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Sarahs Moerder

Sarahs Moerder

Titel: Sarahs Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Longo
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lächelte den Beamten freundlich an, dann sah ich, dass er ihm seinen Führerschein gab, vorher aber einen Fünfzigtausend-Lire-Schein reingesteckt hatte. Als der Beamte das Geld sah, starrte er ihn an. Der Typ nickte und lächelte weiter. Der Beamte stopfte ihm den Führerschein und das Geld in die Hemdtasche und winkte ihm mit der Hand, er solle verschwinden.
    »Nun schau dir dieses Würstchen an!« Der Typ wurde lauter.
    »Vergiss es«, sagte seine Freundin, »dann fahren wir eben nach Positano.«
    »Nein, ich will heute Abend nach Ischia«, stellte er sich stur, drehte sich wieder zu dem Beamten und sagte, er würde jetzt jemanden anrufen, den er kannte.
    »Rufen Sie an, wen Sie wollen«, sagte der Beamte. »Aber wenn Sie nicht wegfahren, lasse ich Sie verhaften.«
    »Wen willst du verhaften, du Würstchen?«, brüllte er. »Wen willst du hier verhaften?«
    Der Beamte antwortete nicht. Er warf der Freundin einen Blick zu und gab ihr ein Zeichen, dass es besser wäre, den Typ wegzuschaffen. Ich dachte, wenn ich die Freundin wäre, würde ich Gas geben und den Trottel stehen lassen.
    »Komm schon, wir fahren«, sagte das Mädchen.
    Der Typ schaute den Beamten herausfordernd an.
    »Das ist noch nicht gegessen«, sagte er.
    Er stieg ins Auto und fuhr mit quietschenden Reifen weg.
    Mamma erzählte in der Zwischenzeit immer wieder, woran ich alles denken musste. Stell das Gas aus, wenn du schlafen gehst, mach das Licht aus, wenn du weggehst, iss, damit du bei Kräften bleibst. Und wenn du was brauchst, ruf an, dann nehme ich das nächste Schiff und komme zurück.
    »Mamma«, sagte ich, »du tust so, als würdest du nach Argentinien fahren.«
    Da sagte sie nichts mehr. Sie gab mir einen Kuss und drehte sich um, um aufs Schiff zu gehen. Dann kam sie nochmal zurück.
    »Hast du was vergessen?«
    Sie schwieg.
    »Ja?«
    »Ich wollte dir bloß sagen, dass ich Tante Rosetta angerufen habe.«
    »Was soll das heißen, du hast sie angerufen?«
    »Nichts, ist schon gut.«
    Sie ging in Richtung Schiff.
    »Was soll das heißen?«, fragte ich nochmal.
    »Lass gut sein«, sagte sie. »Das heißt gar nichts.«
    Dann ging sie aufs Schiff und stieg sofort an Deck. Ihr Blick suchte mich. In der Zwischenzeit hatten sie die Bugklappe geschlossen und den Steg eingezogen. Mamma entdeckte mich und hob den Arm. Ich machte dasselbe und blieb stehen, um dem Schiff nachzuschauen. Mammas Gesicht konnte ich sehr schnell nicht mehr erkennen. Vom Schiff drangen immer noch Stimmen und das Lachen der Leute herüber, auch das Klingeln von einem dieser neuen Telefone. Dann nichts mehr.
    Im Hafen wurde es still. Erst gingen die Lichter am Fahrkartenschalter aus, dann die in der Bar gegenüber. Wer es nicht mehr aufs Schiff geschafft hatte, ging weg. Und ein Nachtwächter bedeutete mir zu verschwinden, weil ich dort nicht bleiben konnte.

21.
    Meine Müdigkeit war wie weggeblasen, und nach Hause gehen und mich über die Hitze ärgern wollte ich auch nicht. Ich ging durch Santa Lucia und die Via Partenope, vorbei am Castel dell’Ovo. Zwei Japaner fragten mich, ob ich ein Foto von ihnen machen könnte. Sie posierten, lächelten, und ich knipste. Dann ging ich weiter in die Via Caracciolo. Ich sah, wie das Schiff nach Ischia hinter Kap Posillipo drehte und verschwand. Auf der anderen Seite glitzerten die Lichter der Küste bis nach Sorrent, es sah aus wie eine riesengroße Weihnachtskrippe.
    Ich ging gedankenverloren weiter.
    Ab und zu kam ich an einem knutschenden Pärchen vorbei und guckte weg. Zwei turmlange Schwarze joggten und sprachen wer weiß was für eine Sprache. Auf der Piazza Principe di Napoli wollte mir irgendein Bekloppter unbedingt eine Lederjacke verkaufen, die er wer weiß wo geklaut hatte.
    Vom Laufen hatte ich Hunger bekommen, deshalb holte ich mir in Mergellina eine scharfe Pizza Margherita und zwei Kroketten auf die Hand. Am Kiosk von Madonna kaufte ich mir ein Bier. Weil ich in Zivil war, erkannte sie mich nicht gleich. Als sie es geschnallt hatte, wollte sie mir mein Geld zurückgeben und wurde nervös, weil ich drauf bestand, zu zahlen. Sie fing an, sie hätte doch nichts getan, sie müsste ihre Familie durchfüttern, und wenn wir ihr den Kiosk zumachten, würde sie sich aus dem Fenster stürzen.
    »Keine Sorge, Madò, das hat nichts mit der Lizenz zu tun, ist meine Sache, nimm bitte das Geld.«
    Sie weigerte sich standhaft. Um sie rumzukriegen, musste ich sagen, dass ich ihr die Lizenz entzog, wenn sie mich nicht zahlen ließ. Ich

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