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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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seine Frau nicht gerade begeistert war, eine Fünfzehnjährige in ihre Familie aufzunehmen, und ich muß ehrlich sagen, ich kann es ihr nicht verdenken. Außerdem hatte ich es gerade geschafft, bei den High-School-Cheerleaders aufgenommen zu werden. Das kommt mir heute wie Hühnerkacke Royal vor, aber damals war es eine tolle Sache.«

    Natürlich war es eine tolle Sache gewesen, besonders für das Kind von Alkoholikern. Das einzige, das noch zu Hause lebte. Das letzte Kind zu sein und zu sehen, wie die Krankheit wirklich ihre Spuren hinterläßt, kann einer der einsamsten Jobs der Welt sein. Der letzte, der die heilige Fuselmühle verläßt, möge bitte das Licht ausmachen.
    »Schließlich wohnte ich bei meiner Tante Florence zwei Meilen die Straße hinunter. Wir brauchten etwa drei Wochen, um festzustellen, daß wir uns nicht besonders gut leiden konnten, aber wir haben uns beide zwei Jahre zusammengerissen. Nach meinem Grundstudium bekam ich einen Ferienjob bei Warrington’s und lernte Lance kennen. Als er mich fragte, ob ich ihn heiraten wollte, verweigerte Tante Flo ihre Zustimmung. Als ich ihr sagte, daß ich schwanger war, wies sie mich aus dem Haus, und ich brauchte sie nicht mehr.«
    »Sie haben die Schule geschmissen?«
    Sie verzog das Gesicht und nickte. »Ich wollte nicht, daß mich die Leute sechs Monate wie einen Ballon zunehmen sahen. Lance unterstützte mich. Er sagte, ich könnte die Ersatzprüfung ablegen. Hab’ ich letztes Jahr gemacht. War ganz leicht. Und jetzt sind Ki und ich auf uns allein gestellt. Selbst wenn meine Tante bereit wäre, mir zu helfen, was könnte sie tun? Sie arbeitet in der Gore-Tex-Fabrik in Castle Rock und verdient rund sechzehntausend Dollar im Jahr.«
    Ich nickte wieder und überlegte, daß mein letzter Scheck für Tantiemen aus Frankreich etwa so hoch gewesen war. Mein letzter vierteljährlicher Scheck. Dann fiel mir etwas ein, das Ki mir an dem Tag gesagt hatte, als ich sie kennenlernte.
    »Als ich Kyra von der Straße trug, sagte sie, wenn Sie wütend auf sie wären, würde sie zu ihrer weißen Nana gehen. Wenn Ihre Eltern tot sind, wen hat sie dann -« Aber eigentlich erübrigte sich die Frage; ich mußte nur eine oder zwei einfache Verbindungen herstellen. »Rogette Whitmore ist ihre weiße Nana? Devores Assistentin? Aber das bedeutet …«
    »Daß Ki bei ihnen gewesen ist. Ja, klar doch. Bis letzten Monat habe ich ihr erlaubt, ihren Großvater zu besuchen - und damit zwangsläufig auch Rogette -, und zwar ziemlich oft. Ein- oder zweimal pro Woche, manchmal über Nacht. Sie mag
ihren ›weißen Opa‹ - jedenfalls anfangs mochte sie ihn -, und diese gruselige Frau vergöttert sie geradezu.« Es kam mir so vor, als ob Mattie im Halbdunkel erschauerte, obwohl die Nacht noch ziemlich warm war.
    »Devore rief an, um mir zu sagen, daß er zu Lances Beerdigung nach Osten kommen würde, und fragte, ob er seine Enkelin sehen dürfte. Zuckersüß war er, als hätte er nicht versucht, mich zu kaufen, als Lance ihm sagte, daß wir heiraten würden.«
    »Hat er das?«
    »Hm-hmm. Das erste Angebot waren hunderttausend. Das war im August 1994, als Lance ihn angerufen und ihm gesagt hatte, daß wir Mitte September heiraten würden. Ich behielt es für mich. Eine Woche später erhöhte er das Angebot auf zweihunderttausend.«
    »Wofür genau?«
    »Dafür, daß ich meine Flittchenkrallen einziehen und ohne Angabe einer Adresse verschwinden sollte. Diesmal sagte ich es Lance, und er ist an die Decke gegangen. Er rief seinen alten Herrn an und sagte ihm, wir würden heiraten, ob es ihm gefiele oder nicht. Sagte ihm, wenn er je sein Enkelkind sehen wollte, sollte er die Scheiße lassen und sich benehmen.«
    Bei einem anderen Vater, dachte ich bei mir, wäre das wahrscheinlich die vernünftigste Reaktion gewesen, die Lance Devore hätte an den Tag legen können. Ich zollte ihm meinen Respekt dafür. Das Problem war nur, er hatte es nicht mit einem vernünftigen Mann zu tun; er hatte es mit dem Kerl zu tun, der als Kind Scooter Larribees neuen Schlitten gestohlen hatte.
    »Diese Angebote hat Devore selbst am Telefon gemacht. Beide Male, als Lance nicht da war. Dann, etwa zehn Tage vor der Hochzeit, bekam ich Besuch von Dickie Osgood. Ich sollte eine Nummer in Delaware anrufen, und als ich das tat …« Mattie schüttelte den Kopf. »Sie werden es nicht glauben. Es hört sich an wie etwas aus Ihren Büchern.«
    »Darf ich raten?«
    »Wenn Sie wollen.«
    »Er hat versucht, das Kind zu

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