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Sarahs Moerder

Sarahs Moerder

Titel: Sarahs Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Longo
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Der Commissario ließ nicht locker.
    »Ich schwör’s bei meiner Mutter, verdammt, Commissario, ich hab sie wirklich nur am Tag vorher gesehen«, sagte er mit zitternder Stimme. »Ich hab sie sechs Monate lang nich gesehen. Sie hat mich angerufen, dann bin ich hin, und wir ham unten vorm Haus in Posillipo geredet. Das war’s. Danach hab ich sie nich mehr gesehen, verdammte Scheiße.«
    Der Commissario machte weiter.
    »Entweder hilfst du uns, oder du hast eine Anzeige wegen vorsätzlichem Mord an der Backe. Damit fängst du dir locker zwanzig Jahre, Esposito. Also gib’s schon zu, das ist besser.«
    Esposito verlor vollkommen die Fassung. Er lief ein paar Schritte durch die Zelle, wie einer, der nicht weiß, wo er sich anlehnen soll. Dann setzte er sich auf die Pritsche und senkte den Kopf.
    Als er ihn wieder hob, sah er nicht mehr wütend aus, gar nicht. Ich hab gedacht, gleich redet er, und vielleicht wissen wir dann, wie Sarah wirklich gestorben ist. Mir lief es kalt den Rücken runter.
    »Ich hab’n Alibi, Commissario.«
    »Dann rede schon, du Idiot, worauf wartest du?«, fragte der Commissario wütend.
    Esposito nickte.
    »Am Nachmittag, als Sarah gestorben is, war ich im Vico dei Lammatari 165, in Wohnung Nummer 17, auf der anderen Seite von Neapel. Der Typ heißt Totò Piscicelli, gehört zur Familie Limoncello. Ich bin da hin für ’ne Cousine von meiner Mutter, Schulden eintreiben. Der wollte nich zahlen. Sagte, er hat nichts. Der Idiot hatte das Geld in die Kaffeedose gestopft. Als ich mir’s genommen hab, hat er das Maul aufgerissen und rumgeflucht. Da bin ich ausgerastet und hab ihm ein paar mitgegeben. Wenn Sie mit ihm reden wollen, versuchen Sie’s mal im Ospedale dei Poveri, dem hab ich alle Knochen gebrochen. Schicken Sie mich meinetwegen nach Poggioreale, Commissario, aber die Sache mit den Limoncello darf nich rauskommen, sonst bin ich geliefert.«
    Nachdem er fertig war, warf er sich auf die Pritsche. Und der kalte Blick voller Hass war wieder da.
    »Wenn ihr das Schwein schnappt, das Sarah umgebracht hat, dann bringt ihn mir für zwei Minuten, hört ihr? Den erledige ich.«
    Der Commissario beauftragte Scarano damit, das Alibi zu überprüfen. Er war aber längst überzeugt, dass der Pianist nichts mit dem Mord an Sarah zu tun hatte.
    »Okay, aber irgendwer muss es gewesen sein«, sagte ich.
    Er trank einen Schluck Tee aus der falschen Whiskyflasche, dachte nach und sagte dann:
    »Es gibt keinen einzigen Zeugen, der irgendwen das Haus betreten oder verlassen sehen hat.«
    »Na und?«
    »Die Tür ist nicht aufgebrochen worden«, fuhr der Commissario fort, »nirgendwo Anzeichen für einen Einbruch, keine fremden Fingerabdrücke, was heißt das, Acanfora?«
    »Dass es niemand war?«
    »Nein, dass derjenige, der sie umgebracht hat, nicht von draußen gekommen ist.«
    »Wollen Sie sagen, dass es einer aus dem Haus war?«
    »Genau. Er klingelt, vielleicht unter dem Vorwand, nach Salz oder Knoblauch zu fragen, was auch immer. Das Mädchen macht auf, sie hat ihn oft genug getroffen, vielleicht grüßt sie ihn jeden Tag. Stattdessen …«
    »Aber das sind doch alles anständige Leute dort.«
    »Genau, so anständig wie Caputo.«
    »Sie haben Recht, Commissario. Haben Sie eine Idee?«
    »Darüber denken wir morgen nach, Acanfora. Jetzt geh mal nach Hause.«
    Während er sich verabschiedete, sagte er, dass ich ihn an jemanden erinnere. Keine Ahnung, an wen, aber es klang, als wäre es kein schlechter Kerl.

19.
    Ich wartete gedankenverloren an der Straßenbahnhaltestelle. Es war kaum jemand auf der Straße, nur ab und zu kam ein Auto vorbei. Obwohl die Sonne bald unterging, stand die Luft immer noch vor Hitze.
    An der Ampel gegenüber hielt ein uralter Fiat mit runtergekurbelten Fenstern. Drinnen drei Jungs, die »I’ so ’pazzo« von Pino Daniele auf voller Lautstärke hörten. Ich summte mit und schnipste mit den Fingern den Rhythmus dazu.
    Zwanzig Minuten später kam die Straßenbahn, mit der ich zum Zug musste, und ich stieg ein.
    Drinnen Leute, die vom Strand kamen, vor allem Frauen mit Kindern. Die machten einen Heidenlärm und hielten nicht einen Moment still. An der nächsten Haltestelle stieg ein junger Typ ein, der fertig aussah und eine Tasche über der Schulter hängen hatte.
    »Leute, ’ne kleine Spende«, sagte er. »Vergelt’s Gott.«
    Keiner beachtete ihn, eins der Kinder trat sogar nach ihm. Er machte seelenruhig weiter.
    »Taschentücher, Feuerzeuge, Spielkarten, Kulis,

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