Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
Rücken zugebunden werden. Langsam wich der innere Schmerz und all die Traurigkeit und verwandelte sich in hoch schäumende Wut. Ich verzog den Mundwinkel, zuckte mit den Schultern und beschloss, langsam nach Hause zu laufen.
Über die Mülheimer Brücke, einer der sieben Rheinbrücken Kölns, donnerte die Straßenbahn. Ich hatte kein Geld mit, also brauchte ich gar nicht erst Richtung Haltestelle zu laufen. Ich ging den Hügel hoch zurück zum Weg. Ein Mann kam mir entgegen. Einer der letzten Spaziergänger. Von weitem konnte ich seine Konturen erkennen. Er blieb plötzlich stehen, lehnte sich an einen Baumstamm. Eine Flamme loderte auf und er schien sich eine Zigarette anzuzünden. Sein Gesicht war mir zugewandt. Mir war nicht wohl dabei. Warum ging er nicht weiter? Wartete er auf mich? Ich sah mich um, ob es Fußgänger gab, die ich zur Not um Hilfe bitte konnte. Doch ich war immer noch allein. Mutterseelenallein. Die Dunkelheit kam mir plötzlich schwärzer vor, denn je. Ich hatte in diesem Augenblick keine andere Wahl. Es gab nur diesen einen Weg nach Hause. Die andere Richtung führte lediglich ans Flussufer zurück. Also einmal tief durchatmen, alle negativen Gedanken beiseite und los laufen. Wenn ich ihn erst einmal passiert hatte, dann war ich am Zug. Meine Kondition war durchs Training weitaus besser als vermutlich seine. Ich würde ihm davonlaufen, das war für mich keine Frage. Ich kam immer näher, regungslos lehnte er immer noch an der gleichen Stelle. Je mehr ich mich der fremden Gestalt näherte, desto bekannter kamen mir seine markanten Gesichtszüge vor, doch die Dunkelheit legte sanfte Schatten über ihn, sodass ich zweifelte. War das etwa Mr. Nadelstreifenanzug? Hatte er mich gehört?
Ich bilde mir das ein, es ist nicht real. Niemand ist hier, das sind nur meine Ängste…vermutlich steht dort auch niemand.
Ich war nur noch wenige Schritte von ihm entfernt, als ich spürte, wie jede Kraft aus meinem Körper wich. Meine Beine wurden schwer und unbeweglich. Dieses miese Gefühl, ich würde auf einer Stelle laufen, überkam mich und ich fluchte in mich hinein.
Verdammter Mist, ich träumte doch gar nicht. Das kann alles nicht mehr wahr sein.
Ich starrte in die Dunkelheit. „Was soll das?“ rief ich zaghaft und zwang mich, weiter auf ihn zuzugehen. Bis ich abrupt stehen bleiben musste, weil meine Füße am Boden festklebten. Ich ruckelte noch einmal hin und her und harrte dann regungslos aus.
So ungefähr fühlt sich also Leichenstarre an. Großartig!
Ich machte noch einen zaghaften Versuch meine Arme anzuheben, doch sie waren steif und unbeweglich. Uns trennten nur noch wenige Meter voneinander. Der Nadelstreifenanzug, der dieses Mal eine dunkle Jeans und ein schwarzes Hemd zu tragen schien, pustete in kleinen runden Kreisen den Rauch seiner Zigarette in die Luft.
Zwischen Angst und Neugier rief ich ihm zu: „Lass doch einfach den Blödsinn und lass uns reden.“
„Du hast mich gerufen, Sarah. Nun. Da bin ich. Inklusive einer kleinen Demonstration meiner Macht. Wir wollen doch nicht, dass du an meiner Existenz zweifelst!“
Sein siegessicheres Grinsen brachte mich auf den Boden der Tatsachen zurück.
Ich zeigte ihm meinen verachtungswürdigsten Blick und erwiderte: „ Komm auf den Punkt, was willst du von mir? Was willst du in meinen Träumen? Wie machst du das mit meinem Körper? Und warum kommst du nicht sofort, wenn ich dich schon rufe?“
Sein Gesicht zeigte keine Regung, außer dem leichten Lächeln, das seine weißen Zähne in der Dunkelheit aufblitzen ließ.
„Du stellst so viele Fragen, zu viele für den Anfang, findest du nicht auch? Welche soll ich denn nun als erstes beantworten?“
„Lass den Quatsch und komm zur Sache. Was willst du von mir?“
Meine eingefrorenen Körperteile lockerten sich langsam und die Anspannung fiel mehr und mehr ab. Einen Moment war ich versucht zu fluchen, weil dieser Mistkerl eine derartige Macht über meinen Körper hatte. Aber was hätte es mir genutzt? Also stellte ich mich aufrecht hin und machte vorsichtig einen langsamen Schritt auf ihn zu. Immer noch in Erwartung, dass ich eine Antwort auf meine Fragen erhielt. Er schenkte mir überlegendes Lächeln und holte mit der Hand aus.
„Sagen wir mal so, ich denke du hast dich bei deiner Mutter erkundigt. Die gute Christine wird sicher nicht berauscht gewesen sein, als sie hörte, dass es mich noch gibt. Und sicher hat sie dich vor mir gewarnt.“
Sein Gesicht verzog sich zu einem
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