Sarah Dearly Bd. 5 - Verliebt, verlobt, verbissen
plötzlich vorbei.
Ich blinzelte und sah mich um. Irgendwie war der Raum heller geworden, obwohl nicht mehr Licht brannte als vorher. Meine Sehkraft hatte sich so verbessert, dass ich buchstäblich im Dunkeln sehen konnte. Ich ließ meinen verschärften Blick zu Gideon gleiten, der jetzt ein Stück von mir entfernt stand. Er legte den Kopf auf eine Seite.
»Ich habe Steven beauftragt, die letzten Reste deines Egos aus dir zu vertreiben, damit du deine Nachtwandlerin vollkommen willkommen heißen kannst«, sagte er zögernd. »Wie fühlst du dich?«
Gideon. Es war, als hätte ich ihn vorher nicht richtig gesehen. Ich war so umnebelt gewesen. Jetzt konnte ich sogar durch den schwarzen Schal und hinter seine Narben blicken. Ich sah, wie das Höllenfeuer unter seiner Haut brannte und wie qualvoll seine Seele Stück für Stück aufgefressen wurde.
Ich ging langsam auf ihn zu und griff nach seinem Schal. Als ich sein vernarbtes Gesicht berührte, zuckte er zusammen.
»Wie ich mich fühle?«, wiederholte ich. »Viel, viel besser.«
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn leidenschaftlich mitten auf den Mund.
21
N achdem ich ihn geküsst hatte, hob ich den Blick zu Gideon und wusste, dass meine Augen pechschwarz waren. Er sah mich überrascht an. Keine Ahnung, wieso.
Ich fühlte mich jetzt ruhig und völlig kontrolliert. Ich hatte keinen Durst mehr. Ich empfand keine Schuld mehr, weil ich war, was ich war. Wieso auch? Die Welt erschien mir deutlich weniger gruselig. Sie war jetzt nur klar, und ich schien in ihr alles erreichen zu können, was ich wollte.
Steven hatte mich von meinem klagenden Teil befreit, der vor jeder Kleinigkeit Angst hatte. Dem Teil, der den Fluch loswerden wollte. Was für ein komisches Wort für etwas so Herrliches !
Die alte Sarah war weg. Ganz und gar verschwunden – sie und ihr Bedürfnis, bei diesem alten, humorlosen Meistervampir zu bleiben -
Thierry. Nein. Ich muss dagegen ankämpfen.
- Ich konnte nicht glücklicher sein.
Warte eine Minute. Was war das? Es war egal. Ich sah zu Steven hinüber.
»Du bist ein Verrückter mit ziemlich viel Macht, oder?«, fragte ich.
»Es tut mir leid«, sagte er.
Gideon berührte meinen Arm. »Bist du bereit?«
»Das war ich schon immer.«
Wie hatte ich mir jemals einen anderen Mann an meiner Seite vorstellen können? Er war perfekt. Er hatte nicht jahrhundertelang unter Schuldgefühlen gelitten, die dazu
führten, dass er sich vor der Welt versteckte. Er hatte keine Angst, denen wehzutun, die ihm vertrauten.
Ich fasste seinen Arm und ließ die bewusstlose Amy in der Gruft zurück. Wir traten auf den kleinen Friedhof hinaus. Ich konnte alles um mich herum genauso deutlich sehen wie am Tag.
Etwas fing meine Aufmerksamkeit. Dort wartete Veronique.
Ich versuchte, mir meine Gereiztheit nicht anmerken zu lassen.
Musste ich mich denn immer mit dieser Zicke auseinandersetzen, egal auf welchen Mann ich mich einließ?
Das war nicht gerecht.
Veronique musterte mich mit skeptischem Blick. »Sarah, mein Gott, du siehst seltsam aus.«
»Ich freu mich auch, dich zu sehen, Vee.«
Sie atmete lautstark ein. »Du hast den Kampf verloren, stimmt’s? Deine Nachtwandlerin hat die Kontrolle übernommen.«
»Was zum Teufel schert dich das? Bist du nicht Teil des Plans?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe noch einmal nachgedacht, Gideon.« Sie sah ihn an. »Wir müssen reden. Ich muss meine Zukunft planen, deshalb muss ich genau wissen, was du nach deiner Zeugung vorhast. Wohin wirst du gehen? Was wirst du tun?«
Er lächelte sie an. »Dazu habe ich jetzt keine Zeit.«
»Dann nimm sie dir gefälligst.« Ihre Stimme klang indigniert. »Oder ich helfe dir nicht mehr. Vielleicht hätte ich es überhaupt nicht tun sollen. Ich dachte, wenn ich eingreife,
könnte ich unnötiges Blutvergießen oder Gewalt verhindern. Aber jetzt, nachdem Sarah nicht mehr sie selbst ist, mache ich mir Sorgen, was als Nächstes geschieht.«
Überlebensinstinkte brachten einen dazu, total egoistisch zu sein.
Ich schlang meinen Arm um Gideons Taille. »Na, das hättest du dir vielleicht überlegen sollen, bevor du gestern mit Gideon geschlafen hast, hm?«
»Ich habe nicht mit ihm geschlafen.«
»Was?«
Gideon lachte leise. »Wie gesagt, Sarah, ich habe nur ein Nickerchen gemacht. Du hast deine eigenen eifersüchtigen Schlüsse gezogen. Nein, Veronique glaubt wirklich, dass sie Einfluss auf meine Pläne nehmen kann. Da bin ich allerdings anderer
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