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Sarah Dearly Bd. 5 - Verliebt, verlobt, verbissen

Sarah Dearly Bd. 5 - Verliebt, verlobt, verbissen

Titel: Sarah Dearly Bd. 5 - Verliebt, verlobt, verbissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Rowen
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sollte, wie es sich anfühlte, als Nachtwandlerin am helllichten Tag hinauszugehen, würde es sich so anhören:
    Purer Schmerz.
    Milliardenfach.
    Vielleicht hört sich das übertrieben an, war es aber nicht. Ehrlich. Sonne und Nachtwandler passten nicht zusammen. Überhaupt nicht. Wenn ich der Sonne für längere Zeit ausgesetzt war, und wir sprechen hier von zehn bis fünfzehn Sekunden, ging ich in Flammen auf und lief mit fuchtelnden Armen durch die Gegend, bis ich mich in den Inhalt eines schmutzigen Aschenbechers verwandelte und über den Bürgersteig verteilt wurde. Vermutlich würde ich selbst dann noch weiterschreien.
    Als ich aus dem Darkside in das tödlich heiße Sonnenlicht trat, zog ich mir das Hemd über den Kopf und lief wie ein Sprinter bei der Olympiade auf den nächsten
U-Bahn-Eingang zu. Ich stolperte die Treppen in die Glück verheißende Finsternis hinunter und versuchte zu ignorieren, dass ich wegen meiner rot glühenden Haut, von der kleine Rauchwolken aufstiegen, seltsam angestiert wurde.
    »Geht es Ihnen gut?«, fragte jemand.
    »Hervorragend«, keuchte ich. »Mir ging es noch nie besser. Haben Sie vielen Dank.«
    Meine Haare klebten an der Stirn, denn ich verströmte eimerweise Schweiß. Ich tastete nach meinen Augenbrauen, um mich davon zu überzeugen, dass sie nicht angesengt worden waren. Das würde mich wirklich nerven. Aber sie waren noch da. Für den Moment jedenfalls. Bis ich mich wieder auf Raumtemperatur abgekühlt hatte, lehnte ich wie ein verschwitztes Soufflé, das man gerade aus dem Ofen gezogen hatte, an der Wand der Haltestelle.
    Veronique war mit Gideon zusammen . Dieser Gedanke wirbelte fortwährend durch meinen Kopf.
    Ich konnte es nicht fassen. Klar, ich wusste, dass sie egoistisch und selbstverliebt war, aber hatte sie wirklich das mit Überleben gemeint?
    Wenn es nach mir ginge, würde sie sofort aus dem Dschungelcamp rausgewählt werden.
    Das Schlimmste war, dass sie sich anscheinend überhaupt keiner Schuld bewusst war.
    Nun, gut. Das war nicht das Schlimmste .
    Die ganze Situation hatte zumindest etwas Gutes, ihr Blut hatte mir vorübergehend Kontrolle über meinen Fluch verschafft. Normalerweise würde ich nach einer solchen Zeit ohne meine Goldkette bereits an jedem menschlichen
Hals schnuppern, der sich mir bot, um herauszufinden, welcher am besten schmeckte.
    Aber ich schnüffelte an niemandem herum. Natürlich, ich roch sie. Duzende von Menschen drängten auf ihrem Weg zur U-Bahn an mir vorbei. Aber sie verströmten nicht nur den beunruhigenden Geruch von Essen. Da war mehr. Ich konnte an ihrem Geruch erkennen, in welcher Stimmung sie waren. Ob sie gestresst oder ängstlich oder wütend waren.
    Es roch … köstlich .
    Aber momentan wuchsen meine Reißzähne nicht in die Länge. Schließlich hatte ich gerade erst ein sehr zufriedenstellendes Mahl gehabt.
    Gott, was war bloß mit meinem Leben passiert?
    Vor dem Fluch hatte ich mit meinem Vampirdasein gehadert. Ich hatte mich dagegen gewehrt, als »Monster« abgestempelt zu werden. Ich hatte angenommen, ich würde mich durch die Verwandlung in einen Vampir verändern, aber das war nicht der Fall. Ich fühlte mich genau wie immer. Deshalb verstand ich nicht, wieso die Jäger auf einmal hinter mir her waren und mich umbringen wollten, nur weil ich war, was ich war.
    Doch jetzt begriff ich es. Als die Erde noch von Nachtwandlern bevölkert war, hatte man die Jäger dringend gebraucht. Vor einem Vampir, wie ich jetzt einer war, mussten sich die Leute ängstigen. Sie versteckten sich vor der Sonne und zeigten sich nur nachts, wenn der Hunger sie trieb. Sie waren nicht in der Lage, sich zu beherrschen. Sie wollten sich nicht beherrschen.
    Ich war die Art von Vampir, die es verdiente, erstochen
zu werden. Ein außer Kontrolle geratenes blutrünstiges Monster.
    Ich schluckte schwer. Ich saß tief in der Tinte.
    Sehr tief .
    Aber immerhin konnte ich noch klar denken. Die Goldkette war großartig gewesen – ein wahres Wunder -, aber sie war nun einmal weg. Damit hatte ich die ganze Zeit über rechnen müssen. Das nervte zwar. Ziemlich sogar. Aber ich musste zusehen, dass ich irgendwie ohne sie zurechtkam.
    Ich konnte die Kontrolle behalten. Ich konnte es.
    Verdammt. Wem versuchte ich etwas vorzumachen? Ich sollte besser weiterhin denken, dass ich tief in der Tinte saß.
    Ich musste Thierry finden.
    Thierry. Allein sein schwer auszusprechender französischer Name machte mir Mut – ein winziges bisschen.
    Ich zog mein Telefon

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