Sarania - Das Vermächtnis der Magier (German Edition)
schildern, säßen wir übermorgen noch hier.“
Benalir willigte ein. Es schien vor einer Ewigkeit gewesen z u sein, dass er von Erlon Auskünfte bezüglich seiner Mission und der Prophezeiung erfahren hatte. Er hatte ihm nicht einmal gesagt, dass die Weissagung von einem mystischen Geschöpf gemacht worden war. Vielleicht war er nach Holtogs Ausführungen mehr im Bilde und konnte sich einen Reim auf die Vorfälle der letzten Zeit machen.
Der junge Schmied lauschte gebannt, als Holtog zu erzählen begann.
„Ich erwähnte vorhin ja bereits, dass mein Volk vor Jahren bis an den Rand der Ausrottung getrieben worden war. Einige Wulofs schafften es allerdings, zu überleben. Sie siedelten sich in unzugänglichen Gegenden an und machten sich immer häufiger ihre magischen Kräfte zunutze, um der erbarmungslosen Hand der Menschen und Loroks zu entgehen. Doch Klimaveränderungen und andere Umstände sorgten dafür, dass es bald darauf nur noch eine Handvoll von uns gab. Mein Bruder und ich wurden am selben Tag geboren.“
„Ihr seid Zwillinge?“
„In der Tat“, bestätigte Holtog und seine Miene verfinsterte sich. „Aber eigentlich müsste es heißen, dass wir Zwillinge waren, denn er lebt inzwischen nicht mehr. Meine Mutter setzte ihn und mich aus, als wir noch nicht einmal ein Jahr alt waren, und zwar vor den Toren der Alanur-Akademie. Wir erfuhren Jahre später vom Leiter, dass sie uns ihm anvertraut habe, weil es für uns andernfalls keine Zukunft gegeben hätte. Sie hatte einen Brief beigelegt, in dem alles erklärt stand.“
Er machte eine Pause und schloss die Augen. Of fenbar kostete es ihn Überwindung, diese Geschichte darzulegen, und Benalir empfand jähes Mitgefühl für Holtog. Er bezweifelte, dass er in dessen Situation so tapfer reagiert hätte.
Als der Wulof die Augen wieder öffnete, blickte er jedoch entschlossen und fuhr mit fester Stimme fort: „Wir wuchsen also in Alanur auf, un ter den wachsamen Blicken von Ericus, besagtem Leiter. Er ist ein kluger und gerechter Mann. Ihm war bewusst, dass es ein schwieriges Unterfangen bedeuten würde, uns angemessen auszubilden; nicht zuletzt deshalb entflammten heftige Diskussionen zwischen dem sogenannten ´Rat der Alten`.“
„Dem was?“, fragte Benalir interessiert nach. Er wusste nur wenig über die sagenhafte Akademie zu Alanur und war, jedes Mal, wenn er die Gelegenheit erhielt, begierig, seine dürftigen Kenntnisse zu erweitern.
„Dem besagten Rat gehören die fünf ältesten Lehrer der Akademie an“, erläuterte Holtog. „Sie fällen im Allgemeinen die bedeutendsten Entscheidungen zum Wohle der Institution. Damals waren zwei der fünf Ratsmitglieder dagegen, meinen Bruder und mich in Alanur aufwachsen zu lassen; es bestand ja die Gefahr, rassenfeindliche Schüler könnten auf uns aufmer ksam werden, und wer weiß, welche Konsequenzen das für den weiteren Fortbestand der Akademie gehabt hätte. Da jedoch die Mehrheit die Auffassung vertrat, man dürfe zwei Hilfsbedürftige, gleich welcher Art sie entstammen, nicht einfach ihrem Schicksal überlassen, zog man uns in einem gesonderten Bereich auf. Als wir schließlich älter wurden, gestattete man uns ebenfalls eine Ausbildung in den Grundstrukturen der Magie, obwohl wir dies im Grunde nicht nötig hatten. Wie ich schon erwähnte, ist den Wulofs die Zauberei angeboren. Gleichwohl stellten die Übungen einen angenehmen Zeitvertreib dar.“
„ Und wie erlangte dein Bruder das Amt des Orakelmeisters?“
Holtogs gelbe, an große Perlen erinnernde Augen , fixierten den Schmied einen Moment lang intensiv. „Diese Geschichte ist rasch erzählt: Aus unerklärlichem Grund quälten Kandur seit seinem siebten Lebensjahr seltsame Visionen. Erst spielten sich jene Dinge nur in seinem Kopf ab, doch alsbald geschahen sie auch mehr und mehr in der Realität. Wenige Zeit später sah er die schwere Krankheit eines Schülers voraus. Als sich die Aussage kurz danach als zutreffend erwies, war man – den Göttern sei es gedankt – in der Lage, den Schüler entsprechend zu behandeln. Mithilfe von Kandurs Vorhersehungen konnten die heilenden Kräuter gefunden werden. Seit diesem Tag, so ordnete Ericus es an, fungierte er als Orakelmeister der Akademie.“
Benalir staunte nicht schlecht. So hat sich das Ganze zugetragen! Durch die Visionen eines Einzelnen bin ich in diese unangenehme Situation geraten. Doch was für eine Rolle spielt Holtog bei der Sache? Hat er mich nur durch Zufall am Strand
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