Sarah Pauli 03 - Tod hinter dem Stephansdom
schwarze Frau in der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober in der Blutgasse gesehen. Am 19. Oktober im Jahr davor war Renate Maurer gestorben. Einen Tag später, am 20. Oktober, war sie gefunden worden. Am 30. April legte die schwarze Frau ein Heiligenbild am Parkplatz nieder. Das war an Renate Maurers 37. Geburtstag!
Das Bild wurde allmählich vollständig.
Als Stepan sie anrief, um ihr mitzuteilen, dass er zur Pressekonferenz in die Firma Brand fahren würde, war ihr das gleichgültig. Sie hatte kein Interesse mehr daran. Sie wollte etwas anderes. Sie wollte einen Schritt weitergehen. Sie wollte endlich die schwarze Frau finden.
Plötzlich erschien der Obduktionsbericht ihr wie eine Botschaft. Es war nur eine Ahnung, doch Sarah war sich sicher, die Mitteilung im Kern zu begreifen.
Die Täter sind gerichtet.
30
MARIO KAISER
E in schrilles Läuten weckte ihn. Er hatte zum ersten Mal seit Freitag tief geschlafen und brauchte eine ganze Weile, um zu begreifen, wo er sich befand und dass es läutete.
Während er sich noch orientierte, schrillte es unaufhörlich weiter. Er sah auf die Uhr, halb acht.
Jenny!, schoss es ihm durch den Kopf. Er sprang auf, lief zur Eingangstür und öffnete die Wohnungstür.
» Na endlich! « , fuhr ihn seine Barkeeperin entnervt an. » Du hast vergessen, den Schlüssel abzuziehen. «
» Entschuldige. «
Mario Kaiser war das ganze Wochenende bei Jenny geblieben, und er hatte sich angewöhnt, sofort die Tür zuzusperren, nachdem sie die Wohnung verlassen hatte.
» Habe Zeitungen und Semmeln mitgebracht. «
Sie ging in die Küche und bereitete ein Frühstück vor. Währenddessen erzählte sie ihm, dass auch in dieser Nacht ausschließlich Stammgäste im Lokal gewesen wären. Außerdem habe niemand Fremdes angerufen, und es habe auch niemand nach ihm gefragt.
» Ich glaube, dass diese Botschaft im Lift dich einfach nur erschrecken sollte « , meinte Jenny überzeugt.
Beim Frühstück lasen sie einander gegenseitig die Zeitungsmeldungen vor und wunderten sich über die irrwitzigen Vermutungen der Journalisten, was den Tod von Gerhard Levic anbelangte. Natürlich wurden sofort Verbindungen zu Oskar Brands Tod hergestellt. Zu Recht.
Mario Kaiser und Jenny zweifelten jedoch an der Verschwörungstheorie ebenso wie an den Mafiageschichten.
» Ich verstehe ja noch immer nicht, warum du nicht zur Polizei gehst. «
» Es gibt Gründe dafür « , wiederholte Mario Kaiser.
Als Jenny sich gegen neun schließlich schlafen legte, verließ Mario Kaiser zum ersten Mal seit Freitag ihre Wohnung und kehrte in seine eigene zurück.
Er änderte den Liftcode noch einmal, zögerte einen Moment, schimpfte sich ein Weichei und redete sich ein, in seinem Appartement sicher zu sein.
Der Lift blieb mit einem sanften Ruck stehen, die Türen öffneten sich, und Mario Kaiser rechnete mit dem Schlimmsten. Vor ihm erstreckte sich sein Loft. Es war niemand zu sehen. Dennoch griff er nach dem nächstbesten Gegenstand – es war ein Regenschirm – und nahm sein Reich misstrauisch in Augenschein. Es war menschenleer.
Er stellte den Regenschirm zur Seite und entspannte sich.
Den ganzen Tag über versuchte er in regelmäßigen Abständen, Tobias Blank zu erreichen. Der ging jedoch weder ans Telefon, noch rief er zurück.
Mario Kaiser war sich sicher, dass Tobias Blank etwas wusste. Verdammt! Die ganze Stadt wusste inzwischen über Gerhards Ermordung Bescheid. Warum rief dieses verdammte Arschloch nicht zurück? Insgeheim hoffte er, dass Tobias Blank noch am Leben war, und er hoffte auch, dass er heute Abend ins Privat kommen würde.
Am frühen Nachmittag schlief Mario Kaiser auf seinem Sofa ein und erwachte panisch, als er das Geräusch des Fahrstuhls hörte. Diesmal blieb der Lift unter seiner Wohnung stehen. Er brauchte ein paar Sekunden, bis sich sein Herz wieder beruhigt hatte.
Gegen neun am Abend machte er sich auf den Weg, eine Stunde früher als üblich. Denn seine Verfolgerin kannte unter Garantie seine Gewohnheiten. Wenn er überleben wollte, musste er diese ändern. Eine Stunde früher das Haus verlassen. Viel früher oder viel später als üblich nach Hause kommen. Es durfte keine Regelmäßigkeiten mehr geben. Das war sein vorläufiger Überlebensplan. Einen besseren hatte er nicht.
Das Thermometer an der Außenseite seines Küchenfensters zeigte fünf Grad an. Er zog eine dicke Jacke über sein T-Shirt an. Im Privat war es zu jeder Jahreszeit warm.
Er ließ den Wagen in der Garage stehen, ging
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