Sarahs Moerder
zwei Wochen unter Hausarrest.«
»Sehr gut, Acanfora, du hattest recht mit dem Urlaub der Caputo. Weshalb haben sie ihn unter Arrest gestellt?«
»Es ging wohl um die Auftragsvergabe für den Bau eines Einkaufszentrums.«
»Schmiergelder, das hat uns gerade noch gefehlt. Los, schauen wir uns den Bericht an.«
Wir gingen in sein Zimmer. Als der Commissario sich setzte und die Brille rausholte, klingelte das Telefon. Er ging ran, sagte ein paar Mal »verstanden«. Es schien wichtig, denn er schrieb sich was auf einen Zettel. Als er aufgelegt hatte, las er sich die zwei Seiten Bericht durch. Dann nochmal ganz konzentriert.
»Commissario, was steht da?«
»Dass die Flecken an der Wand dieselben sind wie an den Händen des Mädchens.«
»Das wussten wir doch schon.«
»Aber es ist nicht der schwarze Staub, der an den Eisenrohren ist.«
»Was denn sonst?«
Er nahm die Blätter und las vor.
»Die Flecken auf den Händen der Leiche sind identisch mit denen an der Wand neben der Treppe im Erdgeschoss und ebenso identisch mit denen am Gitter des Aufzugs im ersten Stock.«
Ich dachte einen Augenblick nach.
»Das heißt im Klartext, Commissario, dass Sarah sich erst an das Aufzuggitter und dann an die Wand gelehnt hat. Oder?«
»Sehr gut. Und das heißt auch, dass sie fast sicher oben, im Flur des ersten Stocks vor ihrer Wohnung, auf den getroffen ist, der sie umgebracht hat.«
»Warum oben? Kann sie sich nicht auch am Gitter im Erdgeschoss die Hände schmutzig gemacht haben?«
»Nein, weil die Tür vom Aufzug im Erdgeschoss – du erinnerst dich – aus Holz ist mit einem Glasfenster, ohne Gitter und wahrscheinlich auch ohne Staub.«
»Verstanden … nein, Commissario, ich hab’s noch nicht verstanden.«
»Nochmal von vorn. Sarah öffnet die Wohnungstür, und der Typ ist schon oben, steht vor ihr. Wir wissen nicht, ob das Treffen überraschend ist oder nicht. Jedenfalls will sie irgendwann zurück in ihre Wohnung. Er verhindert das jedoch, drängt sich dazwischen oder schubst sie. Sie wird gegen die Aufzugtür gedrückt und macht sich die Hände schmutzig. Dann flieht sie die Treppe runter.«
»Der Typ holt sie ein«, fuhr ich fort, »und schlägt ihr das Eisenrohr auf den Kopf. Sarah fängt an zu schreien, und er haut ab. Bevor sie hinfällt, stützt sie sich an der Wand ab. Ist es so gelaufen?«
»Ungefähr«, sagte der Commissario.
Aber auch wenn das erklärte, wie es passiert war, half uns das nicht weiter, wer der Mörder war. Ich sah ihm an, dass da noch was war.
»Wo liege ich falsch?«
Der Commissario legte die Blätter auf den Schreibtisch.
»Das Eisenrohr hat nichts damit zu tun, aber das konntest du nicht wissen«, sagte er.
»Wieso nicht?«
»Weil der Gerichtsmediziner, mit dem ich eben telefoniert habe, gesagt hat, dass die Wunde auf Sarahs Stirn nicht von einem stumpfen Gegenstand herrührt.«
»Wovon denn sonst?«
»Er ist sich nicht sicher, es könnte auch die Folge eines Sturzes die Treppe runter sein, aber wahrscheinlich ist, dass die Wunde von einem Stoß oder Schlag auf den Kopf stammt.«
»Und?«
»Außerdem hat sie Blutergüsse und blaue Flecken am ganzen Körper. Auch hier sind wir nicht sicher, aber es könnte sich um Tritte und Schläge handeln.«
»Der Pianist?«
»Weiß ich nicht, aber den knöpfen wir uns jetzt vor.«
Genny Esposito machte mit nacktem Oberkörper Liegestütze, die Füße auf der Pritsche und die Hände auf dem Boden. Als er uns reinkommen sah, grinste er kühl.
»Und, habt ihr den Arsch?«
»Spiel uns nichts vor«, sagte der Commissario scharf. »Du hast sie umgebracht.«
Der Pianist hörte mit den Liegestützen auf und wischte sich den Schweiß am Bettlaken ab.
»Commissario, Sie sind stur. Hab doch gesagt, dass ich’s nich war.«
Der Commissario ging näher an die Pritsche ran.
»Die Beweise sind niederschmetternd, Esposito. Erstens: Du hast sie schon am Tag zuvor getroffen und uns angelogen. Zweitens: Du hast kein Alibi. Drittens: Das Mädchen ist getreten und geschlagen worden, und alle wissen, dass du sie geschlagen hast, als ihr zusammen wart.«
Das letzte stimmte nicht, aber wir hatten uns abgesprochen, dass wir das behaupten und schauen, wie er reagiert.
Esposito sprang wie ein Gummiball auf die Füße.
»Fuck, das is nich wahr! Ich hab sie nich verdroschen!«, schrie er.
»Wer sonst?«
»Commissario, das darf ich nich sagen, verdammte Scheiße, ich hab’s versprochen!«
»Hör zu, du steckst bis zum Hals in der Scheiße.«
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