns ist kalt. Wer spricht denn überhaupt? Goscha?«
    Oleg warf das Funkgerät auf den Tisch, stürmte in den Gang hinaus, überschaute alles mit einem raschen Blick – die am Boden verstreuten Waffen und Uniformen, vier »Sojusniki«, noch halbnackt, weißhäutig und mager, in Hosen mit offenem Riemen, in schlampig gebundenen Stiefeln … er drehte sich und schlug mit seiner schweren Pranke auf den Lichtschalter. Im ganzen Korridor ging das Licht aus.
    »Drei auf diese Seite des Ausgangs, drei zur anderen«, befahl er unmissverständlich. »Sobald sie reinkommen, schmeißen wir sie auf den Boden. Schreit sie so laut es geht an. Geschossen wird nicht. Sascha, Wenja, ihr könnt mit dem Kolben arbeiten, und ordentlich.«
    Er eilte durch den dunklen, schmalen Gang zur Tür, um aufzumachen. Wenn sie durch diesen Gang ging, musste die Patrouille direkt in die Kolben der »Sojusniki« laufen.
    Saschka, der links neben dem Ausgang stand, sah Wenjas Silhouette, der sich gegenüber versteckte. Er blickte Oleg nach, und obwohl kaum etwas zu sehen war, verstand er, dass jener durch das Gucklock schaute.
    »Wieso schlaft ihr dort, ihr Schweinebäuche!«,

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