Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
wir haben keine Zeit, uns darüber den Kopf zu zerbrechen. Wir sollten zuerst herausfinden, was hier auf dieser Tafel steht.“
Ich schritt näher an die Wand heran und starrte auf die verstaubten Bronzebuchstaben. Je mehr ich mich näherte, desto intensiver vernahm ich ein leises Summen. Kaum hörbar und auf eine sehr niedrigen und feinen Sequenz. Ich wich einen Schritt zurück und sogleich verstummte es. Die Tafel wollte mich allen Anschein nach nicht in ihrer Nähe haben.
Iris flüsterte: „Geh nicht noch näher ran, sie ist mit einem Schutzzauber besiegelt. Sie verweigert sich dir.“
„Iris, das kann nicht sein, vielleicht wirkt es äußerlich so, ich sollte einfach diesen Kreis durchbrechen. Konfrontationstherapie nennt man das heutzutage glaube ich.“
Den Gedanken, dass ich nun zur dämonischen Unterwelt gehörte, konnte ich so nicht akzeptieren. Dieses Ding musste doch erkennen, wer ich tief in mir wirklich bin.
Nichts ist, wie es scheint.
Trotz Iris Warnung machte ich einen großen Schritt auf die Tafel zu und lief direkt in ein Kraftfeld hinein. Ein ohrenbetäubendes Summen schlug wie ein Orkan in meinen Gehörgang, Stromschläge peitschten auf mich ein und es fühlte sich an, als würde ich gegen eine eiserne Wand laufen, die eigentlich gar nicht da war. Gleichzeitig ertönte ein weiteres Surren in der Luft. Ein kraftvoll, geladener Strom, eine unsichtbare Energie ergriff meinen Körper und versuchte mich zurück in die Mitte der Kapelle zu katapultieren. Ich sammelte all meine Konzentration, biss die Zähne zusammen und presste meinen Körper dagegen. Nur mit Mühe und Not hielt ich dem Zauber stand und Zentimeter für Zentimeter näherte ich mich dem Ziel. Der Schmerz, der durch meinen Körper zog, wurde fast unerträglich. Meine Adern pulsierten an meinem Hals und der Druck in meiner Brust raubte mir die Atemluft. Mit letzter Kraft machte ich noch mal einen großen Schritt nach vorne, drückte die auf mich schwappende Energie mit meinen Händen zur Seite und presste dann beide auf die Buchstaben. Die Tafel fing wie aus dem Nichts Feuer, loderte auf und die surrenden Wellen, die meinen ganzen Körper erfasst hatten, legten sich um mich wie eine Schlange und pressten meinen Körper zusammen, dass meine Eingeweide drohten zu zerplatzen. Iris und Mary sprangen zur Seite. Ein ohrenbetäubender Lärm entstand. Martin brüllte: „Komm sofort da weg.“
Ich konnte kaum standhalten, die Hitze die mich umgab war kaum noch zu ertragen. Es war, als stünde ich in Flammen. Ich presste meinen Kopf auf mein Dekolleté und schrie. Und dann urplötzlich ließ der Schmerz nach. Die Flammen erloschen und die Geräuschkulisse verstummte auf einmal. Ein bronzefarbenes Licht sprühte aus jedem einzelnen Buchstaben der Tafel und hüllte meine Hand darin ein, als wolle es heilen, was es vorher versucht hatte, zu zerstören. Ich bewegte vorsichtig meine Finger und untersuchte sie eingehend. Sie hatten keine Blessuren zurück behalten und auch der Schmerz in meinem Armen und Beinen war in Sekundenschnelle verschwunden. Mit den Fingerkuppen fuhr ich sachte über die vielen Buchstaben, die Zeilen schienen sich ständig zu verschieben und sich neu zu sortieren. Mary kam mit weit aufgerissenen Augen ein kleines Stück näher und flüsterte „Du bist nicht böse Sarah, die Tafel hat dich erkannt.“
„Ja, „ erwiderte ich angetan.
„Ja, ich kann es lesen.“
Aber es ergab keinen Sinn.
„Iris, nimm dein Handy und schreib es auf.“
Die kleine Hexe wühlte in ihrer Tasche und holte ihr Smartphone heraus. Ich konzentrierte mich auf die Zeilen und übersetzte dann problemlos den Text.
„Bist du helles Licht,
So sei dir geöffnet das Tor,
doch bist du es nicht,
steht meine Rache bevor.
Schau auf den Weg des Lichts,
doch blicke nicht hinein,
geblendet erkennst du nichts,
so ist das Geheimnis auf ewig mein.
Nur deine Sinne tragen dich dort hin,
die Suche ist sonst ewiglich,
doch findest du, was ich bin,
dann Vorsicht, ich erwarte dich.“
Iris trat einen Schritt zurück und speicherte den Text in ihrem Mobiltelefon ab. Martin schaute ihr über die Schulter und quäkte: „Ha, super, alles verstanden. Bestens. Was soll das jetzt bitte bedeuten?“
Ich zog meine Hand langsam zurück und das flackernde Licht, das die Tafel umgab, verschwand wie von Geisterhand. In der Kapelle war es still.
„Wow, krass“ lispelte Felix.
„Ja genau, das war ein bühnenreifer Auftritt, “ stimmte Torben seinem Bruder
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