Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
viele?“
„Ich denke morgen sind wir schlauer.“
„Es wird wie Krieg sein, nicht wahr?“
Ich senkte betroffen den Kopf. Seine Antwort riss mir ein weiteres Loch in meine Seele.
„Es wird schlimmer sein. Vampire schießen nicht, sie sind fast unverwundbar und sie zerfleischen und zerfetzen die Menschen, ehe diese überhaupt wissen, wie ihnen geschieht.“
„Und alles wegen mir.“
„Für dich sind wir eh nur wilde Bestien. Aber eines solltest du nie aus den Augen verlieren. Wir verteidigen dein Leben!“
„Nein, ihr sichert euch eure eigene Zukunft. Ich bin nur neben sächlich.“
Er ging einen Schritt auf mich zu, legte seine Hand auf meine Schulter, sah mich mit traurigen Augen an und sprach: „ Du bist der Auslöser. Aber Schuld bin ich, das ist wohl wahr. Richard hätte dich zwar früher oder später auch gefunden, aber das entschuldigt mein Verhalten nicht.“
Ich steuerte auf die Stufen zu.
„Ich brauche Luft, ich muss hier raus.“
„Ich lasse dich nicht alleine gehen. Nein! Auf keinen Fall.“
Er schimpfte lautstark, lief durchs Zimmer sammelte den Rest seiner Sachen zusammen, streifte die schwarze Lederjacke über, ging schnurstracks zum Tresor und versteckte die Papiere wieder dort, wo sie vorher gelegen hatten.
„Du wirst ohne mich nirgendwo hingehen. Ich werde es nicht zulassen, dass dir etwas geschieht.“
Provokant fragte ich:„Woher kommt eigentlich dein Sinneswandel? Vor kurzem wolltest du mich noch opfern, töten, mich benutzen. Was soll ich noch glauben? Was hast du wirklich vor?“
Lionel packte mich blitzschnell mit beiden Händen an den Schultern. Ein seichter Luftzug streifte mich. In seinen blauen Augen spiegelten sich Schmerz und Verzweiflung, wenn ich es nicht besser gewusst hätte, dann schimmerte dort sogar der Ansatz einer Träne. Doch das konnte nicht sein, es war sicherlich nur das dumpfe Licht seiner düsteren Behausung, das sich in seiner Iris spiegelte. Ein Vampir kennt keinen seelischen Schmerz. Mir war nicht bekannt, dass ein Vampirkörper, oder wie immer man das nennen mochte, überhaupt Tränenflüssigkeit bilden konnte.
„Ich kann dir nicht sagen, was du nicht längst schon weißt. Ich versteh mich selber nicht mehr, was immer du in mir auslöst, es gibt keine Worte oder keine Erklärungen dafür. Ich weiß selber was und wer ich bin. Und ja, ich könnte dein Ur –Ur-Großvater sein. Doch manchmal ist es, als würde ich in meinem Inneren wieder etwas fühlen, es ist nicht nur die gedankliche Erinnerung an etwas. Da ist mehr. Und ich vergesse, was ich bin. Dann bin ich einfach nur Lionel. An deiner Seite Lionel.“
Er stockte. Ich spürte sein Herz schnell und laut schlagen, ein Schmerz durchfuhr seinen Geist und wehte wie ein kalter eisiger Wind durch mein Haar.
„Was spielen wir für eine Rolle?“
Es war mein Flüstern, dass den Raum für eine kurze Zeit in eine mystische Stille verwandelte. Meine eigenen Gefühlsschwankungen machten mich wahnsinnig. Manchmal fühlte er sich so vertraut an. Vielleicht lag es daran, dass er in jeder Hinsicht viel älter war als ich. Vielleicht ließ ich mich davon beeindrucken. Wobei wir wieder bei einem anderen Problem waren. Ich bin ohne Vater groß geworden. Was genau suchte ich in Lionel? Ein Schulterzucken des Altvampirs verriet, dass auch er keine Antwort auf meine Frage hatte. Ich drehte mich um, blickte noch einmal auf die Bilder an der Wand, und stellte zum ersten Mal fest, dass die Mauer in ihrer geballten Fülle an einer Stelle seltsam versetzt war. Das sonst so eindeutige Muster, war auf unterbrochen.
„Lionel, was ist mit der Mauer los? Du bist doch sonst so penibel.“
Er blickte an die Wand und erwiderte: „Das willst du nicht wissen.“
„Doch, will ich.“
Jetzt erst recht!
Meine Neugier war geweckt.
„Ein Gang, Kleines, dahinter verbirgt sich einfach nur ein Gang.“
„Nenn mich nicht Kleines und was für ein Gang, wo führt er hin?“
„Du fragst zu viel.“
„Und du antwortest zu wenig.“
„Sarah, weck keine schlafenden Hunde.“
„Ich will es wissen, also gib mir eine Antwort, was ist das für ein Gang und wo führt er hin?“
„Du gibst keine Ruhe, bis du dich wieder aufregst und ich der Idiot hier bin. Und schon werde ich wieder als Bösewicht abgestempelt.“
Er wusste, ich würde nicht aufgeben. Und ich wusste, dass er von mir etwas fordern würde. Bei Lionel gibt es nichts umsonst.
„Ich sage es dir, wenn ich dich begleiten darf.“
Meine Neugier war stärker
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