Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
und ich nickte: „Okay.“
„Der Gang führt zur Kirche. St. Ursula. Die Geschichte sollte dir bekannt sein.“ Ich zuckte mit den Schultern. In diesem Moment fiel sie mir nicht ein.
„Also gut, in langer Form oder kurzer?“
Meine Antwort war barsch, aber ich hatte nicht die Zeit und die Geduld für seine Ausschweifungen.
„Verdammt, das ist mir egal. Erzähl es einfach.“
„Bitte raste aber nicht gleich wieder aus.“
Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und zog die Augenbrauen hoch und während er erzählte, ruhten seine Augen auf mir, wie die eines Luchses.
„Es gibt ja die Geschichte hier in Köln von den 11000 Jungfrauen und um es kurz zu machen: Wenn man dem Gang folgt, dann gelangt man zu den Gebeinen der Jungfrauen.“
Er unterbrach kurz und schritt mit einem unschuldigen Gesichtsausdruck durch den Raum.
„Na ja, das ist eine nette Geschichte mit den getauften, heiligen Jungfrauen. Nur entspricht das nicht ganz so der Wahrheit.“
Er druckste rum und versuchte mit lautem Räuspern nach einer Ausrede zu suchen. Ich sah ihn fragend an.
„Gib Gas, nicht nachdenken, sofort raus damit.“
In Windeseile spuckte er die Worte hinaus und schien sichtlich erleichtert, als sein Satz endete.
„Sie wurden gebissen, ausgesaugt, gebettet und sind nun schlafende Jungrauen. Allerdings könnten wir sie mit ein wenig Blut jederzeit wecken.“
Er hustete laut und verschränkte die Arme vor seiner Brust.
„Was?“ schrie ich laut auf. „Du willst mich verarschen?“
„Nein, das will ich nicht. Vor dir liegt der Gang zu meinen Jungfrauen, wenn du es schon so genau wissen willst.“
„Zu DEINEN Jungrauen?“
Meine Stimme hatte sich in ein Quietschendes Etwas verwandelt.
„Das ist jetzt nicht dein Ernst?“
„Das ist doch nur für Notfälle.“
Lionel setzte eine unschuldige Mine auf.
„Hey, das war Christophers Idee, weißt du wie lange die schon da rum liegen?“
Mir war anzusehen, dass ich erschrocken war. Hingerissen zwischen der Hoffnung, dass alles ein dummer Scherz sei und der bitterbösen Erfahrung, dass Lionel selten Scherze machte, wenn es um seine Rasse ging. Bevor ich dumme Fragen stellen konnte, fuhr er mit seiner Erzählung fort.
„Wir haben sie nach der Großen Reinigung, wie man das so bei uns nennt, einfach da gelassen. Die Hexen konnten sie nicht vernichten. Da sie ja so gesehen noch nicht wieder erweckt waren. Dazu fehlt jetzt nur ein kleines Tröpfchen Blut und schon sind sie zum Leben erweckt.“
„Das darf doch wohl nicht wahr sein…“ ich verstummte. Meinen Kopf fühlte sich an, als hätte meine Schädelplatte einen Schlag mit einem eisernen Tennisschläger abbekommen. Mein Vater war wirklich eine Bestie. Auch wenn er meine Mutter gerettet und seine Seele zurück erhalten hatte. Er war ein Monster und ich war zu meinem Entsetzen ein Abkömmling. Mir wurde übel. War in dieser Stadt überhaupt noch etwas normal? Der Moment war gekommen, jetzt musste ich wirklich raus aus diesem Loch, einfach nur an die frische Luft und ich sprang hektisch hoch. Fluchtartig lief ich durch den Raum und die Stufen in meine Welt hoch.
Lionel rief mir hinterher: „Hey, du hast gesagt, ich darf dich begleiten, warte.“
Ich drehte mich nicht um, rief lediglich: „Ich hab gelogen, bleib wo du bist.“
Nachdem ich das Haus verlassen hatte, rannte ich die Straße entlang, immer weiter. Ich musste rennen, einfach nur noch rennen. Ich spürte Lionel noch einige Sekunden hinter mir, doch er folgte mir nicht weiter. Er ließ mich ziehen. Ich weiß nicht, wie lange ich so durch die Straßen lief, aber als ich irgendwann wieder vor meinem Auto stand, waren meine Gedanken wieder klarer und ich stieg schnaufend ein. Das Klingeln meines Handys zerstörte sofort wieder die mir schwer erkämpfte Ruhe.
„Sarah, ich bin`s. Mary. Es gibt Neuigkeiten. Allerdings müssten wir einen kleinen Ausflug machen. Es gibt einen Bauern, der dem Stammbaum zur Folge, ein Nachfahre einer gewissen Magda Petranovic ist. Diese Magda muss damals bei der Vernichtung dabei gewesen sein. Nach dem ersten Weltkrieg haben sie sich in Bergheim als Bauern niedergelassen und haben dort dann die Felder bestellt und Vieh gehalten. Wir sollten überprüfen, ob da noch jemand wohnt, der etwas weiß oder ob dort noch jemand Magie ausübt oder...“
Sie sprach so schnell und hektisch, dass ich sie unterbrechen musste.
„Ich komme gleich noch vorbei. Lass uns dann darüber reden.“
Die letzten Stunden lagen mir schwer im
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