Sarah Pauli 03 - Tod hinter dem Stephansdom
nicht in ihrer Abteilung gearbeitet. Von der angeblichen Drogensucht habe man erst nach ihrem Tod aus der Zeitung erfahren. Niemandem im Konzern sei dies vorher jemals aufgefallen.
» Sie wissen doch, Frau Pauli, das Personal tratscht gerne. Wenn sie damals schon Drogen genommen hätte, wäre die Sache irgendwann in der Chefetage angekommen. Aber meines Wissens hat es nie ein derartiges Gerücht gegeben. Deshalb gehe ich davon aus, dass sie erst nach ihrem Ausscheiden aus unserer Firma begonnen hat, Drogen zu nehmen. «
Das Dienstverhältnis war schon längere Zeit aufgekündigt gewesen, bevor man aus dem Zeitungsartikel von Renate Maurers Drogenmissbrauch erfuhr. Auf die Frage, wie lange zuvor, rief Ulrike Kastler die Personalchefin an, um den genauen Zeitpunkt der Kündigung zu erfragen.
Drei Monate vor ihrem Tod habe Renate Maurer das Unternehmen verlassen. Sarah überschlug die Monate im Kopf.
» Das war im Juni, richtig? «
Ulrike Kastler fragte noch einmal bei Melanie Fuchs nach. » Frau Maurer hat Ende Juni gekündigt und auf eigenen Wunsch das Unternehmen sofort verlassen, das heißt, sie hat ihren Resturlaub angetreten. Das ging sich mit der Kündigungsfrist aus « , erklärte Ulrike Kastler Sarah dann.
Es habe keinen speziellen Grund für die Kündigung gegeben. Renate Maurer wollte sich einfach verändern und sah im Unternehmen keine Möglichkeit dafür. Auf Sarahs Frage, ob sie engere Freundschaften zu Arbeitskollegen pflegte, schüttelte Ulrike Kastler den Kopf. Was die Mitarbeiter während ihrer Freizeit unternahmen, kümmerte den Konzern nicht.
Sarahs Handy meldete sich mit Lucio Dallas Canzone.
Ulrike Kastler sah sie entrüstet an und sagte ungehalten: » Sie sollten nicht zögern, Ihr Handy vor Besprechungen auszuschalten, Frau Pauli. «
Blöde Kuh!
» Ich bin Journalistin. In meiner Zunft kann man es sich nicht erlauben, nicht erreichbar zu sein. «
Sarah warf einen Blick aufs Display, Conny hatte ihr eine SMS geschickt. Sie erfasste Connys Nachricht mit einem Blick, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. In diesem Augenblick hätte sie ihre Kollegin küssen können.
» Sagen Sie mal, Frau Kastler … « Sie legte ihr Handy demonstrativ vor sich auf den Tisch. » Herr Magister Levic hat doch vorhin vehement behauptet, dass Herr Doktor Brand niemals mit Drogen in Berührung kam. Warum war dann die Drogenfahndung hier im Haus und hat sein Büro durchsucht? «
Ulrike Kastler wich ihrem Blick für einen winzigen Moment aus, bevor sie sich zwang, ihm doch standzuhalten. Sarah hätte gerne gewusst, was nun im Kopf der Kommunikationsleiterin vorging. Ihr Gesicht blieb ausdruckslos und ernst, doch ihre Gedanken flogen wahrscheinlich wie aufgescheuchte Möwen hin und her und suchten verzweifelt nach einem Platz zum Landen.
» Dazu kann ich Ihnen nichts sagen. «
» Vielleicht kann das Herr Brand tun. «
Sie schüttelte energisch den Kopf.
» Tut mir leid. Kein Kommentar. «
18
PHILIPP BRAND
W arum Renate Maurer? Wie kommt diese Journalistin ausgerechnet auf Renate? « , fragte Philipp Brand.
Er hatte sich mit Gerhard Levic in sein Büro zurückgezogen.
In dem Moment betrat Ulrike Kastler den Raum und ersparte Gerhard Levic die Antwort. Die Kommunikationsleiterin wirkte aufgeregt.
» Sie weiß von der Hausdurchsuchung! «
» Wer? «
» Die Journalistin. Diese Pauli. Sie hat mich gerade gefragt, warum die Drogenfahndung im Haus war. Sie hat wohl eine SMS bekommen, denn unmittelbar nachdem sie die Nachricht gelesen hatte, hat sie gefragt « , erzählte Ulrike Kastler. » Sie wollte auch wissen, wann Renate gekündigt hat. Was soll das? «
» Was haben Sie denn geantwortet? «
» Kein Kommentar. Ich habe das Gespräch beendet und sie rauskomplimentiert. «
Philipp Brand seufzte. » Vielleicht lässt sie die Sache ja auf sich beruhen. «
» Die Frau ist Journalistin « , sagte Gerhard Levic, und alle wussten, was damit gemeint war. Sarah Pauli würde die Angelegenheit weiterverfolgen.
Philipp Brand bedankte sich bei Ulrike Kastler und bat sie, ihn und Gerhard Levic wieder alleine zu lassen.
Gerhard Levic setzte an zu sprechen, doch Philipp Brand schüttelte den Kopf.
Es folgte ein Moment der Stille, in dem er sich weit, weit weg wünschte. Das hatte er als Kind schon immer getan, wenn ihm alles zu viel wurde. Sich weit weg gewünscht. Auf eine Kaffeeplantage nach Costa Rica, ans Meer zu den Delfinen, zum Planet der Affen. Egal wohin. Alles war besser, als hier zu sitzen und zu
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