Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
einem Mann Gottes.
„Ja,“ murmelte er, „das ist also das Amulett. Wenn es dann das Amulett auch wirklich ist. Nun, wir werden es gleich wissen. Das Amulett, gezeugt von einem Untoten und geboren von einer Lebenden. Zurück ins Licht geführt durch die Wächter Gottes, den Mönchen des Lichts, mit der Aufgabe Gut und Böse im Gleichgewicht zu halten.“
Wieder wühlte und blätterte er in den alten Papieren, die überall verstreut auf dem Tisch lagen. „Dann wollen wir mal sehen, ob es wahrhaftig möglich sein kann, dass sie das Erbgut ihres Vaters in sich trägt.“
Er musterte mich von oben bis unten und seine Augen wanderten über mein Gesicht, bis sich unsere Blicke begegneten.
„Du bist jung und siehst gesund aus, du wirst es überstehen.“
Mit einer fahrigen Handbewegung deutete er auf meinen Körperbau hin.
Mit aufgerissenen Augen piepste ich: „Moment mal, was soll dass heißen, ich werde es überstehen?“
„Nun“, seine Stimme klang fest entschlossen, „Du wirst eine Reise machen, die für deinen Geist und deinen Organismus sehr anstrengend sein wird. Und um auf den Punkt zu kommen, du wirst dich gleich hier auf den Boden legen, wir werden einen magischen Kreis um dich ziehen und du bekommst einen Trank. Diesen wirst du dann zu dir nehmen. Ich selbst habe ihn nach alter Tradition brauen. Ich werde die Worte sprechen, die dich in den Geistschlaf fallen lassen und dann beginnt deine Reise in dein inneres Selbst.“
Er kam mir vor, wie ein alter, verwirrter Professor eines Geschichtskurses an der Uni, der nicht mehr ganz wusste, was er da erzählte. Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass ich nichts von dem verstand, was der Mann dort faselte.
Die spinnen doch!
Ich lugte vorsichtig auf die Türe. Wer war schneller? Lionel oder ich? Würde man mich wieder gehen lassen? Oder würde Lionel mich sofort aufhalten? Ich entschied für mich letzteres. Dennoch kam mir die Situation mehr als suspekt vor. Ich steckte mächtig in der Klemme. So oder so.
„Was soll ich bitte trinken? Und was ist da überhaupt drin? Ich kippe doch nicht einfach eins von Ihren Gebräuen in mich hinein. Seit ihr denn alle verrückt geworden?“
Pater Aurelius löste sich andächtig von seinen alten Manuskripten und wandte sich mit einer freundlichen Geste mir zu. „Mach dir keine Sorgen. Den genauen Inhalt darf ich nicht preisgeben, aber es ist sicherlich kein Gift. Und einem Mann der Kirche solltest du trauen, mein Kind.“
„Da liegt ja mein Problem,“ knirschte ich durch die Zähne.
Wem kann man denn heutzutage noch trauen?
Ich war mir nicht mehr ganz sicher, ob ich es nicht doch mit einem geisteskranken alten Mann und einem neurotischen Vampir zutun hatte und schüttelte verwirrt den Kopf.
Und wann endet diese sogenannte Reise?“
Lionel redete besänftigend auf mich ein, was mich noch mehr irritierte. Mit einem winzigen Aufflackern eines überheblichen Lächelns, fügte er hinzu: „Wenn deine Reise zu ende ist, wirst Du erwachen. Ganz einfach.“
Der Pater nickte zustimmend und drängte: „, Solltest du nicht selbst zurückfinden: Ich kenne den Weg und werde dich leiten. Mach dir keine Sorgen. Ich weiß, was ich tue. Aber wir müssen unbedingt herausfinden, ob du wirklich das Amulett bist. Und uns läuft die Zeit davon.“
Ich ergab mich meiner aussichtslosen Situation und bat um eine letzte Antwort: „Eines wüsste ich jedoch vorher noch: Wenn sich herausstellt, dass ich euer besagtes Amulett bin, was geschieht dann?“
„Das wird sich zeigen, aber dann werden wir dich beschützen müssen. Dein Leben ist dann mehr in Gefahr, also du jetzt ahnst. Du siehst also, es ist von Nöten, dass wir nun endlich beginnen. Allein um deiner Selbstwillen solltest du mir vertrauen.“
„Ah ja…“ Mehr fiel mir dazu auch nicht ein.
Neben dem alten Sekretär stand eine ebenso abgenutzte, braune Ledertasche mit zerkratzten Metallschnallen. Auf den ersten Blick sah sie aus, wie eine dieser Arztkoffer, die ständig im Fernsehen zu sehen waren. Allerdings musste diese aus einem alten Schwarz-Weiß-Film stammen. Der Pater nahm sie hoch und stellte sie auf den Tisch. Mit leisem Klappern öffnete er sie. Dann holte er einige Kerzen, Holzschalen, einen Kelch und eine kleine Amphore, sowie mehrere Stoffsäckchen und ein graues Tuch mit einer seltsamen Inschrift heraus. Das Tuch sah recht antik und wertvoll aus. Es schien handgewebt und die merkwürdigen Hieroglyphen, die sich darauf befanden, waren mit schwarzem,
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