Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
leicht, zumal die Stimme der alten Frau noch an mir klebte wie Schleim, aber es gelang mir. »Wenn Sie darauf bestehen«, sagte ich.
    »Das tu’ ich«, sagte er. »Unbedingt.«
    »John, Sie sind ein anständiger Kerl für einen Anwalt.«
    »Und Sie sind ein anständiger Kerl für einen Schriftsteller.«
    Diesmal kam mir mein Grinsen natürlicher vor und dauerte länger. Wir kamen am Schild mit der Aufschrift TR-90 vorbei, und in diesem Augenblick drang die Sonne durch den Dunst und überflutete den Tag mit Licht. Es war wie ein Omen, daß bessere Zeiten vor uns lagen, bis ich nach Westen sah. Dort konnte ich die Gewitterwolken sehen, die sich schwarz in der Helligkeit über den White Mountains zusammenbrauten.

Kapitel 25
    Ich glaube, für Männer ist Liebe etwas, das zu gleichen Teilen aus Lust und Staunen besteht. Den Teil mit dem Staunen verstehen Frauen. Den Teil mit der Lust glauben sie nur zu verstehen. Nur wenige - vielleicht fünf von hundert - haben eine Vorstellung davon, was Lust wirklich ist und wie tief sie reicht. Das ist für ihren Schlaf und ihren Seelenfrieden wahrscheinlich ganz gut so. Und ich spreche nicht von der Lust von Satyrn, Vergewaltigern und Kinderschändern; ich spreche von der Lust von Schuhverkäufern und High-School-Rektoren.
    Ganz zu schweigen von Schriftstellern und Anwälten.
    Wir bogen um zehn vor elf in Matties Hof ein, und als ich meinen Chevy neben ihrem rostigen Jeep parkte, ging die Tür des Wohnwagens auf, und Mattie trat auf die oberste Stufe hinaus. Ich sog den Atem ein und konnte hören, wie John neben mir seinen einsog.
    Sie war höchstwahrscheinlich die hübscheste junge Frau, die ich je in meinem Leben gesehen habe, wie sie dastand in ihren rosa Shorts und passendem Midi-Top. Die Shorts waren nicht kurz genug, um billig zu sein (wie meine Mutter gesagt hätte), aber kurz genug, daß sie aufreizend aussahen. Das Top wurde von im Nacken geknoteten Trägern gehalten und zeigte gerade genug braungebrannte Haut, um ins Träumen zu geraten. Das Haar fiel ihr auf die Schultern. Sie lächelte und winkte. Ich dachte: Sie hat es geschafft - nimm sie jetzt mit in den Speisesaal des Country Clubs, so angezogen, und sie wird alle anderen ausstechen.
    »O Gott«, sagte John. Eine Art bestürztes Verlangen sprach aus seiner Stimme. »All das und eine Tüte Chips.«
    »Ja«, sagte ich. »Stopfen Sie die Augen wieder in den Kopf zurück, großer Junge.«
    Er machte eine schaufelnde Bewegung mit beiden Händen, als täte er genau das. In der Zwischenzeit hatte George mit seinem Altima neben uns gehalten.

    »Kommen Sie«, sagte ich und machte die Tür auf. »Zeit für die Party.«
    »Ich kann sie nicht berühren, Mike«, sagte John. »Ich schmelze dahin.«
    »Kommen Sie, Sie Scherzkeks.«
    Mattie kam die Treppe herunter und an dem Topf mit der Tomatenpflanze vorbei. Ki folgte ihr in einem ähnlichen Outfit, allerdings dunkelgrün. Ich sah, daß sie wieder schüchtern war; sie hielt sich mit einer Hand an Matties Bein fest und hatte einen Daumen im Mund.
    »Die Jungs sind da! Die Jungs sind da!« rief Mattie lachend und warf sich in meine Arme. Sie umarmte mich heftig und gab mir einen Kuß auf den Mundwinkel. Ich umarmte sie ebenfalls und küßte sie auf die Wange. Dann ging sie zu John, las die Aufschrift seines T-Shirts, klatschte applaudierend in die Hände und umarmte ihn. Er drückte sie ziemlich kräftig für einen Mann, der Angst hatte, daß er dahinschmelzen würde, dachte ich, riß sie von den Füßen und schwenkte sie im Kreis, während sie lachend an seinem Hals hing.
    »Reiche Lady, reiche Lady, reiche Lady!« sang John und stellte sie wieder auf die Korksohlen ihrer weißen Schuhe.
    »Freie Lady, freie Lady, freie Lady!« sang sie zurück. »Zum Teufel mit reich!« Bevor er antworten konnte, küßte sie ihn fest auf den Mund. Er hob die Arme, die er um sie legen wollte, aber sie wich zurück, ehe er sie halten konnte. Sie drehte sich zu Rommie und George um, die nebeneinanderstanden und aussahen wie zwei Typen, die einem alles über die Kirche der Mormonen erzählen wollen.
    Ich machte einen Schritt nach vorne und wollte alle Beteiligten einander vorstellen, aber das übernahm John, und einer seiner Arme schaffte es doch noch, seine Mission zu beenden - er legte sich um ihre Taille, während John sie zu den Männern führte.
    Währenddessen schlüpfte eine kleine Hand in meine. Ich schaute nach unten und erblickte Ki, die zu mir aufsah. Ihr Gesicht war ernst und blaß und

Weitere Kostenlose Bücher