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Saphirblau

Saphirblau

Titel: Saphirblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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eingelesen waren und der Kreis sich schloss? Das schien keiner so genau zu wissen. Überhaupt benahmen sich die Wächter wie die reinsten Lemminge, wenn die Rede auf den Grafen kam. Blinde Verehrung war nichts dagegen!
    Mir dagegen schnürte es bei dem Gedanken an Saint Germain buchstäblich den Hals zu, denn meine einzige Begegnung mit ihm in der Vergangenheit war alles andere als angenehm gewesen.
    Vor mir schnaufte Mr George die Eingangsstufen hinauf. Seine kleine kugelige Figur strahlte wie immer etwas Tröstliches aus. Jedenfalls war er so ziemlich der Einzige von dem ganzen Verein, dem ich ein bisschen vertraute. Abgesehen von Gideon - obwohl, nein, Vertrauen konnte man das nicht nennen.
    Das Gebäude der Loge unterschied sich äußerlich nicht von den anderen Häusern in den engen Gassen rund um die Temple-Church, in denen sich überwiegend Anwaltsbüros und Räumlichkeiten von Dozenten des Rechtswissenschaftlichen Instituts befanden. Ich wusste aber, dass das Quartier viel größer und deutlich weniger bescheiden war, als es von außen wirkte, und dass es sich vor allem unter der Erde über eine riesige Fläche erstreckte.
    Kurz vor der Tür hielt mich Gideon zurück und zischte mir leise zu: »Ich habe gesagt, du wärst vollkommen verängstigt, also guck ein bisschen verstört, wenn du heute früh nach Hause willst.«
    »Ich dachte, das mache ich schon die ganze Zeit«, murmelte ich.
    »Sie warten im Drachensaal auf euch«, keuchte Mr George oben im Hausflur. »Ihr solltet schon mal vorgehen, ich werde Mrs Jenkins noch schnell damit beauftragen, euch etwas zu essen zu bringen. Ihr müsst ziemlich hungrig sein. Irgendwelche besonderen Wünsche?«
    Ehe ich meine Wünsche äußern konnte, hatte Gideon schon meinen Arm gefasst und mich weitergezogen. »Möglichst viel von allem!«, rief ich Mr George noch über meine Schulter hinweg zu, bevor Gideon mich durch eine Tür in einen weiteren Gang zerrte. Ich hatte Mühe, mit meinem langen Rock nicht ins Stolpern zu geraten.
    Der Wasserspeier hüpfte leichtfüßig neben uns her. »Ich finde, dein Knutschfreund hat keine besonders guten Manieren«, sagte er. »So zerrt man normalerweise eine Ziege zum Markt.«
    »Jetzt hetz nicht so«, sagte ich zu Gideon.
    »Je früher wir das hinter uns bringen, desto eher kannst du nach Hause.« War das nun Fürsorglichkeit in seiner Stimme oder wollte er mich einfach loswerden?
    »Ja, aber . . . vielleicht wäre ich auch gern dabei, hast du mal daran gedacht? Ich habe auch eine Menge Fragen und ich habe es satt, dass mir niemand Antworten darauf gibt.«
    Gideon verlangsamte seine Schritte ein wenig. »Heute würde dir ohnehin niemand mehr Antworten geben - heute wollen sie nur wissen, wie es sein kann, dass Lucy und Paul uns abpassen konnten. Und leider bist du da immer noch unsere Hauptverdächtige.«
    Das
unsere
gab mir einen Stich ins Herz, was mich gleich darauf ziemlich wurmte.
    »Ich bin die Einzige, die von alldem überhaupt nichts weiß!«
    Gideon seufzte. »Ich habe es dir doch schon mal versucht zu erklären. Jetzt bist du möglicherweise vollkommen unwissend und . . . unschuldig, aber niemand weiß, was du in der Zukunft tun wirst. Vergiss nicht, auch dann kannst du in die Vergangenheit reisen und so könntest du Lucy und Paul von unserem Besuch berichten.« Er brach ab. »Äh - du würdest berichten können.«
    Ich rollte mit den Augen. »Du doch genauso! Und überhaupt - wieso muss es ausgerechnet einer von uns sein? Könnte Margret Tilney nicht sich selber eine Botschaft in der Vergangenheit hinterlassen haben? Oder die Wächter? Sie könnten einem der Zeitreisenden einen Brief mitgeben, aus jeder Zeit in jede Zeit. . .«
    »Hä?«, machte der Wasserspeier, der nun über uns flog. »Kann mir mal einer erklären, wovon ihr redet? Ich verstehe nur Bahnhof.«
    »Sicher gibt es ein paar Erklärungsmöglichkeiten«, sagte Gideon und wurde noch langsamer. »Aber ich hatte heute den Eindruck, dass Lucy und Paul dich irgendwie - sagen wir mal
beeindruckt
haben.« Er blieb stehen, ließ meinen Arm los und sah mich ernst an. »Du hättest mit ihnen geredet, du hättest ihre Lügengeschichten angehört, vielleicht hättest du ihnen sogar freiwillig dein Blut für den gestohlenen Chronografen gegeben, wenn ich nicht dabei gewesen wäre.«
    »Nein, das hätte ich nicht«, widersprach ich. »Aber ich hätte wirklich gern gehört, was sie uns sagen wollten. Sie haben auf mich keinen bösen Eindruck gemacht.«
    Gideon nickte.

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