Sarah Dearly Bd. 5 - Verliebt, verlobt, verbissen
vergebe ich dir, dass du mir dieses gewaltige Geheimnis vorenthalten hast.«
Ich brachte ein angespanntes Lächeln zustande. »Dann sind wir ja quitt.«
Gideon musterte Thierry von oben bis unten, als würde er prüfen, ob sich ein Wettbewerb lohnte, und zu dem Schluss kommen, dass er ihm nicht gewachsen war. »Was sollen wir denn nun mit dir machen?«
»Gute Frage.« Thierry holte aus und schlug Gideon so heftig in sein jetzt vollkommen narbenfreies Gesicht, dass der Jäger quer über den Friedhof flog und mit dem Kopf gegen einen marmornen Grabstein krachte, woraufhin er bewusstlos zusammensackte.
Verdammter Angeber.
»Ich gebe dir noch eine Chance«, sagte Thierry zu mir.
Ich starrte ihn an. »Nein. Es ist vorbei. So oder so, heute Nacht ist es vorbei, Thierry. Ich bin jetzt eine andere. Und es gefällt mir.«
»Du bist kein Nachtwandler.«
»Doch. Ich brauche keine Sonne mehr. Ich brauche mir keine Gedanken mehr zu machen, ob ich jemandem wehtue. Ich brauche nicht die ganze Zeit nett zu sein.« Ich kniff die Augen zusammen. »Und dich brauche ich auch nicht mehr.«
Seine Brust hob und senkte sich schwer. »Ich will nicht, dass du mich brauchst, Sarah. Ich will, dass du mich willst.«
»Keine Anspielungen auf nette Siebziger-Jahre-Songs, bitte. Das ist nicht der richtige Zeitpunkt.«
Ich packte sein Hemd und zog ihn näher zu mir. Ich könnte etwas Blut von einem Meistervampir gebrauchen. Gideon hatte zwar nur einen großen Schluck genommen, aber ich war ein bisschen durstig.
»Lass mich los«, knurrte Thierry.
»So autoritär.« Ich strich mit der Zunge über seinen Hals. »Das hat mich noch nie sonderlich beeindruckt.«
»Das ist schade.«
»Ja wirklich, nicht?«
Er stieß mich grob von sich. Wenn ich noch atmen müsste, hätte ich die Luft ausgestoßen.
Ich schlug ihm fest ins Gesicht. So heftig, dass sein Kopf zur Seite geschleudert wurde. Als er mir wieder in die Augen sah, waren sie vollkommen schwarz, und in seinem Mundwinkel klebte Blut.
»Denk an dein Benehmen, Sarah«, ermahnte er mich. »Dass du deiner dunklen Seite nachgegeben hast, heißt nicht, dass du deine Manieren vernachlässigen darfst.«
Mein Blick glitt zurück zu dem Pflock in seiner Hand. »Hast du mir etwas mitgebracht, großer Junge?«
Die Knöchel an der Hand, mit der er die Waffe umklammerte, waren weiß. »Vielleicht.«
»Hör zu, ich habe immer wieder denselben Traum. Dass du mich erstichst. Aber neulich war etwas anders. Da habe ich dich erstochen.«
»Eine Prophezeiung?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, das werden wir früher oder später herausfinden, nicht?«
»Vermutlich eher früher als später.«
»Stimmt.« Ich legte eine Hand auf seine Brust und spürte seinen Herzschlag. Schneller als für einen Meistervampir üblich, aber deutlich langsamer als bei einem Menschen. Ich hielt ihm meinen noch blutenden Arm vor die Nase. »Willst du nicht vielleicht ein bisschen kosten? Ich weiß doch, wie gern du das magst.«
Sein Blick glitt zu meinem Arm. »Tut mir leid, Sarah. Aber schlechte Qualität ist nicht mein Stil.«
Blitzartig packte er mit der einen Hand mein Handgelenk und zog mich näher zu sich. Der Pflock schabte über meine Brust.
»Bist du wirklich für mich verloren?«, fragte er. Die Anspannung war ihm jetzt deutlich anzusehen.
Ich versuchte, mich von ihm loszumachen, aber er war stark. Ich glaube, mir war vorher gar nicht klar, wie stark Thierry wirklich war.
»Lass mich los, du Mistkerl«, zischte ich mit zusammengebissenen Zähnen. »Oder bring mich um. Entweder oder. Entscheide dich.«
Seine Miene verfinsterte sich. »Ich habe mich entschieden.«
Ich brachte ein Lächeln zustande. »Richtig. Natürlich. Wie war das noch vorhin? Ich glaube, ich habe dich gebeten, mich zu schlagen, und du hast es nicht fertiggebracht. Wenn du dazu nicht in der Lage warst, wie solltest du mich dann erstechen können?«
»Wenn es nötig ist, werde ich dich erstechen«, knurrte er. »Und das werde ich tun. Ich habe daran mitgewirkt, dass die letzte Welle von Nachtwandlern vernichtet wurde. Ich weiß sehr wohl, welche Gefahr von ihnen ausgeht.«
»Bla, bla, bla. Und? Was passiert, wenn du mich erstochen hast? Geht das Leben seinen üblichen Gang?«
»Das werde ich nicht mehr erleben. Du hast einmal zu mir gesagt, dass du lieber überhaupt nicht mehr leben willst, als ohne mich zu leben. Nun, mir geht es genauso mit dir.«
»Wie sentimental«, bemerkte ich bissig, doch mein Hals war wie
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