Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
Vielleicht würde auch dieses Gefühl eines Tages enden. Vielleicht würde meine Kraft so groß werden, dass ich ihm den Rücken kehren würde. Vielleicht ….. Vielleicht kam auch alles ganz anders. Ich wollte mich mit dem Gedanken nicht weiter auseinander setzen und blickte in den Himmel. Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Musste nicht schon bald die Sonne aufgehen? Mary stapfte neben mir und hielt Iris eingehakt im Arm. Fragend, fast schon bettelnd sah sie mich an: „Ob wir heut noch was zu essen bekommen? Gehen wir heut noch `ne Pizza essen? Oder fahren wir von hier aus frühstücken?“
Ich hätte laut schreien können, das war so typisch für Mary. Der Weltuntergang und die Vernichtung der gesamten Menschheit standen uns bevor und sie dachte ans Essen. Unfassbar!
„Wie kannst du jetzt ans Essen denken? Mir dreht sich jedes Mal der Magen, wenn es um Vampire geht und du hast nur Pizza im Kopf.“
Sie blickte schuldbewusst zu Boden und flüsterte: „Sicher hab ich `ne scheiß Angst, aber Angst macht mich hungrig und mein Magen knurrt. Außerdem lockt das Geräusch vielleicht noch irgendwelche Wölfe an.“
Selbst Martin konnte sich das Lachen jetzt nicht mehr verkneifen: „Ja sicher, “ prustete er los.
„Die Großstadtwölfe, “ er hielt sich die Hand vor den Mund um nicht laut zu schreien. „Die Stadt ist voller Vampire und du hast Angst vor Wölfen. Vielleicht gibt es ja auch hier im Wald Wehrwölfe.“
Mary grunzte beleidigt: „Glaubst du ich bin blöd? Das mit den Wölfen war doch nur so daher gesagt.“
Wir kletterten den kleinen Hügel hinauf und konnten schon die kleine, weiße Kapelle mitten zwischen den großen und wuchtigen Birnbäumen erkennen.
„Wir sind da, “ sagte Torben und schritt auf eine vergitterte Türe zu.
„Sie ist verschlossen, seit eh und je. Wie sollen wir da hinein kommen?“
Ich lächelte: „Ungefähr so, “ und trat mit voller Wucht gegen das eiserne Schloss, das sofort an der linken Steinwand heraus brach.
Mit einem lauten Geschepper brach der Verschluss gleich mit aus der Wand und riss einen Teil des Mauerwerks mit hinunter. Der Mörtel bröckelte zu Boden. Torben gaffte mich mit offenem Mund an: „Leck mich doch in …. Himmel hat die einen Tritt.“
„Scheiße, bist du irre, “ keifte Felix panisch. „Du weckst noch den ganzen Hof auf.“
Torben schubste ihn beiseite: „Ach quatsch, das ist viel zu weit weg, die schlafen eh alle wie die Murmeltiere. Du bist echt ein Schisser.“
„Ich bin kein Sisser,“ begann Felix zu lispeln.
„Bist du wohl.“
„Bin ich nicht.“
Mary betrachtete die beiden argwöhnisch und sprach dann ein Machtwort: „Schluss jetzt ihr beiden. Vor einem Hause Gottes streitet man nicht.“
Sie legte die Hände zum Gebet zusammen und hielt sie in die Höhe.
Ich sah sie erstaunt an: „Haus Gottes? Seit wann bist du so religiös?“
„Seit die beiden mir den Nerv rauben.“
Wir betraten ehrfürchtig die kleine Kapelle und sahen uns um. Die Wände waren bemalt und trotz der Dunkelheit konnte man erkennen, dass sich auf einigen Mauersteinen Buchstaben befanden. Die Fenster bestanden aus vielen kleinen, bunten Glassteinen. Zwei eiserne Kerzenleuchter befanden sich gleich rechts und links neben einem großen, steinernen Sarg. Alles war verstaubt und mit Spinnweben übersät-
Iris rieb mit ihrem Jackenärmel den Staub von der großen Platte, die in den Sargdeckel eingelassen war und hustete.
Meredith Sarah Parker
Wer immer sie war und aus welchem Grund sie genau hier in der Kapelle die letzte Ruhestätte fand, allein die Anwesenheit ihres Sarges weckte ein seltsames Gefühl tief in meinem Herzen. Sie trug als zweiten Vornamen meinen Namen. Das machte mich zudem melancholisch.
Woran sie wohl gestorben ist?
Gleich an der Wand links von mir prangte eine verstaubte Bronzetafel. Merkwürdigerweise konnte ich die Inschrift nicht lesen. Egal wie sehr ich mich auch konzentrierte, die Übersetzung wollte sich mir nicht erschließen. Dabei wurde mein Sprachzentrum bei dem Ritual durch den Pater drastisch verbessert. Mein Vater hatte mir so viele neue Fähigkeiten übertragen, dass es eigentlich ein Kinderspiel für mich sein müsste. Entweder war mein Geist aus einem mir nicht ersichtlichen Grund blockiert, oder es verbarg sich ein anderes Geheimnis dahinter.
„Iris, “ bat ich, „Kannst du mir helfen? Wieso kann ich das hier nicht lesen?“
Sie löste sich von Mary und trat neben mich. Vorsichtig bewegte sie ihre
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