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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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in jeder Hinsicht so schön wie das ihrer Mutter. Das blonde, frisch gewaschene und glänzende Haar wurde von einer Samtschleife gehalten.

    »Schätze, die Kühnschwankleute mögen mich nicht mehr«, sagte sie. Gelächter und Unbekümmertheit waren dahin, jedenfalls vorläufig. Sie schien den Tränen nahe zu sein. »Meine Buchstaben haben alle tschüssi gemacht.«
    Ich nahm sie hoch und setzte sie auf den angewinkelten Unterarm, genau wie an dem Tag, als ich sie getroffen hatte, wie sie in ihrem Badeanzug die Route 68 entlanggelaufen war. Ich gab ihr einen Kuß auf Stirn und Nasenspitze. Ihre Haut war makellos und wie Seide. »Das weiß ich«, sagte ich. »Ich kauf dir neue.«
    »Versprochen?« Fragende dunkelblaue Augen sahen in meine.
    »Versprochen. Und ich werde dir ganz besondere Worte wie Zygote und weinselig beibringen. Ich kenne eine Menge ganz besondere Worte.«
    »Wie viele?«
    »Einhundertachtzig.«
    Donner grollte im Westen. Er schien nicht lauter zu sein, aber irgendwie schärfer gebündelt. Ki sah in die Richtung, dann wieder mich an. »Ich hab’ Angst, Mike.«
    »Angst? Wovor?«
    »Weiß ich nicht. Der Lady in Matties Kleid. Den Männern, die wir gesehen haben.« Dann sah sie über meine Schulter: »Da kommt Mommy.« Ich habe Schauspielerinnen den Satz Nicht vor den Kindern in exakt demselben Tonfall sprechen hören. Kyra zappelte in meiner Umarmung. »Laß mich runter.«
    Ich ließ sie runter. Mattie, John, Rommie und George Kennedy kamen zu uns. Ki lief zu Mattie, die sie hochnahm und uns dann fixierte wie ein General, der seine Truppe inspiziert.
    »Hast du das Bier?« fragte sie mich.
    »Jawoll. Eine Kiste Bud und ein Dutzend verschiedene Säfte. Und Limonade.«
    »Prima. Mr. Kennedy -«
    »George, Ma ’ am.«
    »George. Und wenn Sie mich noch einmal Ma’am nennen, kriegen Sie eins auf die Nase. Ich bin Mattie. Würden Sie zum Lakeview General runterfahren« - sie zeigte zu dem Laden an
der Route 68, etwa eine halbe Meile von uns entfernt - »und uns etwas Eis besorgen?«
    »Na klar.«
    »Mr. Bissonette -«
    »Rommie.«
    »Nördlich vom Wohnwagen ist ein kleiner Garten. Können Sie uns ein paar schöne Salatköpfe holen?«
    »Ich denke, das schaffe ich.«
    »John, bringen wir das Fleisch in den Kühlschrank. Was dich angeht, Michael …« Sie zeigte zum Grill. »Die Holzkohle ist selbstentzündlich. Wirf einfach ein Streichholz rein, und bring dich in Sicherheit. Tu deine Pflicht.«
    »Aye, holde Dame«, sagte ich und ließ mich vor ihr auf ein Knie nieder. Das brachte Ki endlich zum Kichern.
    Mattie nahm lachend meine Hand und zog mich wieder auf die Füße. »Kommt, Sir Galahad«, sagte sie. »Es wird regnen. Bis es soweit ist, möchte ich ein Dach über dem Kopf haben und pappsatt sein.«
     
    In der Stadt beginnen Partys mit Begrüßungen an der Tür, dem Einsammeln der Garderobe und diesen seltsamen kleinen Luftküssen (wann genau hat eigentlich dieser merkwürdige gesellschaftliche Brauch seinen Anfang genommen?). Auf dem Land beginnen sie mit Aufgaben. Man holt etwas, man trägt etwas, man sucht Sachen wie das Grillbesteck und Handschuhe. Die Gastgeberin teilt zwei Männer ein, die den Picknicktisch wegtragen, beschließt dann, daß er an seinem ursprünglichen Platz doch besser gestanden hat, und bittet sie, ihn wieder dorthin zu stellen. Und irgendwann stellt man auf einmal fest, daß einem die Sache Spaß macht.
    Ich schichtete die Holzkohlen auf, bis sie in etwa so aussahen wie die Pyramide auf dem Papiersack, dann hielt ich ein Streichholz daran. Sie loderten zufriedenstellend auf, und ich wich zurück und strich mir mit dem Unterarm über die Stirn. Es mochte sein, daß kühles, klares Wetter im Anzug war, aber es war ganz sicher noch nicht in Rufweite. Die Sonne hatte sich durch die Wolken gebrannt, der Tag hatte sich von schwül in knallheiß verwandelt, aber im Westen brauten sich
weiter samtschwarze Gewitterwolken zusammen. Es war, als hätte die Nacht am Himmel da drüben ein Blutgefäß zum Platzen gebracht.
    »Mike?«
    Ich drehte mich zu Kyra um. »Was ist, Liebes?«
    »Wirst du dich um mich kümmern?«
    »Ja«, sagte ich ohne das geringste Zögern.
    Einen Augenblick schien etwas an meiner Antwort - vielleicht nur, wie schnell sie erfolgte - sie zu beunruhigen. Dann lächelte sie. »Okay«, sagte sie. »Schau, da kommt der Eismann!«
    George war zurück aus dem Laden. Er parkte und stieg aus. Ich ging mit Kyra zu ihm hinüber; sie hielt meine Hand und schwenkte sie

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