Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
überzogen Frage, aber mir fehlte jeglicher klare Gedanke, um präziser zu hinterfragen ,was ich eigentlich zuerst wissen wollte.
„Und was will dieser Lionel von mir?“
Wie benommen sank ich zusammen, die Hände stützten unwillkürlich meinen Kopf. Meine Mutter fuhr fort: „ Lionel war einer der Vampire, die dein Vater erschaffen hatte. In der Zeit als die Vampire noch jagten, war er sein Gefährte auf Streifzügen. Als jedoch alle Vampire verbannt wurden und das Tor sich schloss, blieb Lionel ebenso zurück wie dein Vater. Beide flüchteten und sie wussten, dass es ihr Untergang war, wenn man sie entdeckte. Die Menschen würden erst Ruhe geben, wenn sie jeden einzelnen ausgerottet hätten. Damals war Macht und Magie, sowie das Hexenhandwerk stärker vertreten als heute. Die Menschen haben im Laufe der Jahrhunderte den Glauben verloren und so ging ein Teil ihrer Gaben einfach mit der Zeit verloren. Lionel passte sich wie dein Vater der Welt an und lernte schnell menschliche Züge zu zeigen. Er zügelte seine Blutgier, dämmte seinen Zorn ein, lernte sich zu kontrollieren. Ab und zu tauchte er bei uns auf, versuchte deinen Vater davon zu überzeugen, dass es Zeit war, die alte Leidenschaft zu wecken. Wieder jagen zu gehen. Dein Vater gab sich redlich Mühe, das Böse in ihm zu überwinden. Er gab ihm die Aufgabe, Köln zu überwachen. Doch Lionel war labil, er kippte ständig in seiner Meinung wieder um. Es wäre nun mal seine Natur, menschliches Blut zu trinken, er hätte es satt, ständig nur das schmutzige Blut irgendwelcher Tiere zu sich zu nehmen oder auf Spenden angewiesen zu sein. Schließlich wäre der Kreis der Hexen längst verstorben. Die Menschen hätten vergessen, dass es Vampire gab. Er war sehr überzeugend. Doch dein Vater hat sich darauf nicht eingelassen. Manchmal habe ich mich gefragt, warum er ihn nicht einfach beiseite geschafft hat. Nachdem dein Vater aber tot war, habe ich Lionel nie wieder gesehen.“
Ihre Stimme klang rau und verletzt, alte Wunden waren aufgerissen.
Leise fügte sie kaum hörbar ins Telefon: „Dein Vater war kein Monster mehr.“
Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Ich musste raus. Einfach nur raus. Meine Kehle war zugeschnürt und ich stand kurz davor zu ersticken. Ich rang nach Luft: „ Mom, was will dieser Lionel von mir?“
„Sarah, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass er nie ohne Grund kommen würde. Er ist zwar der Wärter in eurer Stadt und seine Aufgabe ist es, die Stadt sauber zu halten, damit keiner der Altvampire durchdreht und Menschen anfällt. Lionel kann nicht so dumm sein, sich dort anzuschießen, denn dann würden die Menschen in früher oder später auch wieder jagen. Aber ich traue ihm nicht über den Weg. Wenn er auftaucht, dann will er grundsätzlich nichts Gutes. Lionel war nicht wie dein Vater. Er hat einen Verstand, aber keine Seele. Er fühlt nichts. Du musst dich von ihm fern halten.“
Klar, ich verfolge ihn doch auch nicht auf Schritt und Tritt. Fernhalten, sehr witzig.
Ich rutschte vom Barhocker und sank in die Knie. Meine Glieder fühlten sich an, als gehörten sie nicht mehr zu meinem Körper. Der Raum drehte sich. Ich schmiss das Telefon durch die Küche. Es rutschte über die Kacheln. Knallte scheppernd gegen die Türe. Die Akkus sprangen heraus und rollten über den glatten PVC Belag. Wie ein Embryo, die Beine angewinkelt, die arme eng an den Körper gepresst, rollte ich mich zusammen und lag kauernd in der Ecke gleich neben der schweren Heizung. Die Fußbodenleisten, die im Rhythmus wie Schlangen hin und her glitten, verloren ihre gerade Form und verwandelten sich zu schwingenden, grauen Gebilden. In Wellen übergehend, schlichen sie die Wand entlang. Meine Gedanken schweiften ab, wie ein Segelschiff, das in einen Sturm geraten war und die Orientierung verloren hatte.
Die Leisten sehen ganz schön schäbig aus. Blöde Farbe. Sie sind dreckig. Ekelhaft............... Wer bin ich? Habt ihr schon gehört? Sarah ist ein Mutant. Ich bin kein Mensch. Ich bin kein Untoter. Was bedeutet Leben?
Ich war nicht nah am Wasser gebaut, aber was zu viel war, war zu viel. Unaufhörlich liefen Tränen über meine Wangen und ich konnte das Schluchzen nicht mehr zurückhalten. Was sollte ich meinen Freunden erzählen? Was würde Mary sagen? Und Martin? Wie sollte ich es ihm erklären? Unsere Kinder bekommen mal Eckzähne…und sie werden vermutlich ein paar Menschen töten, aber sonst wird es eine schöne Zeit mit uns… das war doch
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