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Sarahs Moerder

Sarahs Moerder

Titel: Sarahs Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Longo
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und nahm ein anderes Foto, auf dem Sarah kleiner war, als Zorro verkleidet.
    Wir schauten uns noch drei, vier an, dann sagte sie ganz leise, kaum hörbar: »Es reicht.«
    Sie legte die Fotos zurück in die Dose, schloss sie und legte sie auf ihre Knie und strich ab und zu darüber.
    »Sie war gern draußen, in der Natur, bei Tieren. Sie hatte gerade mit Tiermedizin angefangen.«
    Ich saß da mit der Tasse in der Hand und wusste nicht, was ich sagen sollte.
    »Sie spielte auch Gitarre. Und hatte so eine schöne Stimme. Aber sie hat nicht gern vor Leuten gesungen, ich habe ja schon gesagt, dass sie schüchtern war. Ab und zu sagte sie, dass niemand sie verstand.«
    Sie schaute mich an und lächelte freundlich.
    »In eurem Alter kommt das vor, dass man denkt, keiner versteht einen, nicht wahr?«
    »Ja, das stimmt, da haben Sie recht«, sagte ich.
    Und zählte die Kacheln auf dem Boden, um ihrem Blick auszuweichen.
    Endlich stand ich an der Tür und verabschiedete mich.
    »Auf Wiedersehen, Signora. Danke für den Kaffee.«
    »Kommen Sie doch mal wieder.«
    »Mach ich, Signora. Auf Wiedersehen.«
    Die Tür fiel zu. Ich holte tief Luft und ging die Treppe runter.
    Bevor ich ging, rauchte ich noch eine im Innenhof hinter dem Hausflur. Während ich so rauchte, schaute ich hoch und sah die Fenster zum Hof. Hinter einem könnte Sarahs Mörder sein, hab ich gedacht. Der Commissario hatte Recht, ihr Mörder war hier. Irgendwo hier, wir wussten nur nicht, wo.
    Plötzlich schlug eine Tür zu, und ich habe mich fürchterlich erschrocken. Ich ging zurück in den Flur und hörte eine Männerstimme auf der Treppe:
    »Birba … Birba … wo bist du?«
    Ich versteckte mich hinter dem Brunnen und blieb ganz still stehen, um zu sehen, wer das war.
    Dann hörte ich Schritte die Treppe runterkommen.
    Einen Augenblick später sah ich ihn im Flur. Es war der Lehrer, der, den ich am ersten Tag zusammen mit dem Commissario verhört hatte. Immer noch in Shorts und Lacoste. Er hatte irgendwas in der Hand, aber von da aus, wo ich war, konnte ich nicht erkennen, was.
    »Birba, guck mal, was ich habe … Birba …«
    Hinter dem Aufzug kam Sarahs Katze vor.
    Der Mann ging ihr entgegen.
    »Willst du keine Milch, Birba?«
    Er kniete sich hin und stellte einen Teller auf den Boden. Die Katze miaute.
    »Das ist nur Milch, keine Angst.«
    Die Katze kam näher und fing an, die Milch vom Teller zu schlecken. Er streichelte sie.
    »Guten Abend, Professore«, sagte ich und kam hinter dem Brunnen vor.
    Der Lehrer drehte sich schnell um und erkannte mich sofort.
    »Das ist Sarahs Katze«, sagte er verlegen.
    »Ja, weiß ich.«
    In der Zwischenzeit verschwand die Katze wieder hinter dem Aufzug. Er stand auf.
    »Hatte ich also recht«, sagte er.
    »Womit?«
    »Der, den ihr verhaftet habt. Hab ich euch doch gesagt, dass das ein Verbrecher ist.«
    Ich nickte.
    »Wenn man sich mit solchen Leuten abgibt, muss früher oder später was passieren.«
    »Darf ich Sie was fragen?«
    »Gern.«
    »Haben Sie Sarah schreien hören?«
    »Was?«
    »Sarah hat irgendwann geschrien, um Hilfe gerufen. Haben Sie das gehört, Professore?«
    Der Lehrer schaute mich verwirrt an.
    »Was ist das denn für eine Frage?«
    »Haben Sie sie gehört oder nicht?«, fragte ich entschlossen.
    »Natürlich nicht.«
    »Wie können Sie sie nicht gehört haben, Sie wohnen doch im selben Stock.«
    »Was wollen Sie eigentlich von mir?« Er wurde plötzlich lauter, brüllte fast.
    »Der Anwalt ist fast taub und hat sie von oben gehört. Und Sie nicht? Sind Sie noch tauber?«
    Der Lehrer ging, ohne zu antworten, zur Treppe.
    »Haben Sie sie gehört oder nicht?«, schrie ich ihm hinterher.
    Er rannte die Treppe hoch. Oben auf dem Absatz drehte er sich kurz um, murmelte was, das ich nicht verstand, dann verriegelte er die Tür von innen.

20.
    Die Vesuviana war halbleer, nur ein paar Touristen fuhren nach Sorrent. Eine Blondine fragte mich irgendwas, ich glaube, auf Englisch, aber ich verstand nichts und grinste blöd, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Als ich ausstieg, rannte mich einer fast um. Ich stieß ihn beiseite und ging weiter.
    »Seit du bei den Bullen bis, kennste wohl deine Freunde nich mehr?«
    Ich drehte mich um.
    Es war Ciro. Mein Freund aus der Schule. Ich hatte ihn fast ein Jahr lang nicht mehr gesehen. Er war noch magerer geworden und hatte die Augen auf Halbmast.
    »Ciro! Mensch, Ciro!«
    Ich umarmte ihn und spürte die Knochen unter seinem T-Shirt.
    »Haste mal zehntausend

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