Sarah Dearly Bd. 5 - Verliebt, verlobt, verbissen
jemand nervte, musste ich nur mit den Fäusten in der Luft herumfuchteln und »Death Rock!« schreien.
Oder ihnen den Hals aufreißen und in ihrem köstlichen Blut baden , schlug meine Nachtwandlerin vor.
Oh, warte. Nein, nein, nein, das war kein guter Gedanke. Vorsichtig ausgedrückt. Bleiben wir bei der ersten Variante. Ausschließlich bei der ersten.
»Sie ist eine Kundin«, erklärte Steven.
»Eine Kundin?«
»Es geht um diesen Zauberkram.«
»Du bist wirklich der Größte .« Der Freund musterte mich. »Wie heißt du, Süße?«
Ich musterte ihn voller Missachtung aus meinen schwarzen Augen. »Wie alt bist du? Zwölf? Lass mich in Ruhe.«
»Das ist okay«, erwiderte er. »Ich steh auf reife Frauen. Damit kann ich umgehen. Und nur fürs Protokoll, ich bin fast fünfzehn.«
Ich beachtete ihn nicht weiter und sah Steven an. »Kannst du mir helfen?«
» Oh, ja .« Sein Freund grinste mich anzüglich an. »Er hilft dir sofort. Er hilft dir die ganze Nacht, Baby. Oh ja.«
Vielleicht konnte ich heute Nacht zumindest einen Hals aufreißen. Ich würde es auch kurz machen. Versprochen.
Moment… nein . Gar keinen.
»Hör auf«, sagte Steven. »Sie könnte deine Mutter sein.«
Das riss mich aus meinem widerlichen Nachtwandlermodus. »Wohl kaum.«
»Steve, Mensch, ich kann mit älteren Frauen umgehen. Da stehe ich drüber.«
»Ich habe dir gesagt, du sollst mich Finsternis nennen.«
»Sei kein Würstchen.«
Steven sah ihn mit finsterem Blick an. »Ein Würstchen? Ich bin kein Würstchen. Du bist hier das Würstchen!«
Ich seufzte. Das Schicksal meiner besten Freundin lag gerade in den Händen von diesem Würstchen.
Es ging nicht gerade bergauf.
Ungefähr drei Sekunden später beendete Death Suck sein fantastisches Konzert, und die Lichter gingen an. Tausende von Jugendlichen mit trübem Blick und geschädigtem Gehör strömten zu den Ausgängen.
»Komm mit«, forderte Steven mich auf.
Sein Freund kicherte. »Ja, Baby. Dann kannst du bei mir kommen . Kapiert? Hä, hä.«
Ich musterte den Kerl und setzte meine Bewusstseinskontrolle ein. »Geh nach Hause, Jüngelchen.«
»Okay, tschüss.« Seine Augen glänzten. Er drehte sich um und verschwand wortlos.
Ich folgte Steven und ließ seinen strähnigen Hinterkopf nicht aus den Augen, während wir uns durch die Menge kämpften. Schließlich schaffte ich es, ihn an der Schulter zu fassen, damit er kurz stehen blieb.
»Wohin gehen wir?«, fragte ich. »Machst du den Lokalisierungsspruch für mich?«
»Vielleicht. Folge mir.«
Er lief weiter.
»Wegen gestern«, hob ich erneut an. »Als du besessen warst …«
Er sah mich mit etwas größeren Augen an. »Ja. Ich habe dir ja gesagt, dass du schon mit der schwarzen Magie in Kontakt warst. Ich schätze, dass sie dich wiedererkannt hat.«
»Wärst du in der Lage, die Ausrottung notfalls zu wiederholen?«, fragte ich. »Du hast so gewirkt, als ob das möglich wäre.«
»Vergiss es. Auf keinen Fall.« Er schüttelte sich. »Ich will sowieso nie wieder so weit gehen. Keine Vampirkunden mehr. Beinahe hätte ich heute Abend nicht zum Konzert kommen können, weil mir von dieser widerlichen Dämonenenergie so elend war. Ich habe einen neuen Auftraggeber. Der Kerl zahlt mir jede Menge für meine schrägen Fähigkeiten.«
Die warme Menge strömte hinaus, und ich zwang mich, an etwas anderes als den verlockenden Geruch von knackigen Teenagern zu denken, die alle so verletzlich und appetitlich wirkten.
Alles in allem war ich bislang heute Abend ziemlich stolz auf meine Selbstbeherrschung. Es war schwierig, aber eventuell nicht unmöglich, meine Nachtwandlerin auf Dauer in Schach zu halten. Es war wie ein Muskel, den ich nicht häufig benutzt hatte. Vielleicht konnte ich mit diesen neuen Muskeln finstere Gedanken einfach wie dicke, klebrige Spinnweben zur Seite zu schieben.
Wenn es hart auf hart kam, konnte ich wie ein Drogenabhängiger auf dem Weg der Besserung das Gelassenheitsgebet zitieren.
Gott gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann.
Den Mut, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann …
Und … und so weiter.
Das musste ich ein anderes Mal auswendig lernen.
Ich lief weiter hinter Steven her. Die Menge löste sich langsam auf, und jeder machte sich entweder auf den Weg zu einem öffentlichen Verkehrsmittel oder einem nahe gelegenen Parkplatz. Oder sie suchten ein Restaurant oder eine Bar auf, um sich von dem Angriff auf ihren Gehörgang zu erholen. Der CN Tower ragte
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