Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
kaufen. Er wollte Kyra kaufen.«
    Ihre Augen wurden groß. Die Mondsichel war aufgegangen, und ich konnte Matties überraschte Miene gut sehen.

    »Wieviel?« fragte ich. »Aus reiner Neugier. Wieviel, damit Sie das Kind zur Welt brachten, Devores Enkelin bei Lance ließen und sich aus dem Staub machten?«
    »Zwei Millionen Dollar«, flüsterte sie. »Hinterlegt in einer Bank meiner Wahl, solange sie westlich des Mississippi lag und ich einen Vertrag unterschrieb, daß ich mindestens bis zum zwanzigsten März 2016 weder in ihre noch in Lances Nähe kommen würde.«
    »Das Jahr, in dem Ki einundzwanzig wird.«
    »Ja.«
    »Und Osgood kennt die Einzelheiten nicht, daher behält Devore hier in der Stadt eine weiße Weste.«
    »Hm-hmm. Und die zwei Millionen waren nur der Anfang. Ich sollte eine weitere Million an Kis fünftem, zehntem, fünfzehntem und zwanzigstem Geburtstag bekommen.« Sie schüttelte fassungslos den Kopf. »In der Küche schlägt das Linoleum Wellen, der Duschkopf fällt dauernd in die Wanne, und neuerdings neigt sich der ganze verdammte Wagen nach Osten, aber ich hätte die Sechs-Millionen-Dollar-Frau sein können.«
    Haben Sie je überlegt, ob Sie das Angebot annehmen sollen, Mattie? fragte ich mich … aber es war eine Frage, die ich nie stellen würde, denn die Neugier war so ungebührlich, daß sie keine Befriedigung verdiente.
    »Haben Sie es Lance gesagt?«
    »Ich habe versucht, es nicht zu tun. Er war sowieso wütend auf seinen Vater, und ich wollte es nicht noch schlimmer machen. Ich wollte nicht soviel Haß am Anfang unserer Ehe, so begründet der Haß auch sein mochte … und ich wollte nicht, daß Lance später … Sie wissen schon …« Sie hob die Hände und ließ sie wieder auf die Schenkel fallen. Die Geste war resigniert und seltsam bezaubernd zugleich.
    »Sie wollten nicht, daß Lance sich zehn Jahre später gegen Sie stellen und sagen würde: ›Du hast dich zwischen mich und meinen Vater gedrängt, du Miststück.‹«
    »Etwas in der Art. Aber am Ende konnte ich es nicht für mich behalten. Ich war ein Kind aus der Gosse, hatte mit elf meine erste Strumpfhose, trug mein Haar bis zu meinem dreizehnten
Lebensjahr nur in Zöpfen oder einen Pferdeschwanz, dachte, der ganze Staat New York wäre New York City … und dieser Kerl … dieser Phantomvater … hatte mir sechs Millionen Dollar geboten. Das machte mir angst. Ich träumte von ihm, daß er in der Nacht kam wie ein Troll und mein Baby aus der Wiege stahl. Er wand sich durch das Fenster wie eine Schlange.«
    »Und schleppte zweifellos seinen Sauerstofftank hinter sich her.«
    Sie lächelte. »Damals wußte ich noch nichts von dem Sauerstoff. Oder von Rogette Whitmore. Ich will nur sagen, daß ich siebzehn war und keine Geheimnisse für mich behalten konnte.« Ich mußte mich zusammenreißen, um nicht zu lächeln, als sie das sagte - als lägen Jahre der Erfahrung zwischen dem naiven, furchtsamen Kind und dieser reifen Frau mit dem Fernschuldiplom.
    »Lance war wütend.«
    »So wütend, daß er seinem Vater per e-mail antwortete, statt anzurufen. Er stotterte, wissen Sie, und je aufgeregter er war, desto schlimmer wurde das Stottern. Ein Telefongespräch wäre unmöglich gewesen.«
    Nun glaubte ich zumindest, daß ich ein deutliches Bild hatte. Lance Devore hatte seinem Vater einen undenkbaren Brief geschrieben - das heißt, undenkbar für einen Max Devore. In dem Brief stand, daß Lance nie wieder etwas von seinem Vater hören wollte, und Mattie auch nicht. Er bekam Hausverbot (der Wohnwagen von Modair war nicht die bescheidene Holzfällerhütte der Brüder Grimm, aber auch nicht weit davon entfernt). Sein Besuch war nicht erwünscht, wenn das Kind auf die Welt kam, und wenn er jetzt oder später die Unverfrorenheit besitzen sollte, dem Kind ein Geschenk zu schicken, würde es zurückgeschickt werden. Halt dich aus meinem Leben raus, Dad. Diesmal bist du so weit gegangen, daß ich dir nicht mehr verzeihen kann.
    Es gibt zweifellos diplomatische Wege, mit einem beleidigten Kind umzugehen, manche weise und manche listig … aber stellen Sie sich folgende Frage: Wäre ein diplomatischer Vater überhaupt in so eine Situation hineingeraten? Hätte ein Mann mit einem Funken Wissen um die menschliche Natur
der Verlobten seines Sohnes eine Belohnung in Aussicht gestellt (eine derart enorme Summe, daß sie wahrscheinlich ihr Vorstellungsvermögen überstieg), wenn sie ihr erstgeborenes Kind aufgab? Und er hatte diesen Teufelspakt einer

Weitere Kostenlose Bücher