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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gekichert hat. Manchmal sind wir anschließend noch ins Village Café, und Buddy hat uns Pizza gemacht, die Verlierer mußten zahlen. Alle wieder Freunde, Sie wissen schon, nach dem Spiel. Wir haben herumgesessen, gejohlt und die Papierhüllen von Strohhalmen weggepustet, einige der Jungs halb angetrunken, aber keiner böse. Damals haben sie sich alles Böse auf dem Spielfeld aus dem Leib gerannt. Und wissen Sie was? Niemand kommt mich besuchen. Nicht Helen Geary, die meine beste Freundin war. Nicht Richie Lattimore, der Lances bester Freund war - die beiden konnten sich endlos über Steine und Vögel und die Bäume unterhalten, die auf der anderen Seite des Sees wuchsen. Sie kamen zur Beerdigung, und noch eine Weile danach, und dann … wissen Sie, wie es war? Als ich ein Kind war, ist unser Brunnen ausgetrocknet. Eine Zeitlang kam ein Rinnsal heraus, wenn man den Hahn aufdrehte, aber dann nichts als Luft. Nur Luft.« Der Zynismus war verschwunden, ihre Stimme klang nur noch verletzt. »Ich
habe Helen an Weihnachten gesehen, und wir haben versprochen, wir würden uns am Geburtstag der Zwillinge sehen, aber wir haben uns nicht wiedergesehen. Ich glaube, sie hat Angst davor, in meine Nähe zu kommen.«
    »Wegen dem alten Mann?«
    »Weswegen sonst? Aber es macht nichts, das Leben geht weiter.« Sie setzte sich auf, trank den restlichen Fruchtsaft und stellte das Glas weg. »Was ist mit Ihnen, Mike? Sind Sie zurückgekommen, um ein Buch zu schreiben? Werden Sie dem TR einen Namen machen?« Das war ein ortsübliches Bonmot, an das ich mich mit einem fast quälenden Anflug von Nostalgie erinnerte. Von Einheimischen, die große Pläne hatten, sagte man, daß sie dem TR einen Namen machen wollten.
    »Nein«, sagte ich, und dann überraschte ich mich selbst, indem ich hinzufügte: »Das mache ich nicht mehr.«
    Ich rechnete damit, daß sie aufspringen, ihren Stuhl umwerfen und einen schrillen Schrei der Entrüstung ausstoßen würde. Was eine Menge über mich sagt, nehme ich an, aber nichts besonders Schmeichelhaftes.
    »Sie haben aufgehört?« fragte sie ruhig und erstaunlich unentrüstet. »Oder ist es eine Schreibblockade?«
    »Nun, ganz sicher habe ich nicht freiwillig aufgehört.« Ich stellte fest, daß das Gespräch eine amüsante Wendung genommen hatte. Ich war in erster Linie gekommen, um ihr John Storrow aufzuschwatzen - um ihr John Storrow aufzuzwingen, falls es sein mußte -, und statt dessen unterhielt ich mich zum erstenmal über mein Unvermögen zu schreiben. Zum erstenmal mit einem anderen Menschen.
    »Also eine Blockade.«
    »Dachte ich auch, aber jetzt bin ich nicht so sicher. Ich glaube, Schriftsteller bekommen nur eine gewisse Zahl Geschichten in die Wiege gelegt - die sind in die Software integriert. Und wenn sie aufgebraucht sind, sind sie aufgebraucht.«
    »Das bezweifle ich«, sagte sie. »Vielleicht schreiben Sie jetzt wieder, wo Sie hier unten sind. Vielleicht ist das mit ein Grund, warum Sie gekommen sind.«
    »Vielleicht haben Sie recht.«
    »Haben Sie Angst?«

    »Manchmal. Vorwiegend davor, was ich mit dem Rest meines Lebens anfangen soll. Ich bin nicht gut mit Flaschenschiffen, und meine Frau war diejenige mit dem grünen Daumen.«
    »Ich habe auch Angst«, sagte sie. »Große Angst. Die ganze Zeit, so kommt es mir jedenfalls vor.«
    »Daß er mit der Sorgerechtsklage durchkommt? Mattie, deshalb bin ich -«
    »Die Sorgerechtsklage ist nur ein Aspekt«, sagte sie. »Ich habe einfach Angst, hier zu sein, im TR. Es fing diesen Sommer an, lange nachdem ich wußte, daß Devore mir Ki wegnehmen will, wenn er kann. Und es wird schlimmer. In gewisser Weise ist es, als würde man sehen, wie sich über New Hampshire ein Gewitter zusammenbraut und langsam über den See zieht. Besser kann ich es nicht ausdrücken, aber …« Sie rutschte herum, schlug die Beine übereinander und beugte sich nach vorne, damit sie den Rock gegen das Schienbein ziehen konnte, als wäre ihr kalt. »Aber ich bin in letzter Zeit häufig aufgewacht und war überzeugt, daß ich nicht allein im Schlafzimmer war. Einmal war ich sicher, daß ich nicht allein im Bett war. Manchmal ist es nur ein Gefühl - wie Kopfschmerzen, nur in den Nerven -, und manchmal glaube ich, daß ich Flüstern oder Weinen hören kann. Einmal habe ich einen Kuchen gebacken - das war vor etwa zwei Wochen - und vergessen, das Mehl wegzustellen. Am nächsten Morgen war der Vorratsbehälter umgekippt und das Mehl auf dem Tresen verstreut. Jemand hatte

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